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30 Jahre "Dirty Dancing"

30 Jahre Dirty Dancing
Vestron

Wohl kaum ein Film polarisiert so wie der Tanzklassiker von 1987. Auch durch unsere Redaktion zieht sich ein Riss zwischen Fans und Gegner des Films.

Vor dreißig Jahren, am 17. August 1987, feierte ein kleiner Low-Budget Film in New York seine Premiere, der bis heute polarisiert wie kaum ein anderer. Die einen schauen ihn mehrmals jährlich und haben jedes Mal wieder die Zeit ihres Lebens während die anderen genervt abwinken. Wie bei kaum einem anderen Film verläuft die Grenze zwischen Fans und Hatern so deutlich zwischen den Geschlechtern wie bei "Dirty Dancing". Die Frauen identifizieren sich mit der Selbstfindung von Baby (Jennifer Gray) und träumen von Patrick Swayze. Die Männer würden sich so eine Schnulze nie anschauen (oder geben es nicht zu). Auch in unserer Redaktion gehen die Meinungen auseinander und auch hier zeigt sich ein Gender-Gap...
Als sentimentale Erinnerung: Der Trailer von "Dirty Dancing" (1987), des populärsten Films von Swayze, in dem er als Tanzlehrer Johnny Castle mit seinen Hüftschwüngen mehrere Frauengenerationen verzückte.
Ich habe den Film bestimmt 10 Mal gesehen. Als kleines Mädchen fand ich es immer doof, wie sich Baby an ihren Tanzlehrer rangeworfen hat. Erst später habe ich erkannt, dass der Film auch ein Plädoyer für einen offenen Umgang mit der eigenen Sexualität ist: erst durch ihr Verhältnis mit Johnny wird sie selbstbewusster und traut sich auf ihr Herz zu hören, statt nur die Vorstellungen ihres Vaters umzusetzen.

Als Tänzerin war der Film vor allem wegen seiner Choreographien für mich interessant. Ich wollte immer so tanzen können wie Jennifer Grey, das wollten bei uns im Freundeskreis glaube ich alle Mädchen. Als wir 17 waren sind wir in ein Zeltlager gefahren, das einen Pool hatte und haben unsere Kumpels genötigt die legendäre Hebefigur mit uns zu üben. Funktioniert hat es leider bei keiner.
Anna Rinderspacher
Ende der 90er muss es gewesen sein. Meine Mama (Jahrgang '67) springt wie von der Tarantel gestochen von der Wohnzimmercouch und ruft: "DIIIIIIIRTY DAAAAANCING", rotiert tänzelnd in die Küche, kommt mit einem vollen Glas Sekt zurück, platziert sich vor der Röhre und summt völlig über-euphorisiert "Time of my Life". Ich: frecher Schlingel mit einem Hausaufgabenheft voller roter Lehrereinträge, notorisch aufgeschürften Knien und einer Vorliebe für abenteuerlustige Zeichentrickserien setze mich mit einer Arschbacke auf die Kante des Ledersessels und verfolge das Szenario mit einer Mischung aus vorpubertärer Abneigung, unkontrollierbarer Neugier und einer Art "Verkehrsunfall-Faszination". Außer "Das ist mein Tanzbereich, das ist dein Tanzbereich", "mein Baby gehört zu mir" und einer für mich völlig kruden Melonen-Szene blieb nicht viel hängen, doch das sagenhafte bestand darin, dass mir nach gut anderthalb Stunden die Arschbacke eingeschlafen war, weil ich wie erstarrt den Blick nicht abwenden konnte. Der Film hat mich gefesselt, Punkt. Ob ich ihn gut fand? Keine Ahnung. Seitdem habe ich ihn nie mehr ununterbrochen und in kompletter Länge gesehen. Aber meine Mama und ich hatten in den Wochen danach den gleichen Ohrwurm und ich habe es geliebt, mit ihr im Auto zu sitzen und völlig schief Bill Medley und Jennifer Warnes zu imitieren.
Steven Sowa
Vor 30 Jahren: Hassgefühle im Kino, was für eine hohle Scheiße. "The Time of My Life" - zum Davonlaufen. Damals verbucht als Spießernummer passend zur Politära: Reagans zweite Amtszeit, Kohl wurde gerade wiedergewählt.

Vor 10 Jahren ein Anfall von Altersmilde: Urteil leicht revidiert, Patrick Swayze vielleicht doch legitimer Nachfolger von John Travolta. Proletkult im verhärmten Middle-Class-Ambiente.
Kai Nungesser
Foto: Vestron
Als es in den 90ern noch nur den einen Familien-Fernseher im Wohnzimmer gab war die klare Aufteilung: Familiensendungen wie "Wetten dass", "Dingsda", "Verstehen Sie Spaß" und Co wurde von allen zusammen geguckt, Fußball und Actionfilme gehörten dem Vater und den Brüdern und bei allen Filmen fürs Herz saßen Mutter und Tochter vor dem TV. Die 3 Teile von "Sissi" mit Romy Schneider waren so ein Fall und natürlich auch Dirty Dancing.

