Achtung: Der folgene Artikel steckt voller Spoiler zur Serie "Gilmore Girls: Ein neues Jahr (A Year in the Life)"

Seit 2007 die letzte Folge "Gilmore Girls" über den Fernsehbildschirm flimmerte, haben wir echten Fans auf ein Revival gewartet. Wie groß war die Begeisterung, als Netflix gleich vier neue Folgen ankündigte. Der komplette Abend zum Ausstrahlungstermin wurde akribisch genau geplant, denn "Gilmore Girls: Ein neues Jahr" war das Highlight des Jahres 2016 und das musste natürlich bis ins letzte Detail geplant werden.

Doch wie sich rausstellte, war das Revival für die meisten "Gilmore Girls"-Fans eine Enttäuschung. Ihnen stand statt Begeisterung und Lust nach mehr nur viele große Fragezeichen ins Gesicht geschrieben.

Warum ist Rory so furchtbar geworden?

Rory (Alexis Bledel) ist das liebevolle, brave Mädchen von nebenan, das einfach jeder mag. Sie war das Mädchen mit dem festen Freund, Dean. Ihr Gewissen plagte sie furchtbar, als sie sich trotzdem in Bad Boy Jess verliebte. Und wir fieberten vor unseren TVs mit ihr, durchlitten das gleiche Gefühlschaos und gaben ihr Ratschläge. Und nun? In den neuen Folgen ist Rory (bereits) 32 Jahre alt, hat einen Freund, mit dem sie in einer Tour vergisst Schluss zu machen - oder ihn irgendwo stehen lässt - , wieder eine Affäre mit einem fast verheirateten Ex-Freund und außerdem am helllichten Tage einen One-Night-Stand mit einem Mann im Wookie-Kostüm.

Und da sie einfach nicht ihren Traumjob angeln kann, hängt die ursprünglich so zielstrebige Rory einfach nur rum und lehnt mögliche Jobangebote ab. Nicht einmal, als ihr ein Job bei der "Stars Hollow Gazette" angeboten wurde, fängt sie sich. Wir hätten wenigstens dann erwartet, dass Rory sich in ihre neue Aufgabe komplett reinhängt, alles modernisiert und eine erfolgreiche Zeitung auf die Beine stellt. Doch stattdessen fasst sie den Entschluss wieder bei Mama einzuziehen und ein Buch zu schreiben.

Das kleine Mädchen von früher ist eine abgeklärte, egoistische Frau mit Sinnkrise geworden - völlig egal ist ihr Logans Verlobte, und als Lorelai (Lauren Graham) ihre Buchidee zunächst nicht unterstützt, ist sie sauer und schreibt trotzdem drauf los. Bis sie merkt, dass sie schwanger ist (vermutlich von besagtem fast-verheiratetem Ex). Die letzten vier Worte - "Mom, ich bin schwanger" - sollen wohl den "Kreislauf des Lebens" schließen, versetzen aber viele Fans in Rage.

Lorelai auf einem Selbstfindungstrip - ernsthaft?

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Es hat sechs Staffeln, eine Verlobung mit Max Medina und eine Kurzzeitehe mit Rorys Vater Christopher gebraucht, um Lorelai erkennen zu lassen, dass Luke DER Mann für sie ist. Dabei hätte es doch so viele bessere Geschichten um sie und ihr Leben geben können.

Warum "Stars Hollow - das Musical"?

Es fing bereits damit an, dass in den ersten zwei Folgen von "Ein neues Jahr" so gut wie keine Handlung stattfindet, sondern erstmal alle Charaktere gezeigt werden. Was darauf folgt, ist absolut absurd: Taylor kündigt "Stars Hollow - das Musical" an. Schön und gut, aber muss es dann auch noch in voller Länge - etwa 20 Minuten - gezeigt werden? Sie sangen und tanzten. Und tanzen und sangen. Und hörten gar nicht mehr auf. War es wirklich notwendig, das komplette Musical zu zeigen? Wo es doch ohnehin nur vier Folgen sind? Kein Wunder, dass vieles andere zu kurz kommt.

