Literaturverfilmungen sind kein Neuland für Carey Mulligan (30). Sie war in Jane Austens "Stolz und Vorurteil" zu sehen, stand in "Der große Gatsby" an Leonardo DiCaprios Seite und gewann 2010 den Brit-Oscar BAFTA für "An Education". Für den dänischen Regisseur Thomas Vinterberg schlüpft die Engländerin jetzt erneut in historische Kostüme.

In Thomas Hardys Klassiker "Am grünen Rand der Welt" spielt Mulligan die emanzipierte Farmerin Bathsheba Everdene. Eine Rolle, in der Julie Christie 1967 die Kinowelt verzauberte.

TV SPIELFILM: Kennen Sie die Originalversion?

CAREY MULLIGAN Nein, die habe ich mir ganz bewusst nicht angesehen.

Warum nicht?

CAREY MULLIGAN Es ist ja nicht das erste Remake, in dem ich spiele. Sich vor dem Drehen das Original anzusehen, hat etwas Gefährliches. Bei einer so tollen Schauspielerin wie Julie Christie würde ich nur Gefahr laufen, mir etwas von ihrer Darstellung abzuschauen.

In England gehört der Roman zur Pflichtlektüre. Kannten Sie ihn vor Drehbeginn?

CAREY MULLIGAN Nein, ich habe in der Schule von Hardy nur "Tess von den d'Urbervilles" gelesen. Ich bin Bathsheba Everdene also ganz unvoreingenommen begegnet. Eigentlich wusste ich nur, dass die Geschichte auf dem Land spielt.
Im Roman ist Bathsheba eine selbstgerechte, zuweilen entsetzlich hochmütige Frau, die sich zwischen den drei Männern, die sie umwerben, nicht entscheiden will.

CAREY MULLIGAN Hätten wir das so für die Leinwand übernommen, hätte das nicht funktioniert, denn die Zuschauer müssen der Hauptfigur eines Films mit Sympathie und Interesse folgen können, deshalb habe ich Bathsheba empathischer und nicht so unterkühlt gespielt.

Kennen Sie die Situation, zwischen drei möglichen Partnern zu schwanken?

CAREY MULLIGAN Sie meinen privat? Gott sei Dank nicht, das stelle ich mir schrecklich anstrengend vor. Aber für den Film ist es ein Geschenk, denn es ermöglicht eine Menge unvorhersehbarer Wendungen in der Handlung. Gerade wenn man glaubt, jetzt wisse man, für wen Bathsheba sich entscheiden wird, schlägt die Handlung plötzlich einen Haken, und alles kommt ganz anders als gedacht.

Plötzlich ganz anders kam es auch bei einer Liebesszene mit Matthias Schoenaerts...

CAREY MULLIGAN Was Sie alles wissen... In der Szene davor musste ich um eine Ecke preschen, dabei hat mich mein Pferd abgeworfen. Ich bin unglücklich auf den Kopf gefallen, dachte aber, es sei alles okay. In der anschließenden Liebesszene mit Matti bin ich ohnmächtig geworden. Ich kam kurz ins Krankenhaus und habe monatelang an den Folgen des Sturzes laboriert, aber Sie sehen ja: Ich bin zurück.

Sie scheinen ein Faible für emanzipierte Frauen zu haben. In "Sufragette" (Kinostart 2016) spielen Sie eine Frauenrechtlerin.

CAREY MULLIGAN Ist Ihre Frage, ob ich mit der Wahl meiner Rollen eine politische Aussage treffen will? Warum nicht? Schließlich gibt es in Hollywood noch eine große Ungerechtigkeit, was die Bezahlung von Männern und Frauen anbelangt. Jennifer Lawrence oder Meryl Streep spielen Abermillionen von Dollars ein, aus diesem Grund ist es mir völlig unverständlich, dass sie weniger exzellent bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen.

S. Orlin/S. Sturm