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Auftragsmörder mit Gefühlen: Geheimtipp "Mr. Inbetween" versteckt sich bei Disney+

Meinung | Auch Auftragsmörder brauchen ein Privatleben: Auf dieser Idee basiert "Mr. Inbetween", eine der besten Serien ihrer Ära. Hierzulande ist sie leider noch unbekannt. Unser Redakteur Michael Hille empfiehlt daher allen, die Disney+ abonnieren: Schaut unbedingt rein!

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Als TV-Serien um die Jahrtausendwende immer mutiger und waghalsiger wurden, begann in dem Medium die Zeit der moralisch komplexen und ambivalenten "Helden". Die Mafiaserie "Die Sopranos" hatte einen bipolaren Mafia-Paten als Hauptfigur, der zugleich eiskalter Mörder als auch liebender Vater sein konnte. "Dexter" war ein Serienkiller mit Moral, der für die Polizei arbeitete. "Breaking Bad" erzählte vom todkranken Drogenkoch Walter White, der all seine Verbrechen nur beging, um seine Familie versorgen zu können.

In genau diese Kerbe schlägt jetzt die irrwitzig-verstörende schwarze Comedy "Mr. Inbetween", ein Thriller-Geheimtipp aus Australien, der ohne großes Aufsehen mittlerweile komplett mit allen drei Staffeln bei Disney+ zu sehen ist. Die Serie gehört locker zum Besten, was in den letzten Jahren im TV-Bereich produziert wurde: Sie ist innovativ, abgründig und hat eine der faszinierendsten Hauptfiguren der Serienwelt zu bieten.

Mr. Inbetween: Killer-Karriere und Kind unter einen Hut bringen

Seit er sich von seiner Frau getrennt hat, versucht Ray Shoesmith (Scott Ryan) mehr denn je, für seine kleine Tochter Brittany (Chika Yasumara) ein guter Vater zu sein. Zum Glück hat er in seiner Freundin Ally (Brooke Satchwell) eine neue Partnerin gefunden, die ihn bei allen Herausforderungen unterstützt – etwa auch dabei, sich um seinen schwerkranken Bruder Bruce (Nicolas Cassim) zu kümmern. Auch gegenüber seinem besten Freund Gary (Justin Rosniak) zeigt sich Ray stets hilfsbereit und empathisch.

Doch bei der Arbeit ist Ray wie ausgewechselt: Er ist brutaler und erbarmungsloser Auftragsmörder für das organisierte Verbrechen in Australien. Obwohl er seinen Chef Freddy (Damon Herriman) nicht gut leiden kann, prügelt und mordet er für ihn regelmäßig durch die Unterwelt und hat seine ganz eigene Art, Konflikte zu lösen. Gewissensbisse kann er sich dabei nicht erlauben – immerhin hat er ja schon genug zu tun.

Disney+-Tipp: Schwarzer Humor mit grandiosem Darsteller

Foto: FX Network, Wenn er nicht grade Leute tötet, genießt Ray das Privatleben mit seiner Tochter.

"Mr. Inbetween", die Serie, ist genau wie ihre Hauptfigur: Sie kann blitzschnell umschalten. Die Szenen, in denen Ray als liebender Familienmensch auftritt, sind süß, herzlich und wirklich witzig. Sobald er jedoch seinem Beruf nachgeht, wird es schlagartig ernst, düster und richtig brutal. Die Serie ist so genial darin, diese Stimmungswechsel hinzubekommen, dass es nie langweilig wird, sondern über drei Staffeln furios bleibt. Die insgesamt 26 Folgen sind übrigens alle nur 25 Minuten lang, und erzählen doch unglaublich fesselnde Geschichten in der kurzen Zeit. Man spoilert wohl nicht zu viel, wenn man verrät, dass Ray sein Familienleben nicht ewig von seinem Aufstieg auf der Karriereleiter separieren kann.

Die grandiose, bitterböse Komik à la "Fargo" oder "Deadwood" sowie die brutalen Gangstermomente, die an "Die Sopranos" oder "Justified" erinnern, leben ganz vom Hauptdarsteller: Scott Ryan. Der spielt nicht nur den "Mr. Inbetween", er hat ihn auch erfunden. 2005 drehte er in Australien den Film "The Magician" und spielte selbst die Hauptrolle, die Serie basiert auf diesem Film, er schrieb alle Folgen. Ray hat er sich selbst auf den Leib geschnitten und geht ganz in dem Part auf. Alleine sein Grinsen wandelt sich in Windeseile vom netten Kerl von nebenan zum irren Soziopathen. Ein Meisterstück an Schauspielkunst.

Mit einem winzigen Budget wurde diese Serie gedreht, und ist doch besser, konsequenter und beeindruckender erzählt als ein Gros der Streaminglandschaft. Wer also komplexe Figuren und moralische Abgründe spannend findet, und zugleich mit sehr schwarzem Humor keine Probleme hat: Bei Disney+ seid ihr mit "Mr. Inbetween" richtig aufgehoben.