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Es gab eine Zeit ungefähr Mitte der 80er-Jahre bis hinein in die 90er, da gab es im Videospielesektor nur zwei wirklich relevante Hersteller: Nintendo und Sega. Damit einher gingen aber nicht nur legendäre Konsolenkämpfe am Markt und Systeme wie das Super NES oder das Sega Mega Drive, sondern auch mit Super Mario und Sonic zwei der wohl ikonischsten Maskottchen der Gaminghistorie.

Noch heute werden Spiele mit ihnen in den Hauptrollen entwickelt, doch mit dem Kino hatten sie bislang herzlich wenig zu tun. Über "Super Mario Bros." von 1993 soll an dieser Stelle nicht weiter gesprochen werden und nun gibt "Sonic The Hedgehog" endlich sein großes Leinwanddebüt. Ob die Filmgemeinde wirklich darauf gewartet hat?

Sonic The Hedgehog: Quicksilver und Hammy lassen grüßen

Vermutlich nicht. Zu oft schon entpuppten sich Adaptionen von bekannten Spielemarken als kommerzielle wie künstlerische Reinfälle und wenngleich der blaue Igel nie wirklich weg war, die glorreichen Zeiten im Rampenlicht der Popkultur sind doch passé - heute überschatten die Pokémon eh beinahe alles. Trotzdem kommt jetzt ein Film in die Kinos und der scheint erzählerisch wie inszenatorisch ein wenig aus der Zeit gefallen. Obwohl ein neues Werk, möchte man doch glatt meinen, dass das Werk von Jeff Fowler paradoxerweise sicher schon bessere Zeiten gesehen hat.

In "Sonic The Hedgehog" passiert jedenfalls beinahe gar nichts, was man nicht schon x-mal woanders gesehen hat. Fehlende Originalität ist nur die eine Sache, die Umsetzung aber immer noch eine andere. Mit Ausnahme von wenigen Momenten herrscht hier jedoch gähnende Langeweile vor. Visuelle Ideen gibt es so gut wie keine und wenn doch, dann sind sie dreist geklaut: Bei zwei Szenen denkt man sofort entweder an die Quicksilver-Szenen aus den jüngeren "X-Men"-Filmen oder an Hammy in "Ab durch die Hecke" von 2006, in denen die Figur aufgrund ihrer Schnelligkeit ihre Umwelt fast wie in einem Standbild erlebt. Das gibt es auch bei "Sonic" und ist per se sinnvoll, schließlich kann auch der Titelheld superflink durch die Gegend laufen. Dass aber der Protagonist exakt wie in den Marvel-Comicverfilmungen seinen Vorteil für eine Art puzzleartiges Zeitlupen-Arrangement nutzt, das in dem Moment für Chaos sorgt, wenn die "normale Zeit" wieder läuft, ist geradezu unverschämt und ein kreatives Armutszeugnis. Aber hier wie dort sieht es immerhin verdammt cool aus.

Willkommen zurück, Jim Carrey!

"Sonic The Hedgehog" ist ein Film der vielen kleinsten gemeinsamen Nenner, in dem nichts gewagt und ausprobiert wird. Das gilt auch für die Geschichte über einen Außenseiter, der einfach mal dazugehören möchte und sich in einer neuen Welt zurechtfinden muss. Brav werden alle nur vorhersehbaren Story-Entwicklungen abgeklappert, was sich bis in die menschlichen Nebenfiguren fortsetzt, die an Schablonenhaftigkeit kaum zu überbieten sind. Das tut niemandem weh und wird vor allem die Kleinsten und ihre Aufpasser unterhalten und ja nicht überfordern.

Das ist auch gut so, aber alle anderen sollten nur aus einem einzigen Grund einen Blick riskieren: Jim Carrey. Der Meister der komischen Gesichtsverzerrungen hat sich schon eine ganze Weile nicht mehr in einem Mainstreamfilm auf der Leinwand blicken lassen und kehrt in der Rolle als Sonics Widersacher Dr. Robotnik mit Verve zurück. Carrey lässt sichtlich lustvoll die Sau raus und stellt wieder einmal unter Beweis, dass kein anderer allen die Show zu stehlen weiß mit perfekt getimter, überkandidelter Exzentrik. Jede Szene mit ihm macht einen Heidenspaß und zugleich fühlt es sich so an, als würde man einen alten Kumpel wieder begrüßen können. Und wenn er dann noch eine urige Tanzszene zum Besten gibt, dann muss man festhalten: Er allein rettet "Sonic The Hedgehog" vor der kompletten Belanglosigkeit. Eigenen Aussagen nach wäre er liebend gern bei Fortsetzungen dabei und nach diesem ersten Film kann man getrost sagen, dass weitere Teile ohne ihn einfach keinen Sinn ergäben.

Fazit: Der Titel ist "Sonic The Hedgehog" und könnte doch glatt "Jim Carrey: Die Rückkehr" lauten. Der Schauspielstar macht jede Menge Laune und adelt einen ansonsten völlig uninspirierten Kinderfilm mit seiner energischen Präsenz.