.

"Train to Busan"-Sequel "Peninsula" ab heute bei Amazon Prime: "Fast & Furious" trifft "The Walking Dead"

Szene aus Peninsula
Szene aus "Peninsula" Verleih

2016 legte der Koreaner Yeon Sang-Ho mit "Train to Busan" einen Überraschungshit vor, mit dem er auch frischen Wind ins Zombiefilmgenre brachte. Vier Jahre später erschien nun mit "Peninsula" die Fortsetzung, die nun bei Amazon Prime zu sehen ist.

Sie sind untot und noch immer topfit: Zombies. Man könnte gar meinen, dass sich die vor sich hinfaulenden Wesen in den vergangenen Jahrzehnten einem knallharten Fitnessprogramm unterzogen haben, denn von den einstmals langsam schlurfenden Beispielen der frühen Filmjahre ist kaum mehr etwas übrig. Stattdessen sprinten sie ausdauernd durch die Gegend wie Profi-Athleten bei der Olympiade. So auch in "Peninsula" von Yeon Sang-Ho.

Dem Südkoreaner gelang 2016 mit "Train to Busan" ein echter Achtungserfolg, der haufenweise Zombies in einen fahrenden Zug steckte, dadurch den Raum minimierte, das Adrenalin aber maximierte und nebenbei auch eine rührende Vater-Tochter-Geschichte erzählte. Nach einer animierten Vorgeschichte mit "Seoul Station" kam im Oktober 2020 die Fortsetzung in die Kinos, die damit die filmische Trilogie vollständig macht. Aber bildet "Peninsula" sogleich auch den Höhepunkt? Leider nein: Yeons neues Werk gibt sich oberflächlich ambitioniert und scheitert kläglich in nahezu allen Belangen.

Peninsula: Darum geht es

Foto: Verleih, Gang Dong-Won in "Peninsula"

Vier Jahre nach dem Ausbruch einer verheerenden Pandemie, im Zuge derer ganz Südkorea von Zombies überrannt und das Land deshalb unter Quarantäne gestellt wurde, lebt der ehemalige Soldat Jung-Seok (Gang Dong-Won) in Hongkong unter schäbigen Bedingungen. Eines Tages bekommt er von zwielichtigen Gestalten die Gelegenheit, jede Menge Geld bei einem Auftrag zu ernten: In Südkorea ist den Gangstern ein Truck mit 20 Millionen US-Dollar abhandengekommen. Jung-Seok und ein paar weitere sollen die Beute bergen und sicher nach Hause bringen - dann winkt auch eine satte Gewinnbeteiligung. Im Schutze der Nacht geht es zurück ins untotenversuchte Gebiet, wo der Plan schnell aus dem Ruder läuft - und sich bald herausstellt, dass die Zombies nur das geringste Problem sind ...

Peninsula: Viel Lärm um nichts

Auch wenn die Handlung vier Jahre nach den Ereignissen des Vorgängers spielt, gibt es zunächst eine Rückblende zu sehen. Auf einem Boot mit Flüchtlingen befindet sich ein Infizierter, der sogleich für jede Menge Chaos sorgt. Das ist spannend anzuschauen und stellt ein frühes Highlight dar. Auch danach bleibt es an sich nicht uninteressant: In Hongkong sehen sich Jung-Seok und andere Vorurteilen ausgesetzt, da sie eben aus dem Land der Zombieseuche kommen. Ein besonders jetzt passender Kommentar, wo es doch gerade in der Anfangszeit der Coronakrise vermehrt zu gewalttätigen Übergriffen auf Menschen asiatischer Herkunft kam, die für die reale Pandemie verantwortlich gemacht wurden.

