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Serien-Vergleich

Ist "Charité" das deutsche "The Knick"?

Ist Charité das deutsche The Knick?
ARD

Am 21. März startet im Ersten Sönke Wortmanns aufwändige Event-Serie "Charité". Die historische Krankenhausserie fordert einen Vergleich mit ihrem US-Pendant "The Knick" geradezu heraus.

"The Knick", 2016 auf ZDF neo gezeigt, spielt wie "Charité" in einer Klinik um 1900. Aber Oscar­Preisträger Steven Soderbergh hat seine Serie ganz anders aufgebaut als sein deutscher Regiekollege Sönke Wortmann. Ein Vergleich im Detail:
Personal
Clive Owen in The Knick
Charité Die deutsche Serie ist ein Ensemblestück mit Alicia von Rittberg als Schwester Ida im Zentrum. Sie erlebt hautnah mit, wie die großen Ärzte Koch, Virchow, Ehrlich und Behring forschen und heilen.

The Knick Die Serie ist ganz auf den fiktiven Starchirurgen Dr. John Thackery zugeschnitten, von Clive Owen als Genie mit dämonischer Aura gespielt.
OP-Szenen
Charité Ohne Blut geht es nicht, und man schaut auch in den geöffneten Brustkorb einer Leiche, aber Sönke Wortmann hat Mitleid mit den Zuschauern, die ihr Abendbrot im Magen behalten wollen. Die OP­-Szenen sind längst nicht so drastisch wie in der US-­Serie. Es geht auch um die Kunst der Chirurgen, aber mehr um ihr Mit­- und Gegeneinander.

The Knick Das Kunstblut fließt in Strömen. Regisseur Steven Soderbergh begreift den Körper als Schlachtfeld. Die Kamera ist dicht dran, wenn das Skalpell die Haut einritzt. Dazu passt der schwarze Humor. So tröstet Dr. Thackery einen Patienten damit, die OP­ Technik sei schon mal an einem Golden Retriever ausprobiert worden, den er sehr vermisse.
Stimmung
Foto: zdfneo, The Knick
Charité Die Charité ist keine Wohlfühlzone. Alphamänn­ chen in weißen Kitteln konkurrieren um Anerkennung, die oberste Pflegerin ist borniert - dennoch überwiegt der Optimismus. Zum ersten Mal rückt die wirksame Bekämpfung tödlicher Krankheiten wie Tuberkulose in den Bereich des Möglichen.

The Knick Eine düster­-nihilistische Grundstimmung durchzieht die Serie. Gleich in der ersten Episode er­schießt sich ein Arzt, weil ihm schon wieder eine Operation missglückt ist. Dr. John Thackery ist von kaum erträglicher Arroganz und anfangs offen rassistisch, aber durchaus lernfähig
Hintergrund
Foto: ZDF, Charité
Charité Die fiktive Geschichte der Hilfsschwester Ida spielt vor einem realen zeitgeschichtlichen Hintergrund, den die beiden Drehbuchautorinnen Dorothee Schön und Sabine Thor­-Wiedemann über mehrere Jahre in Archiven gründlich recherchiert haben.

The Knick Die Klinik "The Knick" ist vom Knickerbocker Hospital inspiriert, aber erfunden. Die Operationstechniken sind es echt. Dr. Stanley Burns vom Burns-­Archiv in New York hat die Macher der Serie beraten, viele Züge von Dr. Thackery erinnern an den realen Chirurgen William Halsted (1852-1922).
Musik
Charité Pianogeklimper und Streicher, Komponist Martin Lingnau schreibt auch Musik für ARD­-Telenovelas.

The Knick Cooler Elektro-­Soundtrack von Cliff Martinez ("Drive"), in den 80ern Drummer der Red Hot Chili Peppers.
Drogen
Charité Opium ist in Berlin Droge der Wahl - Dr. Behring kann davon nicht lassen und stiehlt es aus den Beständen der Charité.

The Knick Ohne Kokain ist Dr. Thackery ein Wrack, später nimmt er Heroin, um vom Koks loszukommen.

Autor: Rainer Unruh