Aufgeregtes Stimmengewirr im Kommissariat. In München ermittelt die "SOKO 5113" gegen Drogendealer. Mehrere Polizisten machen sich auf den Weg zu einem Einsatz auf dem Großmarkt - nur Kriminalmeisterin Renate Burger bleibt im Büro und unterhält sich kaffeetrinkend mit einem neuen Kollegen. "Die Herren sind im Einsatz", sagt sie zu ihm. So traditionell die Rollenverteilung in den ersten Szenen der ZDF-Serie "SOKO 5113" (heute: "SOKO München") wirkt - am 2. Januar 1978 wird dennoch ein Stück westdeutscher Fernsehgeschichte geschrieben.
Letzte Folge SOKO München startet im ZDF
Für Frauen damals "zu gefährlich"
Obwohl auf den Straßen zu der Zeit fast nur Männer ermittelten, seien ihr am Set keine Vorurteile begegnet. "Der Drehbuchautor dachte sich damals wohl einfach, dass es mal Zeit für eine Frau ist", so Fröhlich, die in Wolfratshausen bei München lebt. Nach einer Karriere als Theaterschauspielerin in Wien und München und 70 TV-Filmen hatte die "Königin des Vorabendprogramms" damals nach eigener Aussage große Pläne für ihre Rolle: Stark und zugleich "fraulich" eine Polizistin mimen, harte Ermittlungen führen und Verdächtige befragen.
Die Realität war für sie aber enttäuschend: Während in den ersten Folgen ihre männlichen Kollegen mit markigen Sprüchen Verbrecher jagten und nach nächtlichen Ermittlungen rauchend im Kommissariat saßen, blieb Polizistin Burger oft außen vor. "Soll ich mitkommen?", fragt sie in einer Folge ihren Kollegen vor einem Einsatz. "Zu gefährlich", entgegnet dieser bloß.
In der DDR lief es besser
"Man hätte diese Rolle damals nutzen können, aber ich war bloß eine Kaffeekocherin und das war ja jede Frau damals", sagt Fröhlich. Wie Burger ging es auch anderen TV-Kommissarinnen der frühen Stunde. "Das war zu dieser Zeit eigentlich durchgängig so: Die Schauspielerinnen merkten schnell, wie eingeschränkt ihre Rollen als Kommissarinnen waren", sagt Klaudia Wick von der Deutschen Kinemathek. Auch Nicole Heesters sei nur drei Folgen lang beim "Tatort" geblieben.
Etwas moderner war das Rollenbild laut Wick jenseits der innerdeutschen Grenze: Die DDR hatte mit Sigrid Göhler als Leutnant Vera Arndt bereits ab 1971 eine Ermittlerin im Fernsehen Fälle lösen lassen. "In den Ermittlerinnen-Figuren des 'Polizeiruf 110' spiegelte sich wider, dass in der DDR Frauen ganz selbstverständlich auch arbeiten gingen - anders als die Frauen dieser Zeit in der BRD", sagt die Fernsehhistorikerin. Generell sei am Anfang in den Krimis aber noch oft betont worden, dass Polizeiarbeit Männerarbeit sei. "Das Neue war: Auch eine Frau kann einen Mörder finden - die Betonung lag auf dem Wort 'auch'", sagt Wick. Erst mit Ulrike Folkerts in der Rolle der Lena Odenthal im "Tatort" Ludwigshafen sei das Bild aufgebrochen. "Man müsste ihr einen Orden dafür verleihen, dass sie so ausdauernd und hartnäckig darum gekämpft hat, ihre Rolle von den alten Klischees zu befreien."
Deshalb stieg Ingrid Fröhlich aus
In den 1990er Jahren stieg laut Wick die Zahl der TV-Kommissarinnen bei ARD und ZDF rapide an. In dieser Zeit habe es einen Boom gegeben von Krimis mit Ermittlerinnen in der Hauptrolle, die von Autorinnen geschrieben wurden. Aufgrund der neuen politischen Lage nach der Wende seien außerdem viele Ermittlerrollen im "Polizeiruf 110" neu besetzt worden, weil es die Volkspolizei nicht mehr gab. "Durch den Boom gab es auch eine größere Varianz bei den Rollen", sagt Wick. Auch wenn Frauen in den Krimis heute teils noch sensibler dargestellt würden oder weniger verrückte Rollen ausprobieren dürften als ihre männlichen Kollegen, seien sie inzwischen gleichberechtigter Teil der Teams.
Ihre Rolle so auszubauen, blieb Ingrid Fröhlich 1978 trotz ihrer Pionierinnen-Rolle verwehrt. Die Schauspielerin zog Konsequenzen - und verließ die "SOKO 5113" nach 19 Folgen. Nur für einen Gastauftritt zum 40. Geburtstag der Serie kam sie zurück. Die Abschiedsfolge der "SOKO München" werde sie dennoch gerne anschauen, sagt Fröhlich. Vermutlich wie auch Millionen Fernsehzuschauer, die vom Münchner Ermittlerteam Abschied nehmen.