Noch nicht mal gestartet und schon Probleme: Der neue Streamingdienst Apple TV+ will den etablierten Anbietern Netflix, Amazon und Hulu Konkurrenz machen. Auch der geplante Service von Disney ist ein ausgemachter Rivale im Kampf um die Nutzer. Mit "The Morning Show", einer Serie mit Jennifer Aniston, Steve Carell und Reese Witherspoon, rührt Apple seit Wochen die Werbetrommel. Die Serie um eine Frühstückssendung, bei der die Moderatorin durch Vorwürfe der sexuellen Belästigung an ihren Ehemann in Bedrängnis gerät, ist das 300 Millionen Dollar teure Prestigeprojekt des neuen Players.
Eine andere Serie, die ebenfalls mit prominenter Besetzung daherkommt, kann dies nun nicht mehr von sich behaupten. Apple hat sie bereits gecancelt, bevor der eigene Dienst überhaupt an den Start geht. "Bastards" mit Richard Gere sollte von zwei Vietnamveteranen erzählen, die nach ihrer Rückkehr in die USA ein deprimierend eintöniges Dasein leben. Bis sie die Nachricht erreicht, dass eine Frau, in die sie beide verliebt waren, durch einen Autounfall ums Leben kommt. Daraufhin dürsten sie nach Rache und planen einen Amoklauf. Ihr Ziel: "die selbstverliebten Millenials", gegen die sie laut Drehbuchplänen von Howard Gordon und Warren Leight eine tiefe Abneigung hegen. An diesem Punkt schieden sich die Geister zwischen den Showrunnern und Apple.
Mit Familienfreundlichkeit à la Disney nicht vereinbar
Der Streamingdienst wollte, dass sich die Macher auf die Freundschaft der beiden Männer konzentrieren, von denen einer von Richard Gere verkörpert werden sollte. Gordon und Leight seien allerdings darauf aus gewesen, die "dunkleren Aspekte der Geschichte" zu beleuchten, so berichtet es das US-Branchenmagazin The Hollywood Reporter.
Unklar ist nur, wie es überhaupt zur Zusammenarbeit kam. Apple verkündet seit Angebinn seiner Streaming-Pläne, man wolle ein "familienfreundliches" Angebot für seine Nutzer bereitstellen, damit die Mehrheit der Inhalte für Jedermann zugänglich gemacht werden könne. Wie dieses Ziel mit der Serienidee um einen Amoklauf zweiter verbitterter Kriegsveteranen vereinbar ist, wirkt mehr als fragwürdig. Nun muss Apple an die Produzenten Geld für ein Projekt bezahlen, das niemals das Licht der Welt erblicken wird.
Auf Portalen wie HBO Max oder Hulu, welches von Disney als Erwachsenenportal mit vielen Inhalten des US-Senders FX aufgebaut wird, wäre ein solches Programm vielleicht noch untergekommen. Schließlich fanden Antihelden in der Seriengeschichte spätestens seit "The Sopranos", "Breaking Bad" oder "Sons of Anarchy" immer ihr Publikum. Hat Apple sich verzettelt?
Apple steckt Milliarden in neue Inhalte
Im Hinblick auf die Gestaltung der Inhalte und die anvisierte Zielgruppe wirkt Konkurrent Disney reifer. Beim Mäsuekonzern liegt der Fokus auf familienfreundliche Inhalte, alles was nicht altersgerecht ist, dürfte bei Hulu eine Heimat finden. Doch im Gegensatz zu Disney verfügt Apple nicht über einen reichhaltigen Katalog an beliebten Filmen und Serien, mit denen das Portal werben und die Wartezeit auf das nächste Original überbrücken kann.
Neben "The Morning Show" muss Apple mit viel Investitionsvolumen starten, um eine gewisse Anzahl an Inhalten aufbieten zu können. Hier haben wir eine Übersicht der geplanten Serien und Filme erstellt. Angesichts dieser ohnehin großen Herausforderung dürfte das Streichen eines Originals den Streamingdienst schmerzen.
Zwar ist Apple eines der finanzstärksten Unternehmen der Welt mit mehr als 210 Milliarden US-Dollar Cash-Reserve und einem Planungsbudget von mehr als 6 Milliarden US-Dollar für die Inhale von Apple TV+. Aber ein gutes Signal an die Branche dürfte die erste Absetzung vor Start dennoch nicht sein, weder für potentielle Abonnenten noch für mögliche Produzenten. Weitere Einzelheiten zum neuen Streamingportal, einschließlich des offiziellen Starttermins und des Abonnementpreises, werden voraussichtlich nächste Woche verkündet. Ob sie dann auch bekannt geben, wie viele der neuen Inhalte direkt zum Start verfügbar sein werden, bleibt abzuwarten.