Sie seien wie Brüder, sagte Regisseur Dominik Graf über die Münchner Kommissare Leitmayr und Batic, als er eine "Tatort"-Folge inszenierte. Tatsächlich haben die Schauspieler Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec den Großteil ihres Berufslebens zusammen verbracht.

Der Bayerische Rundfunk feiert die fruchtbare Zusammenarbeit mit gleich drei Fällen in diesem Herbst: Nach dem 3. Oktober läuft nun am 21.11. der zweite (Tatort: Unsterblich schön, So, 21.11., ARD, 20.15 Uhr), der dritte mit dem Titel "Nie wieder frei sein" am 19.12. Ihn hält Wachtveitl für "das Beste, was wir je gemacht haben". Im TV SPIELFILM-Interview wird deutlich, wie unterschiedlich dieses Brüderpaar doch ist - und dass es sich trotz ernster Unstimmigkeiten seinen Humor bewahrt hat.

TV SPIELFILM: Sie halten es jetzt schon 20 Jahre miteinander aus. Beim Casting sollen Sie sich nicht gemocht haben ...

MIROSLAV NEMEC: Bloß weil wir dachten, wir seien Konkurrenten. Das war unangenehm.

UDO WACHTVEITL: Wir gingen vom damals gültigen Schema aus. Wir waren beide in dem Alter, in dem TV-Kommissare ihre Assistenten hatten. Das war die Krimiprägung, die wir durchlaufen hatten.
Aber nachdem klar war, dass Sie gleichberechtigte Rollen spielen, haben Sie sich gut vertragen?

MIROSLAV NEMEC: Klar. Auch wenn es in 20 Jahren natürlich immer mal wieder rappelt. Wegen Drehbüchern oder bestimmten Szenen.

UDO WACHTVEITL: Wir hatten uns letztes Jahr richtig in den Haaren...

Was war die Ursache?

UDO WACHTVEITL: Ich will nicht ins Detail gehen.

MIROSLAV NEMEC: Wir haben dann geredet, damit sich das wieder einrenkt ...

UDO WACHTVEITL: Aber was passiert ist, ist passiert und lässt sich nicht ungeschehen machen. Das kann man nicht mehr klären.

Dafür sitzen Sie aber hier noch recht friedlich zusammen.

UDO WACHTVEITL: Viele Leute können doch zusammen arbeiten, ohne befreundet zu sein. Manche sind sogar verheiratet und können sich nicht ausstehen.

Aber es besteht Hoffnung für Ihre Freundschaft?

BEIDE: Keine Sorge.

Sind in einem "Tatort" mehr Leitmayr-Szenen, wird dann im nächsten mit mehr Batic-Szenen ausgeglichen?

UDO WACHTVEITL: Gute Frage. Das ist immer Thema, und es führt dazu, dass man um seine Rolle kämpft. Das wird aber oft als sehr konstruktiv empfunden. Aber wir sind natürlich auch nicht so blöd, dass wir Szenen arithmetisch gerecht aufteilen müssen. Es geht ja hier nicht um Mettwurst.

Sie wollten Batic also nicht vergessen machen wie in "Wir sind die Guten" von 2009, wo Batic sein Gedächtnis verliert.

UDO WACHTVEITL: Doch, natürlich. Aber es hat nicht geklappt.

MIROSLAV NEMEC: Ich habe mich ja plötzlich wieder erinnert. Das war von Udo nicht geplant.

Wer von Ihnen hat bei Dreharbeiten den größeren Wohnwagen?

UDO WACHTVEITL: Wir haben einen zusammen.

Wann haben Ihre Eltern zum ersten Mal gesagt: Wir sind stolz auf dich?

UDO WACHTVEITL: Was den Beruf betrifft? Gar nicht. Bei mir war das anders. Ich habe ja schon während der Schulzeit angefangen zu synchronisieren. Da hat man auch als Kind richtiges Geld verdient. Das hat meinen Vater sehr beeindruckt.

MIROSLAV NEMEC: Meine Eltern waren sowieso immer stolz auf mich. Ich kann nicht sagen, dass ich Druck gehabt hätte, sie glücklich zu machen.

Als junger Mann waren Sie Musiker?

MIROSLAV NEMEC: Ja, meine Eltern sind auch zu den Konzerten gekommen. Trotz der Lautstärke.

Apropos Jugend: War schon einmal im Gespräch, den alten Ermittlern eine junge Kollegin zur Seite zu stellen?

MIROSLAV NEMEC: Bis jetzt nicht. Aber wenn der Carlo sich als Frau verkleidet, dann gerne.

UDO WACHTVEITL: Wir haben mit "Der oide Depp" einen unserer besten "Tatorte" der letzten Jahre gemacht. Der hatte ziemlich gute Quoten, obwohl es nur um Ältere ging. Ich glaube nicht, dass für jüngere Leute nur Gleichaltrige interessant sind.

Woran liegt es eigentlich, wenn ein "Tatort" misslingt? Merkt man das nicht schon beim Lesen des Drehbuchs?

UDO WACHTVEITL: Nein, wir hatten schon Bücher, die wir ganz toll fanden, und dann ist doch kein guter Film daraus geworden.

MIROSLAV NEMEC: Und den umgekehrten Fall hatten wir manchmal auch schon.

UDO WACHTVEITL: Ich würde es aber sehr begrüßen, wenn ein Intendant auch mal sagen würde: Nee, ich hab's mir angeschaut, das ist einfach zu schlecht, um es zu senden. Man muss sich mal überlegen, wie vielen Leuten man wertvolle Lebenszeit stiehlt, wenn man einen schlechten "Tatort" sendet.

Können Sie sich erinnern, wann Sie das letzte Mal nervös waren, weil länger kein Rollenangebot mehr kam?

MIROSLAV NEMEC: Ich habe früher oft Existenzängste gehabt. Besonders krass war es, als ich am Münchner Residenztheater nicht verlängert wurde. Es gibt aber auch heute immer wieder Phasen, in denen diese Angst da ist.

UDO WACHTVEITL: Ich habe, seit ich aus der Schule raus bin, nie gewusst, was ich in drei Monaten mache. Aber an anhaltende Zukunftsangst kann ich mich nicht erinnern.

Wenn Sie die Wahl hätten: Wie sähe Ihr Traumausstieg aus dem "Tatort" aus?

MIROSLAV NEMEC: Ende offen lassen.

UDO WACHTVEITL: Genau. Nicht, um eine Rückkehrmöglichkeit zu haben. Ich finde einfach, sterben passt nicht zu uns.

Susanne Sturm