Doch spätestens wenn wieder Fuß gesetzt wird auf koreanischen Boden, driftet "Peninsula" rasch in äußerst generisches Blockbusterkino ab. Dabei will Regisseur Yeon offenbar ein großes Bild der Apokalypse zeichnen: Um Züge und Bahnhöfe soll es nicht mehr gehen, jetzt bewegen sich die Protagonisten durch eine vollends zerstörte Metropole. Leider wird nicht viel Zeit darauf verwendet, das atmosphärische Potenzial der Kulisse vollends auszukosten. Stattdessen wird nur wenig später das Gaspedal durchgedrückt, kommen die menschlich aussehenden Ungeheuer in Scharen vor die schwer beschäftigen Gewehrläufe gerannt.

Peninsula: Miese Effekte und ganz viel Melodram

Wie es sich für ein modernes Endzeitszenario in Film- und Fernsehen so gehört, gibt es aber auch nach wie vor Überlebende inmitten der Katastrophe, denen das Elend scheinbar nicht gut bekommen ist. Eine ehemalige Militäreinheit treibt nämlich ihr Unwesen, die Gesetzeslosen machen ganz was sie wollen. Deren Mitglieder sind aber mitunter so sehr überzeichnet, dass sie viel eher belustigend denn furchteinflößend erscheinen und auch ihre interne Organisation sorgt für Kopfkratzen: Das wahre Alpha-Männchen der Truppe ist eigentlich nur aufgrund seines Ranges nicht der Chef und muss sich einem schüchtern wirkenden Hänfling unterordnen. Auch nach Jahren in Anarchie scheint man rigide Hierarchien sehr ernst zu nehmen, was ein wenig mehr zur unfreiwilligen Komik beiträgt.

Die übrigen Figuren bekommen Hintergrundgeschichten aus dem Horror-Handbuch voll toter Familienmitglieder und Schuldgefühlen spendiert, doch Raum für wirklich emotionale Momente und Entwicklung bekommen sie nicht eingeräumt. Dazu peitscht sie der Plot zu schnell durch das Geschehen, in dem es einzig nur um die nächste Flucht- oder Rettungsaktion geht und durch das sich die Helden viel zu souverän bewegen - auch die Kinder im Film sind nahezu unfehlbare Talente. Dabei geht es betont actionreich zu, es wird reichlich geballert und es gibt ohne Ende Kanonenfutter. Die Stuntleute geben allesamt Vollgas, doch nichts kann über den intensiven Einsatz schlechter Computereffekte hinwegtäuschen. Insbesondere die vielen Verfolgungsszenen fallen negativ auf, während derer "Peninsula" aussieht wie ein 15 bis 20 Jahre altes Videospiel. Ganz offensichtlich konnte man mit dem vorhandenen Budget unmöglich das ganze intendierte Ausmaß der Zombie-Welt überzeugend darstellen. Auch stellt sich die Frage, ob während der Produktion ein Streik der Stuntfahrer zugange war oder nicht - kein einziges Mal hat man wirklich den Eindruck, dass ein Fahrzeug im Film auch tatsächlich am Set und vor der Kamera gefahren wurde.

Im ausgewalzten Finale dann wird es unsäglich melodramatisch, wenn die Streicher groß und laut aufspielen und Menschen in Zeitlupe verzweifelt schreien und weinen. Im Mainstreamkino aus Fernost neigt man gerne mal zu ganz großen, kitschigen Gesten, was per se nicht schlecht sein muss. Gerade im Vorgänger "Train to Busan" ging es am Ende ähnlich emotional zu. Allerdings hat sich der Film die Tränen bis dato redlich verdient. Bei "Peninsula" jedoch verbringt man einfach zu wenig Zeit mit den Figuren, um ihre Beziehungen zueinander wirklich erfühlen zu können. Vor diesem Hintergrund wirkt die Inszenierung deshalb in höchstem Maße künstlich und manipulativ. Da bleibt am Ende nur noch Ernüchterung übrig - schade, denn einige gelungene Einzeleinstellungen gelingen Filmemacher Yeon durchaus.

Fazit: Maximaler Raum, minimales Adrenalin. "Peninsula" ist Zombiefilm-Stangenware, bei dem der massive Einsatz unterirdischer Effekte der wahre Horror ist.

"Peninsula" ist ab dem 08. Juni bei Amazon Prime zu sehen.