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Die Serie "Gossip Girl" erhebt die Zicken zu Vorbildern ...

Gossip Girl Blake Lively
Warner Brothers

... und das ist gut so! Eine Lobeshymne zum zehnjährigen Jubiläum der Serie.

Das war mir früher wirklich peinlich. Wenn jemand mich nach meiner Lieblingsserie fragte, wäre die richtige Antwort gewesen: Gossip Girl. Diese tussige, gestriegelte Hochglanzserie über die seichten Eskapaden reicher Teenager an der Upper East Side. Hätte ich nie zugegeben. Ich sagte lieber: "Girls" ist gut. Das klingt intelligenter. Ausnahmslos alle Hauptfiguren in Gossip Girl sind unsympathisch. Die Serie ist furchtbar unrealistisch. Es geht um sehr schöne, sehr reiche Menschen, die sehr viel Sex haben und sehr viele Drogen nehmen. Und genau das macht die Serie so genial!

Von vorne bis hinten perfekt durchorchestriert

Paris am Bahnhof Gare du Nord. Die Frau in dem roten Kleid steigt aus dem Taxi und läuft dem humpelnden Mann mit der Krücke hinterher. Er erstarrt bei ihrem Anblick. Sie sagt: "Auch, wenn du dich schlecht kleidest, heißt du trotzdem noch Chuck Bass."

In Wahrheit ist Gossip Girl von vorne bis hinten perfekt durchorchestriert. Die Serie funktioniert wie eine Ballade, die man sich immer wieder vorsingen lässt. Ich habe sie mittlerweile mindestens 15 Mal gesehen. Alle sechs Staffeln. Sie erzählt von Schönheit, Reichtum, Eleganz - sie zu gucken, ist, als würde man durch Pinterest scrollen, nachdem man die Suchworte "Outfit Ideen", "Blumen" oder "Cozy" eingegeben hat: Man fühlt sich direkt gut. Man will die Outfits direkt auch tragen. DIESE OUTFITS!!!!!!!!!
Aus dem Off kommentiert im Deutschen Nana Spier, im Englischen Kristen Bell süffisant das Geschehen. Eigentlich sind alle Figuren Karikaturen, überzeichnet bis zur Perfektion. Der Saubermann Nate Archibald, dessen Vater kokst. Das Golden Girl Serena mit ihrem wallenden Haar. Der schmutzige Chuck Bass. Die Macher der Serie sollen über den Schauspieler Ed Westwick gesagt haben, er würde eigentlich eher wie ein Serienkiller aussehen. Sehr passend für die Rolle des Motherchuckers. Und dann ist da noch die verwöhnte Blair Waldorf, die eigentliche Hauptfigur. Sie bekommt die Amour Fou, die unglaublich herzzerreißende, poetische Liebesgeschichte mit dem Playboy Chuck Basstard.
Den beiden ist die schönste letzte Folge gewidmet, die eine Serie je hatte. Leighton Meester spielt die Blair Waldorf so herrlich hysterisch, überzogen und schnepfig, dass es eine Freude ist. Ich stelle mir dann immer vor, Gossip Girl wäre ein Theaterstück. Blair stöckelt mit ihrer Hausdame Dorota durchs Bild und geht Enten füttern. Blair und Dorota, Abgang! Nächster Akt!

Gossip Girl hat genau die richtige Menge Garstigkeit

Gossip Girl treibt das Genre Schnulze auf den Höhepunkt, garniert mit Humor und genau der richtigen Menge Garstigkeit. Ständig wird auf Klassiker in Film und Literatur verwiesen. Blair träumt, sie wäre Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany's, die einzelnen Folgen tragen Titel wie All About My Brother oder The kids are not alright. Eine Serie wie eine Pralinenbox mit lauter mit Schokolade überzogenen Erdbeeren.

Diese Maskenbälle! Dieser Soundtrack! Diana Payne (Elizabeth Hurley), die ruchlose Nymphomanin und Chefin eines Magazins, die sich den deutlich jüngeren Nate krallt! Keine der Frauen in Gossip Girl ist nett. Sie alle holen sich verdammt nochmal, was sie wollen, und gehen dabei über Leichen. Das führt dazu, im Internet Memes kursieren mit Zitaten von Blair Waldorf wie zum Beispiel:

"Destiny is for losers. It's just a stupid excuse to wait for things to happen instead of making them happen."

Und dann ist da noch der Moment, in dem die zielstrebige, perfektionistische Blair Waldorf scheitert. Yale erteilt ihr eine Absage. In dem sie an der Tür des Direktors um den Studienplatz bettelt. Ab da wiederholte sich in der Serie mein Leben. Denn sie erzählte einfach nur noch davon, wie junge Menschen versuchen, am Anfang des Berufslebens ihren Weg zu gehen. Aber das mit viel mehr Pailletten! Dramatischeren Gesten und viel mehr Champagner! Wunderbar maßlos.