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Besser als das Buch?

Fantasyerfolg "Shadow and Bone": Staffel 2 ist eine Enttäuschung für Fans

Meinung | Nach fast zwei Jahren hat die Zeit des Wartens nun ein Ende: Die zweite Staffel der Erfolgsserie "Shadow und Bone" ist auf Netflix erschienen. Viele Fans der gleichnamigen Buchreihe fanden die Serie sogar besser als die Vorlage. Doch unsere Autorin Gabriele Blaschko findet: Staffel 2 enttäuscht.

Die am 23. April 2021 erstmals ausgestrahlte Serie "Shadow and Bone" auf Netflix stellte sich als riesiger Erfolg heraus. Millionen von Fans, die bereits die Bücher gelesen hatten, fieberten auf die Verfilmung der Fantasy-Reihe von Leigh Bardugo hin. Das kritische Thema Buchverfilmungen: "Shadow and Bone" schien jedenfalls einen Nerv getroffen zu haben. Selbst bei kritischen Lesern, einschließlich mir, kam die Verfilmung an. Viele fanden die Serie tatsächlich besser als ihre Buchvorlage – auf Rotten Tomatoes kamen die Bewertungen auf ganze 87%. Die Messlatte für die zweite Staffel hing also hoch – in der letzten Woche konnten Fans sich endlich selbst überzeugen, inwieweit die Fortsetzung gelungen war.

Worum geht es in "Shadow and Bone"?

Die Geschichte spielt im "Grishaverse", einer fiktiven Fantasywelt in der es neben normalen Menschen die "Grisha" gibt. Diese können mit ihren magischen Kräften die Elemente manipulieren. Das dem Russland des 19. Jahrhunderts nachempfundene Land Ravka steht im Mittelpunkt und ist Hauptschauplatz. Mitten durch das Land und über seine Grenzen hinaus erstreckt sich die "Schattenflur": Eine massive Mauer aus Schatten, in der die Volcra, Flugsaurierhafte Bestien, ihr Unwesen treiben. Erschaffen wurde die Flur vom "Dunklen", einem mächtigen Grisha, dessen Magie Schatten und Dunkelheit beschwören kann. Seit Jahrtausenden erzählt man sich die Legende einer verheißenen Sonnenbeschwörerin, deren Magie das Gegenstück zu der des Dunklen sei. Einzig sie sei in der Lage die Schattenflur zu zerstören, den Dunklen und seine Gefahr zu besiegen und das Land wieder zu vereinen. 

Alina Starkow (Jessie Mei Li), die Protagonistin der Geschichte, wuchs als Waise in Ravka auf. Sie wird zu einem Einsatz an die Schattenflur geschickt, wo sie diese überqueren soll. Dort zeigen sich zum ersten Mal ihre besonderen Kräfte: Sie ist die erwartete Sonnenkriegerin. Folglich zeigen viele verschiedene Gruppierungen großes Interesse an ihr, allen voran General Kirigan (Ben Barnes), der sie unter seine Fittiche nimmt. Noch ahnt Alina nicht, welche dunklen Pläne der General der Grisha mit ihr hat. 

Buch vs. Serie: Warum Staffel 1 besser war als seine Vorlage

Adaptiert man ein Buch zum Film so ist das immer ein Drahtseilakt: Wie sehr übernimmt man die Vorlage, was wird dazuerfunden und was weggelassen? Bei "Shadow and Bone" gestaltet sich dieser Prozess als besonders knifflig, da es nicht nur die gleichnamige Reihe zu verfilmen galt, sondern die Schöpfer auch bereits die Charaktere der Spin-Off-Buchreihe "Six of Crows" mit aufnahmen. Diese spielt eigentlich erst 2 Jahre nach Ende des letzten Buches der "Shadow and Bone"-Hauptreihe. In Staffel 1 wurde eine Art Vorgeschichte der Crows-Charaktere rund um "Kaz Brekker" (Freddy Carter) erzählt, die in den Büchern nur zum Teil angesprochen wird. Es war also fantastisch zu sehen, wie die Serie diese Lücken füllte und die Charaktere mit in die Geschichte der Hauptreihe einbezog, ohne ihnen etwas vorwegzunehmen. 

