2016 sorgte ein deutscher Film international für Furore, wie seit Ewigkeiten nicht mehr. "Toni Erdmann" wurde beim Filmfestival in Cannes durch aufgeregte Kritikerstimmen zum Geheimtipp auf die goldene Palme. Schließlich ging die Tragikomödie von Maren Ade leer aus, gewann in Cannes aber immerhin den Preis der internationalen Filmkritiker- und Filmjournalisten-Vereinigung FIPRESCI. Auch beim Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film ging "Toni Erdmann" trotz Favoritenstatus leer aus.  Zum Ende der Dekade taucht der Film aber in einigen Bestenlisten für die Spitzenfilme seit 2000 oder seit 2010 auf.

Kein Wunder bei dem Hype, dass Hollywood anklopfte. Da Synchronisationen in den USA verpönt sind, werden dort erfolgreiche europäische Filme gleich neu gedreht. Für die US-Variante konnten die Macher gleich einen Topstar verpflichten. Jack Nicholson wollte aus der Rente zurückkehren. Neben ihm wurde Kristen Wiig ("Ghostbusters", "Brautalarm") geholt. Doch dann sprang Nicholson ab - und es wurde ruhig um das Projekt.

Tot ist das Projekt aber nicht. Als sicher gilt, dass die Neuverfilmung immerhin eine Regisseurin hat: Lisa Cholodenko soll die Adaption inszenieren, nachdem sie schon zuvor als neue Drehbuchautoren engagiert wurde. Cholodenko mag zwar noch nicht ein ganz großer Name sein, mit intelligenten Familiensujets kennt sie sich allerdings bestens aus: 2010 drehte sie "The Kids Are All Right" mit Mark Ruffalo, Julianne Moore und Annette Bening in den Hauptrollen; die Komödie wurde seinerzeit viermal für den Oscar nominiert, darunter auch für Cholodenkos Drehbuch.

 

Toni Erdmann: Die Story

Wer sich seinerzeit nicht vom internationalen Erdmann-Hype anstecken lie, das ist die Handlung: Die kühle Unternehmensberaterin Ines (Hüller) treibt in Bukarest für eine Ölfirma ein Outsourcing-Projekt voran. Ines' verwitweter Papa Winfried (Simonischek), Musiklehrer im Ruhestand, fremdelt mit der karrierefixierten Tochter. Als Winfrieds Hund stirbt, reist der Alt-68er Ines spontan nach Rumänien hinterher. Doch der zauselige Melancholiker ist ihr spürbar lästig, und seine Schelmenstreiche nerven. Nach drei Tagen verschwindet Winfried – und kehrt als "Toni Erdmann" zurück: als schräge Karikatur eines Unternehmensberaters, mit groteskem Gebiss und wilder Perücke drängelt er sich in Ines' Leben hinein. Die Tochter ist konsterniert, aber sie wird ihren Quälgeist so schnell nicht los …

Maren Ades Film wurde ein großer Erfolg bei Kritikern und Filmpreisjurys weltweit, weil er metaphorisch Themen verhandelt, die uns alle bewegen: das brüchige Verhältnis von Eltern und erwachsenen Kindern, unser Selbstverständnis als Rädchen im kapitalistischen Getriebe, weibliche Identität in männlichen Domänen, Humor als subversive Attacke auf gesellschaftliche Ordnungen. Viele Szenen sind gleichzeitig traurig und absurd komisch – hinter dieser vielschichtigen Geschichte steckt eine herausfordernde Wahrheit.