.

Netflix spürt den Druck: Streaming-Konkurrenz zieht reihenweise Serien ab

Riverdale bei Netflix: Bald Schluss?
"Riverdale" bei Netflix: Ist bald Schluss mit Serien-Neuheiten? Sender/Montage

Eine große Auswahl an Serien ist das Aushängeschild von Netflix. Neben den Netflix Originals sind das vor allem populäre Serien-Hits von anderen Sendern, die der Streamingdienst per Lizenzerwerb ins Programm holen konnte. Doch nun brechen einige Hochkaräter weg.

Das lineare Fernsehen kennt diese Disruption bereits: Mit dem Einstieg von Netflix und Amazon Prime wurde plötzlich vom "Ende einer Ära" gesprochen. Gemeint war das Ende des klassischen TV-Zeitalters. Beendet ist Fernsehen zwar nicht, aber die Allzeit-verfügbar-Konkurrenz macht den Sendern zu schaffen. Doch nun ist auch die Welt des Streamings im Wandel. Neben den genannten Platzhirschen sind es vor allem die Angebote von Disney und Apple, die den etablierten Video-on-Demand-Diensten das Publikum streitig machen wollen und Ende des Jahres an den Start gehen.

Netflix bekommt dies schon jetzt unmittelbar zu spüren. Disney und Apple sind daran nur indirekt beteiligt. Es ist der amerikanische Konzern AT&T, der angekündigt hat, Serien von WarnerMedia abzugreifen und auf dem eigenen bald verfügbaren Streamingdienst (nur in den USA) anzubieten. Ein prominentes Beispiel: die Serie "Friends". Netflix kostete es 100 Millionen US-Dollar an Lizenzgeldern, um die von Warner produzierte Serie zeigen zu dürfen. Der Streamingdienst bemühte sich emsig um die Rechte, denn er wusste, wie gerne die Menschen die beliebte 90er-Jahre Sitcom konsumierten. Man gab 100 Millionen Dollar für ein Jahr aus: Ende 2019 läuft der Vertrag aus.

"Supernatural" und "The Big Bang Theory" fliegen bei Netflix raus

"Wir müssen viele großartige Inhalte, die wir besitzen und die an anderer Stelle lizenziert sind, wieder zu uns zurückbringen", berichtet Randall Stephenson, CEO von AT&T gegenüber dem US-Magazin The Verge. Damit steht der Beschluss: Auch "The Office", "Supernatural" und "The Big Bang Theory" werden zum Streamingdienst von AT&T wandern und künftig nicht mehr bei Netflix zur Verfügung stehen. Alles überaus populäre Inhalte, mit denen der Streamingdienst nun keine Nutzer mehr locken kann.

Einiziger Hoffnungsschimmer: In Deutschland gelten mitunter andere Lizenzvereinbarungen, auf Nachfrage von TV SPIELFILM wollte sich Netflix allerdings nicht zu Details äußern. Ob Serien wie "The Big Bang Theory" oder "Supernatural" in Deutschland länger als in den USA verfügbar sein werden, erfahren wir nicht.

Für Netflix dürfte ein riesiges Interesse bestehen, die Lizenztitel weiter im Angebot zu haben. Denn auch mit dem Start von Disney fallen hochkarätige Inhalte wie die Marvel-Serien und beliebten Animationsfilme von Disney aus dem Programm. Mit NBCUniversal ("Castle", "Chicago Fire" etc) steht neben Apple ein weiterer neuer Streaming-Riese in den Startlöchern. Dem nicht genug, hat nun auch der US-Sender The CW verkündet, den Vertrag mit Netflix nicht zu verlängern.

Von "Riverdale" bis "Arrow": Neflix kriegt Probleme

Foto: Sender/Montage
Dabei galt die exklusive Vereinbarung zwischen Netflix und den CW-Eigentümern CBS und Warner Bros immer als unantastbar. Beide Seiten profitierten, da Serien wie "Riverdale" oder "Jane the Virgin" mithilfe des Streaminganbieters einem internationalen Publikum zur Verfügung gestellt werden konnten. Im Jahr 2011 wurde der Deal beschlossen, damals mit einer bahnbrechenden Rekordsumme von rund 1 Milliarde US-Dollar für alle Serien, die der US-Sender The CW selbst produziert. Dies führte dazu, dass Netflix zum Beispiel "Riverdale" hierzulande als "Netflix Original" anpreisen durfte. Der Pakt führte zum Erfolg vieler Titel und wurde dementsprechend 2016 für drei Jahre verlängert. Doch nun ist Schluss.