Was mich persönlich zudem schon bei der ersten Staffel besonders begeistern konnte, war das Setting und dessen Umsetzung in der Serie. Die einzelnen Fantasy-Länder und -Städte rund um "Ravka" erwachen in der Serie zum Leben. Die vielen Details verliehen der Serie ihren eigenen Charme: Als Zuschauer wurde man förmlich in den Bann des "Grishaverse" gezogen. 

Während sich die Geschichte in den Büchern immer wieder sehr zieht, konnte man in der Serie gegen diese Längen angehen und hat die Handlung so sehr viel spannender gemacht. Gerade die Umsetzung in den Büchern war für mich ein Grund, aus dem mich diese nie komplett begeistern konnten. Es fehlte das Gewisse etwas, es fehlte die richtige Dynamik. Deshalb an dieser Stelle eine doch ungewöhnliche Meinung von mir: Die Serie ist besser als das Buch!

Staffel 2 und das große Aber

Die Erwartungen waren nach dieser ersten Staffel dementsprechend hoch. Um es direkt vorwegzunehmen: Diese Erwartungen sollten mit der Fortsetzung der Serie bitter enttäuscht werden. 

Viele vermuteten, dass die zweite Staffel sich inhaltlich an dem zweiten Buch orientieren würde. Da allerdings sowohl der zweite als auch der dritte Teil der Trilogie nicht besonders viel Handlung haben, sondern noch mehr Längen als schon das erste Buch, lag es nahe, dass sich die Macher der Serie etwas einfallen lassen würden. So umfasst die zweite Staffel der Serie nun sowohl das zweite als auch das dritte Buch.

Das stellt in erster Linie noch gar nicht das wahre Problem dar, doch die Art und Weise wie die Ereignisse nach und nach ablaufen, fand ich persönlich doch schwach. Der Spannungsbogen war mau, es ging alles zu schnell und gleichzeitig fehlte der Geschichte massiv an Tiefe

"Es war einfach zu viel, 3 Bücher in eine Staffel zu packen."

So viel zunächst zum Plot der Hauptreihe, denn was sie in der zweiten Staffel mit den Charakteren der "Crows"-Dilogie gemacht haben, entzieht sich mir jeglichem Verständnis. Es wurden einige Elemente aus den Büchern übernommen, doch auch nur sporadisch und wirklich zu Ende geführt wurde keiner dieser Handlungsstränge. Was mich jedoch am allermeisten verwirrte und auch der Hauptgrund dafür ist, dass ich bei der zweiten Staffel einfach nur den Kopf schütteln kann, ist die Verbindung der ganzen Figuren untereinander. Die Haupt- und die Spin-Off Reihe spielen weder zeitlich noch inhaltlich gleichzeitig. Die Charaktere kennen sich in den Büchern nicht, begegnen sich auch nie richtig. Doch in der Serie gehören sie plötzlich zu ein und derselben Gruppe. Sie kennen sich nicht nur, sondern arbeiten zusammen und zwischen den Charakteren entstehen Beziehungen. So entstehen große Handlungsstränge, die in der Vorlage nicht nur nicht existieren, sondern meiner Meinung nach auch flach und langweilig waren.

Kennt man nur die Serie, fällt das vermutlich nicht sehr auf, denn schlüssig ist am Ende (mehr oder weniger) alles. Noch weitere Handlungsstränge hinzuzunehmen, obwohl der eigentliche Plot schon nicht gut umgesetzt war und diese noch miteinander zu vermischen - das ging mir zu weit. Am Ende besteht Staffel 2 aus einem großen Durcheinander wie es niemals in den Büchern passiert ist und damit auch das Ende verändert.

So beschreibt es auch ein Fan auf Instagram: "Viel zu überstürzt, es war einfach zu viel, 3 Bücher in eine Staffel zu packen."