Die Musik war herrlich rhythmisch - noch heute erklingt früher oder später auf jeder Hochzeit "The Time of my Life", bei dem alle mitsingen können und auf jeder Engtanz-Party in der Jugend gehörte dieses Lied aufs Mixtape.

Die Lovestory hatte etwas von einer "Prinz rettet einsames Mädchen aus ihrem tristen Dasein und zeigt ihr die Welt"-Romantik und eine Prise "dirty" war auch dabei. Den Film in seiner Gänze habe ich als junges Mädchen nicht erfasst, doch das Gefühl, das er transportiert, hat direkt gefesselt. Ein langweiliger Familienurlaub, mit einem alles andere als unschuldigen Sommerflirt, der am Ende nicht nur in die Verlängerung geht, sondern auch noch von den (hochnäsigen) Eltern akzeptiert wird. Mehr Zutaten brauchte es für die Faszination nicht :-)
Anonyme Redakteurin
Mit 17 ist mir der Film damals an meinem unrhythmischen Arsch vorbeigegangen. Ich hatte allerdings eine Mitschülerin, die achtmal ins Kino gerannt ist!
Roland Kruse
Der Lieblingsfilm meiner Mutter, was wohl schon alles sagt. Ich bin mit diesem Film und seiner Musik aufgewachsen. Jedes Mal, wenn er im Fernsehen lief, musste er angeschaut werden. Dabei habe ich wenig verstanden, während ich auf dem Boden krabbelte und im Flimmerkasten exzessiv Körperflüssigkeiten beim Tanzen ausgetauscht wurden. Wahrscheinlich war "Dirty Dancing" die Art und Weise, wie ich erstmals mit der Thematik Sex in Berührung kam. Hat zum Glück nicht geschadet. Seither war Patrick Swayze jedenfalls so etwas wie ein Held bei uns. "Ghost", "Gefährliche Brandung", "Fackeln im Sturm": Alles musste angeschaut werden. Wegen Swayze. Wegen "Dirty Dancing". Irgendwann habe ich meiner Mutter den Soundtrack in einer Deluxe Version zu Weihnachten geschenkt. Dämlichste Entscheidung ever. Durch die musikalische wie filmische Penetration, man muss es so nennen, musste ich ja auf natürlichste Weise eine Abneigung gegen diese Filme entwickeln. Doch der pubertäre Putsch dauerte nicht allzu lange. Heute sitze ich bei diesen Filmen selbst vor der Glotze und der Soundtrack steht in meinem Regal. Den kriegt sie nicht zurück.
Nicky Wong
Foto: Vestron
Als ich so in etwa 13 Jahre alt war, war Dirty Dancing für mich kein Begriff. Aber dann zwang mich meine beste Freundin dazu, ihn an einem gemütlichen Sonntagnachmittag zu gucken. Es gab leckere Snacks und in Pyjamas zelebrierten wir den Filmklassiker. Für meine Freundin war Dirty Dancing einer der besten, schönsten Filme, die es gab. Den konnte man natürlich nur gucken, wenn man ihn gebührend würdigt und sich Zeit nimmt. Seitdem ist fest in meiner Erinnerung verankert: "Dirty Dancing" ist einer dieser Filme, die Leute immer wieder gucken, und zwar dann, wenn sie sich wohlfühlen wollen.
Lena Völkening
Ich selber kann nicht viel zu dem Film sagen. Er steht aber bei meiner Mutter auf einer heiligen Liste von 20 Streifen (zusammen mit so Sachen wie "Sieben", "Sissi" und "Pretty Woman"), die sie IMMER schaut, wenn sie im Fernsehen laufen und immer zwischendrin dann einschläft. Ich habe da stets die Augen verdreht, bin in mein Zimmer und habe Footloose geschaut. Den wahren heiligen Gral der Tanzfilme.
Maximilian Fischer
Meine Tanzschulzeit war traumatisch, deshalb habe ich auch DIRTY DANCING nur aus rein professionellen Gründen geguckt. Der Film ist an mir abgeperlt, er hat mir nichts gegeben. Sehr amüsant fand ich etwas völlig anderes: DIRTY DANCING war ein Werk der kleinen Independent-Firma Vestron, die nun mit einem Schlag als heißeste Adresse Hollywoods galt. Und wie es sich für eine Produktionsfirma gehört, wurden die Erlöse aus DIRTY DANCING in viele neue Filme gesteckt. Leider sind sie allesamt gefloppt. Vestron war ein One Hit Wonder, DIRTY DANCING der einzige echte Erfolg. Der Profit daraus wurde für unwerten Kinokrempel verjuxt. So sehe ich DIRTY DANCING weniger als triumphales Musical-Unikum, sondern als beschwingten Schritt in den Ruin.
Peter Clasen
Einer der wenigen Filme, bei denen ich in der Mitte ausgeschaltet habe. Unglaublich, dass der Mythos von dem hässlichen Entlein, das vom Prinz auf dem weißen Pferd gerettet wird, immer noch und immer wieder zieht. Aber immerhin ist der Prince Charming hier kein perverser Sado-Milliardär sondern ein netter Typ aus der Working Class. Vielleicht gebe ich dem Film noch eine Chance.
Sebastian Milpetz