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Das große Tatort-Special - Kolumne

TATORT: PAULINE

Mitleid mit Krimiautor Martin Felser

Was ist nur mit dem Mr.-Stringer-hafte Mitbewohner von Charlotte Lindholm los?

TATORT: PAULINE (ARD, Sonntag, 20.15) Manchmal haben sogar die Verantwortlichen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten Deutschlands auflagenstärkste Sonntagszeitung lieb. Etwa, wenn in Riesen-Titelzeilen verkündet wird, dass der fast Mr.-Stringer-hafte Mitbewohner (höchst platonisch) der schönen Kommissarin aus Hannover ausgerechnet diesen Scharfrichtern des Boulevards sein "Wildes-Drogenleben" gesteht. Das war super für den Sender, weil man an einem Sonntag an keiner Stelle einen werbewirksameren Sendehinweis platzieren kann als auf diesem Titelblatt. Außerdem diente es den Zuschauern, weil sie durch diese Publikation eine Erklärung dafür bekamen, dass der vollkommen weltfremde, tüddelige Krimiautor Martin Felser (Ingo Naujoks) in einer Badehosenszene auf einmal Tätowierungen von der selbstgestochenen Machart hatte, wie man sie gemeinhin von JVA-Insassen und ähnlicher Klientel kennt.

Zum Film selbst: Wieder wurde Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) auf das flache Land gerufen, um dort ein Tötungsdelikt an einer Zwölfjährigen zu klären. Das sah zuerst nach einer Sexualstraftat aus, entpuppte sich dann aber als eine Art Unfall, - mit jeder Menge Kollateralschaden in der Familie des Opfers und im Dorfleben. Aber irgendwie passte der kauzige Krimiautor Martin Felser nicht in diese todtraurige Szenerie. Zudem wird es langsam mitleiderregend, wie die schöne Charlotte sich von dem schönlingshaften Gerichtsmediziner bezirzen lässt und dieser treue, fürsorgliche Mitbewohner nur dafür gut ist, sie im Grippefall mit Wadenwickeln und heißer Zitrone zu versorgen. Da wünschen wir uns aber mal ein Happy End!

Kai Rehländer