2019 gewann einer der unscheinbarsten Filme den Oscar als Bester Film des Jahres: "Green Book – Eine besondere Freundschaft" stach damals Mitfavoriten wie "Roma" oder "The Favourite – Intrigen und Irrsinn" aus. Dabei musste der Film von Peter Farrelly auch einige Kritik einstecken. So redete man nach Erscheinen unter anderem von überholten Stereotypen und erfundenen Elementen in der auf wahren Begebenheiten basierenden Geschichte. Auch die Familie des dargestellten Musikers Don Shirley kritisierte "Green Book" heftig und meinte, Shirley habe vor seinem Tod ausdrücklich gewollt, dass der Film nicht gedreht werde. Nun feiert er jedoch Free-TV-Premiere im Ersten. Lohnt sich das Einschalten trotz allem?

"Green Book" – Grandiose Schauspieler

Darum geht es: New York, 1962. Nachdem der Nachtclub, in dem er arbeitet, seine Tore schließt, muss sich der raubeinige Rausschmeißer Tony Lip (Viggo Mortensen) nach einem neuen Job umschauen. Da kommt ihm der Tipp eines Bekannten gerade recht: Ein gewisser Dr. Don Shirley (Mahershala Ali) sucht einen Chauffeur. Allerdings handelt es sich bei Shirley nicht, wie Tony zunächst vermutet, um einen weißen Arzt, sondern um einen schwarzen Pianisten, der für seine Konzerttour durch die rassistisch geprägten Südstaaten einen Fahrer braucht. Eher widerwillig nimmt Tony den Job an, doch schon bald beginnt er, seine Vorurteile gegenüber dem Musiker zu überdenken.

Für das Drehbuch zu "Green Book" befragte Tonys Sohn Nick Vallelonga seinen Vater, der zwischen 2001 und 2004 in der Mafiaserie "Die Sopranos" die Rolle des Carmine Lupertazzi spielte, ausgiebig über seine Freundschaft zu Don Shirley. Daraus machte der in erster Linie für seine brachialen Komödien bekannte Regisseur Peter Farrelly ("Verrückt nach Mary", "Dumm und dümmer") eine ergreifende Studie über Rassismus, Vorurteile und die Suche nach der eigenen Identität, deren bitterböser Humor immer wieder für heitere Momente sorgt.

Am Ende sind es jedoch vor allem die beiden so grandios aufspielenden Hauptdarsteller Viggo Mortensen ("Der Herr der Ringe") und Oscar-Preisträger Mahershala Ali ("Moonlight"), welche die Geschichte dieser beiden aus so unterschiedlichen Welten stammenden Männer zum Leben erwecken.

Die Kritik am Film mag berechtigt sein, doch wenn man ihn losgelöst von Shirleys wahrer Biografie sieht und vereinzelte Schwächen im Drehbuch verzeiht, ist "Green Book" weit mehr als eine kernigere Variante von "Miss Daisy und ihr Chauffeur". Die drei Oscars (Bester Film, Bester Nebendarsteller und Bestes Drehbuch) sind keineswegs unverdient. Ein Feed-Good-Film zum Nachdenken.

"Green Book – Eine besondere Freundschaft" läuft am 19. Juli um 20:15 Uhr im Ersten.