Die aktuell laufenden Produktionen des Senders, die in Deutschland bei Netflix zu sehen sind, tragen die Namen "Arrow", "Black Lightning", "Der Denver-Clan", "iZombie", "Jane The Virgin", "Riverdale" und "Supergirl". Daneben zeigt Netflix bereits abgelaufene CW-Serien, wie "Gossip Girl", "The Vampire Diaries" oder "Crazy Ex-Girlfriend". Mit all diesen Produktionen wird zwar nicht endgültig Schluss sein, allerdings sieht die Zukunft vor allem für neue Sendungen von The CW beim weltweit größten Streamingdienst schlecht aus.

Wie der US-Dienst Deadline berichtet, werden alle bisher auf Netflix verfügbaren Serienfolgen erhalten bleiben. In den USA scheint dieser Vorgang beschlossene Sache, nun muss abgewartet werden, ob in Deutschland genauso verfahren wird. Gleiches gelte auch für alle Folgen, die noch zur laufenden Serien-Saison 2018/2019 gehören. In Deutschland betrifft das beispielsweise die sechste und siebte Staffel von "Arrow". Schwieriger gestaltet sich dagegen die gekündigte Vereinbarung im Hinblick auf neue Episoden und vor allem auf neue Serienproduktionen.

Alles wird teurer: Serien, Schauspieler und Showrunner

Foto: Imago, Auch die Zeit von "Friends" endet auf Netflix
Da Netflix sich zu den Vorgängen momentan nicht äußern möchte, bleibt die Lage unübersichtlich. Zwei Szenarien kommen in Frage: 1) Alle neuen Serienfolgen, die ab Herbst 2019 in der Seriensaison 2019/2020 ihre Premiere feiern, kommen nicht mehr zu Netflix. 2) Netflix handelt einen neuen Vertrag mit The CW aus und kann die Serien auch künftig zeigen. Schließlich ist es schwer vorstellbar, dass ein Streaming-Konkurrent beispielsweise eine Einzelstaffel "Riverdale" zeigt, während die Staffeln 1 - 4 weiter nur bei Netflix verfügbar sind.

Bitter wird es für Netflix hingegen bei neuen Produktionen, da der Streamingservice künftig am Wettbieten um neue CW-Serien teilnehmen muss. Während mit dem exklusiven Deal automatisch Zugriff auf CW-Inhalte bestand, muss sich Netflix nun mit der zahlungskräftigen Konkurrenz von Disney bis Apple, über Amazon sowie AT&T und NBCUniversal herumschlagen. Schon vor einigen Wochen kündigte Netflix-Chef Reed Hastings angesichts der neuen Emporkömmlinge im VoD-Bereich an: "Der Wettbewerb ist aufgrund der Konkurrenz ­deutlich teurer geworden, die besten Leute der Branche zu verpflichten!" Dies gilt nicht nur für Produzenten, Regisseure und Darsteller, sondern auch für lizensierte Serien.

Die neue Serie "Batwoman" wird Netflix nicht weltweit bekommen. Warner hat bereits angekündigt, dass man den zum "Arrow"-Universum gehörenden Ableger in den USA auf dem hauseigenen, aktuell nur in Nordamerika verfügbaren Streamingdienst zeigen wird. Da es diesen in Deutschland und vielen weiteren Ländern nicht gibt, kann sich Netflix um die Rechte bewerben, Gewissheit besteht allerdings nicht mehr. Schmerzhaft wird es insofern auch bei der neuen "Katy Keene"-Serie, ein Ableger aus dem "Riverdale" und "Chilling Adventures Of Sabrina"-Universum. Um das neue Spin-off zu bekommen, wird Netflix die Konkurrenten ausstechen müssen. The CW kann sich schon jetzt über einen lukrativen Wettbieterstreit freuen.

Netflix hingegen schaut in die Röhre, dabei wollte man doch das klassische Fernsehen revolutionieren. Gelingen wird das künftig nur, wenn der Streamingdienst bereit ist, tiefer in die Tasche zu greifen. Vielleicht denkt Netflix auch deshalb plötzlich über die Möglichkeit nach, Werbung einzublenden. Dies dürfte auf Dauer einige dringend benötigte Millionen in die Kassen spülen.