Wichtiges geht im Chaos der Serie unter

Was ich an der zweiten Staffel jedoch gut fand, war erneut die Gestaltung der Welt. Gerade das Detail mit der Karte, die ja auch genau so in den Büchern zu finden ist, fand ich klasse. Auch die Charaktere selbst sind gut verkörpert, der Cast ist nach wie vor stimmig. 

Und doch fühlte sich die zweite Staffel insgesamt beim Schauen anders an. Für mich wirkte es beinahe als würde ich eine andere Serie sehen, vom eigentlichen Charme schien nichts mehr übrig geblieben zu sein. Die Special Effects waren nicht überzeugend und es gab immer wieder Stellen, die einfach zu überzogen wirkten. Gerade die emotionalen Parts der Geschichte gingen völlig unter: Die ganz entscheidenden Momente der Bücher, sowohl aus den "Shadow and Bone" als auch aus den "Six of Crows"-Reihen wirkten wie achtlos dahingeworfen

"Diese Staffel fühlte sich nicht nach wie 'Shadow and Bone' an"

Diese Reaktionen finden sich auch verstärkt in den Sozialen Medien wieder: Enttäuschte Fans kommentieren ihre Meinung auf dem Instagram-Account der Serie. "Es tut mir leid, aber ich bin so enttäuscht von der zweiten Staffel, sie fühlte sich überstürzt an und war ein einziges Durcheinander von Ereignissen." Direkt darunter steht: "Ich liebe die Bücher, ich liebe das Grishaverse, aber die zweite Staffel schrie mehr nach "Netflix" als nach der Geschichte." Ein Fan schreibt auch: "Diese Staffel fühlte sich nicht nach wie 'Shadow and Bone' an." Ich will weder die Schauspieler noch die Crew dieser Serie haten, aber die erste Staffel war unglaublich, während die zweite Staffel chaotisch und überstürzt war und nicht die wahre Geschichte oder die wahren Charaktere zeigte."

Zuletzt die große Ernüchterung: "Früher war ich ein großer Fan der Serie, nicht des Buches. Aber jetzt... sind die Bücher viel besser."

Es bleibt abzuwarten, wie eine mögliche dritte Staffel aussehen würde. Feststeht, die Fans machen sich jetzt schon keine allzu großen Hoffnungen mehr. "Es ist wirklich traurig, dass ihr so etwas mit der zweiten Staffel macht. Ich kann nicht einmal erklären, wie herzzerreißend das war."

Warum die Umsetzung dieser Staffel enttäuschend ist und was dabei verloren ging

Mein Fazit: Zu viel gewollt und dabei fehlte der Umsetzung leider die Tiefe. Der Plot mit all seinen Charakteren nicht stimmig und überzogen, beide Buchreihen - wobei die dritte Reihe der Autorin, die erneut in der gleichen Welt spielt, am Ende auch noch angeteasert wird - nur noch in einzelnen Aspekten der Vorlage entspricht. Der Rest ist irgendwie ziemlich vermurkst. 

Es tut mir wirklich im Herzen weh, aber ich für meinen Teil versuche jetzt möglichst schnell zu vergessen, dass diese zweite Staffel existiert. Ob noch eine dritte kommen wird, ist abzuwarten. Mit dem Ende von Staffel zwei wurde auf jeden Fall deutlich, dass die Geschichte rund um Alina noch nicht vorbei ist. Anders als im Buch, das an der Stelle der zerstörten Schattenflut mit Alinas Rückzug endet, scheint es als spiele sie weiterhin eine der großen Rollen. Vielmehr noch, offenbar wollten die Macher der Serie ihr gleich noch eine völlig neue Macht statt ihrer Lichtbeschwörung mitgeben. Auch weitere Handlungsstränge aus den beiden Spin-Off Reihen wurden am Ende angeteasert. Ob eine besagte dritte Staffel kommen wird und wie diese aussehen würde, bleibt abzuwarten.