Diese Rolle war buchstäblich seine Traumrolle. Dwayne Johnson hat die Verantwortlichen bei Warner Bros. und DC Comics lange bearbeitet, ehe er die Zusage für einen "Black Adam"-Film bekam. Die Figur – in den Comics mal Bösewicht, mal bestenfalls Antiheld – wurde im Superhelden-Blockbuster "Shazam!" bereits angedeutet, jetzt ist sie solo unterwegs. Als Konkurrenz zu den Marvel-Blockbustern (demnächst etwa: "Black Panther: Wakanda Forever") will Johnson "Black Adam" bitte nicht verstanden wissen, gab er in jedem Promo-Termin bekannt.
Doch der Vergleich erübrigt sich ohnehin. "Black Adam" ist in jeder Hinsicht ein ungewöhnlicher Film. Er war so gar nicht zu erwarten – erst recht mit Dwayne Johnson in der Hauptrolle. Der Superstar spielt hier kräftig gegen sein Image. Und der Film ist kein klassisches Helden-Popcornentertainment, sondern eine erschlagend-brachiale Action-Oper.
Wer ist "Black Adam"? Und worum geht's in seinem Film?
Im fiktiven Land Khandaq kämpft die Rebellin Adrianna Tomaz (Sarah Shahi) seit Jahren gegen ausländische Invasoren, die das Land militärisch unter Kontrolle haben. Bei einer archäologischen Expedition weckt sie dabei versehentlich Black Adam (Dwayne Johnson): Er war in Khandaq schon vor 5.000 Jahren versklavt worden, ehe er durch den Zauberer Shazam (Djimon Hounsou) an Superkräfte kam. Als er diese jedoch missbrauchte, sperrte Shazam ihn weg.
Jetzt befreit und aufgeweckt durch Adrianna richtet Black Adam eine Zerstörung gewaltigen Ausmaßes an. Adriannas Sohn Amon (Bodhi Sabongui) ist sich sicher, dass Black Adam ein Superheld ist, der Khandaq befreien kann. US-Regierungsmitarbeiterin Amanda Waller (Viola Davis) sieht das jedoch anders: Sie schickt die Superhelden der Justice Society of America los, um Black Adam aufzuhalten.
Es machen sich auf: Carter Hall alias Hawkman (Aldis Hodge), der dank eines Metallanzugs fliegen kann. Albert Rothstein aka Atom Smasher (Noah Centineo) mit der Fähigkeit, sich per Knopfdruck um ein Vielfaches zu vergrößern. Maxine Hunkel bzw. Cyclone (Quintessa Swindell), die Wind und Schall kontrolliert. Und Kent Nelson, bekannt als Dr. Fate (Pierce Brosnan), ein erfahrener Zauberer, der mit seinem magischen Helm die Zukunft vorhersehen kann …
Dwayne Johnson: "Black Adam" ist seine Herzensrolle
Seit November 2007 ist Dwayne Johnson daran interessiert, "Black Adam" zu spielen. 2014 wurde das Projekt offiziell angekündigt. Acht Jahre später ist es da – und Fans zweifelten: Passt Johnson auf die doch recht brutale Figur, die selbst mit guten Absichten noch eine Schneise der Verwüstung und unzählige Tote hinterlässt? Erst recht, da sich der Mega-Star ein familienfreundliches Image mühsam aufgebaut hat. Die Antwort: Alle Befürchtungen der Vorlagen-Fans waren umsonst. Johnson tritt hier wortkarg, brutal und furchteinflößend auf, mit nur sehr leichten Zügen von Freundlichkeit – er erinnert gar ein wenig an Arnold Schwarzenegger als gezähmte Killermaschine in "Terminator 2 – Tag der Abrechnung".
Zwar wird das gute Herz seiner Figur betont und nie angezweifelt, seine tödlichen Methoden aber auch deutlich thematisiert. Tatsächlich ist dies das eine wiederkehrende Thema des Films: Auch wenn sich Black Adam irgendwann mit den restlichen Helden zusammenraufen kann, schwebt stets die Frage in der Luft: Darf ein Superheld eigentlich töten? Und wann ist das Ermorden des Gegners moralisch gerechtfertigt? Von wenigen Auftritten zu Beginn seiner Schauspielkarriere abgesehen, sah man den als "The Rock" bekannten Star nie in einer so finsteren und ambivalenten Rolle. Schauspielpreise wird er ob seiner gewohnt steifen Mimik dafür nicht gewinnen – dass er mit Herzblut bei der Sache ist, merkt man dem Charismatiker aber mehr als positiv an.
