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Friedrich Mücke (2.v.r.) bespricht mit Drehbuchautor und Regisseur Tom Bohn (M.) die nächste Szene der Verfolgungsjagd

Noch zwanzig Sekunden bis zum Dreh. Friedrich Mücke zieht die Beine an wie ein Sprinter vor dem Start. Als der Ruf "Action" ertönt, rennt er los. Doch die Gestalt vor ihm im grauen Kapuzenpulli ist schnell. Und geschickt. Sie schwingt sich über eine Mauer, springt fünf Meter in die Tiefe und läuft weiter. Mücke gerät auf dem feuchten Rasen ins Rutschen, bremst ab und schaut dem Flüchtenden genervt hinterher.

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v.l: Friedrich Mücke (Darsteller Kriminalhauptkommissar Henry Funck), Alina Levshin (Darstellerin Praktikantin), Benjamin Kramme (Darsteller Kriminaloberkommissar Maik Schaffert)

"Speed" heißt die erste Folge des neuen Erfurter "Tatorts", des zwanzigsten der Reihe, und rasant ist auch das Tempo beim Dreh. Das passt zu den jungen Ermittlern der ARD-Krimireihe. Friedrich Mücke (32) und Benjamin Kramme (31) spielen die Erfurter Kommissare Funck und Schaffert; Alina Levshin (28) hilft ihnen als Praktikantin bei der Arbeit. In ihrem ersten Fall (am 17.11. im Ersten) klären Sie gemeinsam den Mord an einer Studentin auf.

Am zehnten von 21 Drehtagen wird die Szene gefilmt, die vermutlich den neuen "Tatort" eröffnet: Funck und Schaffert haben einen Verdächtigen auf der barocken Zitadelle Petersberg oberhalb der Alterstadt gestellt, doch der Kapuzenmann entkommt. So will es das Drehbuch. Doch auch in Wirklichkeit hätte er keine Chance gehabt, räumt Friedrich Mücke ein, der durch seine Kinofilme mit Matthias Schweighöfer ("Friendship!", "Russendisko") bekannt wurde.

Denn den Mordverdächtigen verkörpert bei der Verfolgungsjagd Stuntprofi Markus Papiernik, 2008 Weltmeister in der Freestyle-Sportart Parkour, bei der es darauf ankommt, möglichst geschickt Hindernisse zu überwinden. Die Idee dazu hatte Produzentin Judith Smeaton, deren Teenagersöhne auf You-Tube Parkourvideos gucken. Sie und ihr Mann Michael wurden vom MDR mit der Produktion beauftragt, nachdem sie sich in einem offenen Wettbewerb gegen 85 Mitbewerber durchgesetzt hatten.

Ihre Wahl fiel auf Erfurt, weil die Stadt nicht nur mit schönen Kulissen lockt, sondern das studentische Milieu auch einen passenden Hintergrund für junge Themen abgibt. Ziel der Ausschreibung, ein Novum in der Geschichte des "Tatorts", war es, "möglichst viele neue, frische Ideen einzuholen", sagt MDR-Redakteurin Meike Götze. Willkommener Nebeneffekt: Der MDR, durch einen Korruptionsskandal beim ebenfalls in Erfurt ansässigen Kinderkanal ins Zwielicht geraten, poliert durch die offene Ausschreibung sein Image auf.

"Der Erfurter 'Tatort' wird ein klassischer Krimi, ganz ohne Ironie", erklärt Friedrich Mücke, der den Münchener "Tatort" schätzt. Und auch Benjamin Kramme, gebürtiger Thüringer, aber in Berlin lebend, ist kein Possenreißer, sondern ein ruhiger Typ: "Ich werde auch weiterhin in Kreuzberg am Sonntag in Jogginghose zum Bäcker gehen."

Aus Thüringen, bislang ein weißer Fleck auf der Landkarte für große Fernsehfilme, kommt mit dem Weimarer "Tatort" noch ein weiterer Krimi: Anders als bei den Erfurtern, die regelmäßig einmal im Jahr auf Verbrecherjagd gehen, ist allerdings noch offen, ob Nora Tschirner und Christian Ulmen öfter oder nur einmalig zu Weihnachten als TV-Event ermitteln.

Rainer Unruh