Selten wurde ein Disneyfilm schon in Vorfeld derart kritisch betrachtet als "Arielle, die Meerjungfrau". Die Realverfilmung ist seit dem 25. Mai in den deutschen Kinos zu sehen. Aufgrund der Hautfarbe der Protagonistin waren so manche Eltern derart pikiert, dass sie den Film boykottieren wollen. Die ersten Kritikerstimmen waren aber aus einem anderen, sinnigeren Grund eher negativ: Dem Film fehle die typische Disney-Magie und letztendlich sei das gesamte Projekt einfach überflüssig. Wer den Film nun selbst gesehen hat, dem dürften auch visuelle Mankos aufgefallen sein. Die Macher von "Arielle, die Meerjungfrau" haben nämlich klassische Anfängerfehler begangen.
"Arielle, die Meerjungfrau" – Bilder aus der Konserve?
Nun darf man nicht leugnen, dass die Spezialeffekt-Branche, die heute in so gut wie allen Filmen ihre Finger im Spiel hat, keine leichte ist. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, die Bezahlung noch schlechter, der Ruf nach einer Gewerkschaft, wie sie auch in vielen anderen Filmbereichen üblich ist, wird immer lauter. Doch dieser Punkt ist hier nur nebensächlich, denn Disney hatte genug Zeit, um die Effekte von "Arielle" zu vollenden. Und das haben sie auch getan. Allerdings sind sie dabei über das Ziel hinausgeschossen.
Die Meeresbewohner, die im Original von 1989 noch süße, liebenswerte Charaktere waren, sind im Remake nunmal Fische, Krebse und Muscheln, wie sie in den Ozeanen wirklich vorkommen. Da wirkt es schon einmal gruselig, wenn ein Doktorfisch sein Gesicht derart verzerrt, damit ein Lächeln entsteht.
Ursulas Körper, der natürlich vollkommen digital entstand, fehlt es hingegen sogar so Gruseligkeit, ihr Körper wirkt verletzlich und harmlos. Dabei war es gerade ihr hybrides Etwas, das im Original für Bedrohlichkeit sorgte. Selbst ihr großer Auftritt mit dem Lied "Die armen Seelen in Not" verpufft angesichts des Realismus-Fanatismus‘.
Wenn die Meeresbewohner an die Oberfläche kommen, sind sie – dem Realismus geschuldet – durchtränkt. König Tritons Bart klebt am Gesicht, Arielles Haare sind angebackt am Kopf. Da fehlt es den Figuren plötzlich an Majestät. Völlig irritierend hingegen wirken ihre Figuren, wenn sie unter Wasser Wassertropfen an ihren Körpern zu haben scheinen.
Letztlich stellt sich hier (wie auch schon bei den Remakes von "Der König der Löwen" oder "Das Dschungelbuch") deshalb die Frage, ob es wirklich so viel Realismus sein musste. Hätte es dem Film wirklich geschadet, wenn man Sebastian oder Fabius etwas von ihrer Magie gelassen und sie eher dem Original entsprechend gestaltet hätte?
Aus finanzieller Sicht waren die "Realverfilmungen" von Disney bislang immer ein Hit. Ob auch "Arielle, der Meerjungfrau" mithalten kann? Es darf zumindest bezweifelt werden.