Erst die vierte Folge hatte ansatzweise den Charme der alten Episoden, da es endlich eine Handlung gab. Doch dann wurrde nicht einmal die Hochzeit gezeigt - worum sich der ganze Aufbau der Serie eigentlich drehte - Luke und Lorelai haben es endlich geschafft...

Luke hat seine Intelligenz verloren

Ja Luke... Wie hohl ist der Charakter von Luke aufgebaut in der Fortsetzung? Wie oft wollte er noch fragen, ob er mit der Leihmutter schlafen muss? Versteht er das Prinzip der künstlichen Befruchtung nicht? Wir wollen den Luke zurück, der seinen Neffen Jess (Milo Ventimiglia) in See schupste, weil er genervt von seinen Dummheiten war..

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Paris bekommt einen Nervenzusammenbruch wegen ihres Crushes?

Paris ist die Zielstrebigkeit in Person, Feministin und Karrierefrau. Sie hat zwar mehrere Studienabschlüsse und verdient so viel Geld, dass sie sich eins der begehrten Brownstone-Houses in New York leisten kann. Aber sie lebt in Scheidung von ihrem Noch-Mann Doyle, der, offenbar eingeschüchtert von ihrem Erfolg, in eine verfrühte Midlifekrise geraten ist. Und plötzlich geht ihre Welt unter, weil sie ihren High-School-Crush Tristen kurz von hinten sieht. Und nein, der ursprüngliche Darsteller Chad Michael Murray war nicht dabei. Er war wohl zu teuer, stattdessen sahen wir einen Blondschopf kurz von hinten.

Unserer Meinung nach, hätte Paris Geller entweder kinderlos bleiben sollen, um ihre Erfahrungen nicht weiterzugeben oder komplett in ihrer Mutterrolle aufgehen sollen, beeinflusst durch ihre Nanny-Erziehung, die so liebevoll war. Zudem hätte sie beispielsweise ein System erfinden können, wie arbeitende Mütter trotzdem mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Beispielsweise flexible Kindergärten in Unternehmen oder ähnliches.

Lane wurde irgendwie wie ihre Mutter

Lane ist eine Enttäuschung: Nach all der Rebellion gegen ihre Mutter arbeitet sie nun in ihrem Antikshop?! Obwohl sie das nie wollte? Zudem hat sie nur ab und zu Mal einen Gig in der Secret Bar zusammen mit ihrem Ehemann Zac, wenn er mal nicht arbeiten muss? Lanes einzige Funktion im Revival besteht augenscheinlich darin, die verwöhnte, gemeine, ätzende Rory immer wieder aufzubauen. Schade.

Sookie kommt erst in allerletzter Minute

Der mit am meisten herbeigesehnte Auftritt von Sookie findet erst in den allerletzten Minuten - in der vierten Folge - statt. Das mag vermutlich daran liegen, dass die erfolgreiche Darstellerin Melissa McCarthy mit anderen Projekten ausgebucht war, aber dennoch einfach nur Schade ist. Leider bekommt ihre Sookie nichts zu tun, außer etliche Kuchen für Lorelai zu backen. Dabei haben wir doch so sehr auf die Antworten zu unseren Fragen gehofft: Wie geht es ihren Kindern? Wie läuft es in ihrer Beziehung? Wie sind ihre Zukunftspläne? Was hat sie all die Jahre gemacht?

Die positive Entwicklung von Emily

Eine wirklich positive Entwicklung, die in den neuen Folgen hervorgestochen ist, war die von Emily. Allerdings auch mit Einschränkungen: Die Mutter von Lorelai, Emily Gilmore hat sich dem Anschein nach von ihrer steifen Art gelöst und wirkte erstmals recht entspannt. Das hinterlässt aber den faden Beigeschmack, dass diese Eigenschaft, dass sie vorher so verbissen war, durch ihren Ehemann Richard hervorgerufen wurde.

So viel Zeit und Mühe wurde über die Jahre in die Entwicklung dieser wirklich liebevoll gezeichneten Charaktere investiert und dann nichts mehr. Tragisch.