Ein Film wie ein Rammbock: Actiongewitter in "Black Adam"
"The Rock"-Fans finden sich ohnehin im Kinosaal wieder. Nun also die Frage: Für wen sonst lohnt sich "Black Adam"? Nicht leicht zu beantworten. "Black Adam" ist weniger ein Film als mehr eine Leistungsshow unzähliger Effektspezialisten auf der ganzen Welt. Die obige Inhaltsangabe stellt schon beinahe den ganzen Plot dar, ansonsten wird es vor allem laut: Seit "Mad Max: Fury Road" gab es keinen Film mehr, der so wenig Handlung und dafür so viel Action bot. Nach etwa 15 Minuten tritt Johnson erstmals auf und von da an sind Dialoge Mangelware, Zerstörungen und Explosionen dafür der neue Standard.
Die unverschämt-schmissige Attitüde, in der Regisseur Jaume Collet-Serra (er inszenierte schon letztes Jahr Dwayne Johnson in "Jungle Cruise") dieses Endlos-Feuerwerk zündet, ist für sich bemerkenswert. Mit Charaktereinführungen für die Heldentruppe rund um die Justice Society of America hält sich das bestenfalls hölzerne Drehbuch nicht lange auf. Höchstens eine Minute muss dafür reichen, dann knallt es wieder irgendwo. Mal spielt während des bildgewaltigen Gemetzels "Paint It, Black" von den Rolling Stones, mal unterbricht eine Actionszene für eine hinreißend-komische und doch seltsam deplatzierte Anspielung auf den Italowestern-Klassiker "Zwei glorreiche Halunken". Die meiste Zeit aber ist es vor allem dröhnend laut, und wenn nicht gerade ein Gebäude einstürzt, ein Häuserblock explodiert oder ein Kampfjet durch die Luft donnert, dann sorgt Komponist Lorne Balfe mit seiner lärmenden Filmmusik dafür, dass die Ohren zu tun bekommen.
"Black Adam" wirft die Frage auf: Ist das noch ein Film?
Bewundern muss man die Art und Weise, mit welcher Selbstverständlichkeit hier ein gewaltiger Radau veranstaltet wird. Man darf aber auch fragen: So unterhaltsam all das für geneigte Comic-Fans sein mag, wie viel Film steckt hier noch drin? Was wird eigentlich erzählt? Ist das spannend? Gibt es eine erkennbare Dramaturgie? Und: Kann man es noch als Handlung bezeichnen, wenn sich in den zwei Stunden Dauergekloppe lediglich hin und wieder ändert, wer gerade wen aus welchem Grund verkloppt?
Man muss "Black Adam" als Action-Oper begreifen, in der – ganz destilliert – ein reines, hypermodernes Kino der Bewegung durchexerziert wird, in der klassische Erzählstrukturen zugunsten von beliebig vielen Action-Impulsen überwunden werden. Doch so konsequent überstilisiert, durchgestylt und radikal "Black Adam" sich geben mag, so astrein makellos, brillant und virtuos hier das Maß aller Dinge im Bereich Spezialeffekte vorgeführt wird und so viel wie in diesem nicht endenden zweistündigen Inferno angezündet wird: Trotz all dieses Boheis ist "Black Adam" auch ein bemerkenswert leerer Film.
Es sagt viel, dass nach dem Kinobesuch nicht der ohrenbetäubende Sound, die visuell beeindruckenden Effekte oder die vermeintlich coolen Sprüche im Gedächtnis bleiben, sondern es die rar gesäten Momente sind, in denen gute Schauspieler wie Aldis Hodge ("Straight Outta Compton"), Sarah Shahi ("Person of Interest") und insbesondere Pierce Brosnan ("James Bond 007: GoldenEye") für wenige Sekunden die Möglichkeit bekommen, ihr Talent oder bloß ihr Charisma zu zeigen – und damit kurz die Realität einblenden, von all den Bits und Bytes ablenken.
In diesen viel zu wenigen, viel zu schnell vorübergehenden Augenblicken, entpuppt sich "Black Adam" in seinem ganzen Krawall als redundant. Da mögen sich die Effektkünstler noch so sehr an ihren Rechnern verausgaben, um stets die tollsten übernatürlichen Superhelden und ihre Tricks zu präsentieren: Es steht 1:0 für echte Menschen.
"Black Adam" ist ab dem 20. Oktober 2022 in den deutschen Kinos zu sehen.