In der neuesten Folge der langlebigen Zombieserie stehen die Figuren vor einem klassischen moralischen Dilemma. Immer noch befinden sich Luke (Don Fogler) und Alden (Callan McAuliffe) in der Gewalt der Whisperers und ihrer Anführerin Alpha (Samantha Morton). Diese droht, ihre beiden Geiseln zu töten, sollte Daryl (Norman Reedus) sich weiterhin weigern, ihre Tochter Lydia (Cassady McClincy) freizugeben.

Mit dieser Grundkonstellation versteht es die Serie erneut, Daryl als den neuen Protagonisten der Show auf natürliche Art und Weise in den Mittelpunkt zu stellen, füttert aber auch die emotionalen Konflikte anderer Figuren. Enid (Katelyn Nacon) etwa bangt verzweifelt um das Überleben von Alden, während Henry (Matt Lintz) es nicht akzeptieren würde, wenn Lydia wieder in die Obhut ihrer gemeingefährlich psychopathischen Mutter übergeben werden würde.

Lydia kehrt zu ihrer Mutter zurück

Ein Angriff gegen die Whisperers kommt für das Hilltop nicht in Frage, als Alpha berichtet, sie habe ein Baby bei sich. Somit sieht sich Daryl gezwungen, auf das Tauschgeschäft einzugehen, um seine Leute zu retten. Doch da sind Henry und Lydia bereits verschwunden. Während er sich auf die Suche nach den Teens macht, ist Alpha von den Schreien des Babys genervt und ermahnt die Mutter des Kindes, ihr eigen Fleisch und Blut auf dem Felde zurückzulassen, da dessen Schreie sich nicht mindern lassen. "Natürliche Selektion", ist ihr lapidarer Kommentar dazu.

Bislang bin ich mir unsicher, was ich von Alpha halten soll. Ihr Badass-Villain-Modus ist mir derweil noch etwas zu penetrant und erinnert an das sadistische Treiben von Negan (Jeffrey Dean Morgan). Man muss wohl abwarten, in welche Richtung die Serie mit ihr gehen will und welche Rolle Alpha in der Zukunft noch spielen wird.

Daryl gelingt es derweil, das ungleiche Romeo & Julia Paar zu finden und Lydia zu überzeugen, zu ihrer Mutter zurückzukehren, wo sie sich gleich eine saftige Ohrfeige einfängt. Henry kann mit dieser Entscheidung nur schlecht als recht leben. Er verurteilt Daryl ausdrücklich für diesen Weg, hinterlässt einen Abschiedsbrief und macht sich aus dem Staub. Die Befürchtung, die im Raum steht: Der Jungspund könnte längst auf dem Weg sein, seine Herzensdame aus den Fängen der Flüsterer zu befreien... Auch Connie (Lauren Ridloff) wendet sich nach dieser Entscheidung vom Hilltop ab. Sie hatte während der Verhandlungen heimlich mit dem gefangenen Luke kommuniziert und auf eigene Faust das zurückgelassene Baby gerettet.

Quo vadis, Walking Dead?

Fünf Folgen bleiben nun also nun bis zum nächsten großen Staffelfinale. Alpha wird erfolgreich als neue große Schurkin aufgebaut, Daryl rückt immer mehr ins Zentrum und diese Woche präsentiert die Zombieserie ein essentielles Moralstück über eine postapokalyptische Welt: Wie wägen wir Leben gegeneinander ab? Das ist so im Kontext der Serie nicht neu, aber doch im Kern einer der Gründe, warum diese Serie so erfolgreich und beliebt wurde. Weil wir mit den Charakteren bangen, weil wir selbst durch ihre Dilemmata in unseren Wertesystemen herausgefordert werden. Genau solche Geschichten wollen wir bei "The Walking Dead" sehen.

Was wir dagegen nicht wollen, sind alberne B-Plots, in denen die viel zu vielen Figuren möglichst alle untergebracht werden. Was der alberne Plot um Carol (Melissa McBride), Ezekiel (Khary Payton), Jerry (Cooper Andrews) etc. auf der Suche nach einer Glühbirne sollte, außer hirnlose Zombie-Action mit einzubauen, bleibt offen. Von daher liebe Serienmacher: Verzichtet auf dererlei Nebenkram, um eure guten Mainstorys noch besser auszubauen.

Wie es weiter gehen könnte ist Spekulation, wobei: Comiclesern wird mittlerweile aufgefallen sein, dass Henry immer mehr die Rolle von Carl (Chandler Riggs) einnimmt, der in der Serie bereits verstorben ist. Was das für den Fortgang der Serie bedeutet, soll aber an anderer Stelle noch mal genauer erörtert werden.