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Zwangsprostitution am Ballermann, Zentrum des Drogenhandels: RTL-Reporter Felix Hutt "enttarnt" Mallorca

Felix Hutt
Felix Hutt (Mi.) deckt Kriminalität auf Mallorca auf. RTL

Felix Hutt arbeitete als investigativer Reporter bei "Stern" und "Spiegel". Für seine Arbeit erhielt er 2017 den "European Press Prize". Nun ist er zu RTL gewechselt und präsentiert dort aufwendige Reportagen zu populären Themen. Zum Einstieg enttarnt Hutt die Schattenseiten Mallorcas.

Felix Hutt, geboren 1979, verstärkt das Investigativ-Ressort bei RTL. Mit seiner zweistündigen Auftakt-Reportage "Felix Hutt Investigativ - Mallorca: Rauschgift, Rotlicht, Rocker" (Donnerstag, 1. September, 20.15 Uhr) steigt der ehemalige "Stern"- und "Spiegel"-Journalist in die kriminellen Strukturen Mallorcas hinab. Kann er - und kann "man" - nach Ansicht dieses Films dort überhaupt noch hinfahren?

"Ich bin während der Recherche überall auf Kriminalität und Korruption gestoßen"

teleschau: "Felix Hutt Investigativ" soll eine lose Reihe werden, in der Sie tief in spannende, immer auch ein bisschen populäre Themengebiete einsteigen. Wie lange waren Sie auf Mallorca? Hutt: Rund 40 Tage. Wir sind in den vergangenen Monaten sechsmal nach Mallorca geflogen, haben insgesamt etwa 35 Tage lang gedreht, eine knappe Woche war ich außerdem alleine zur Vor-Recherche dort. Der Sender lässt mir für das Format den kreativen Freiraum, mir die Themen selbst auszusuchen und richtig einzusteigen. Dafür bin ich RTL sehr dankbar. Mein Alleinstellungsmerkmal ist, dass ich populäre Themen so recherchiere und erzähle, dass die Leser und Zuschauer überrascht und unterhalten werden. Während sich viele Kollegen bei "Stern" und "Spiegel" mit Politik und Wirtschaft beschäftigt haben, habe ich zu Kevin Spacey und Daniel Küblböck recherchiert. Ich habe immer probiert, den investigativen Ansatz auf populäre Themen zu übertragen. Insofern passt das mit RTL und mir.

teleschau: Was ist Ihr Antrieb? Hutt: Ich finde es faszinierend, wenn Leute glauben, dass sie über einen Menschen oder ein Thema alles wissen. Ich denke dann nämlich: "Vielleicht ist es ja noch ein bisschen anders, vielleicht gibt es da mehr." Unsere Ausgangsfrage in Bezug auf Mallorca war vor einem Jahr, ob Mallorca, wie wir es kannten, Corona überlebt. Damals war die Lage auf der Insel nach langem Lockdown katastrophal. Die Buchungen waren miserabel, Party-Einrichtungen wie der Megapark geschlossen und verwaist. Es hätte auch ein Abgesang-Film werden können. Doch dann bin ich während der Recherche überall auf Kriminalität und Korruption gestoßen. Parallel ist die Tourismus-Industrie wieder stark angelaufen. Das zusammen ergab einen sehr interessanten Themen-Mix.

 

 

 

"Mallorca ist ein geostrategisch wichtiger Ort für Drogengeschäfte"

teleschau: Sie beschäftigen sich mit Drogenhandel, Bandenkriegen, Prostitution und Korruption auf der Insel. Ist Mallorca unter der Decke des Tourismus-Magneten vor allem ein Ort des Verbrechens? Hutt: Es ist auf jeden Fall ein besonderer Ort. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. 2006 las ich im SZ-Magazin einen Artikel über eine Siedlung in der Nähe des Flughafens von Palma de Mallorca. Da war von einer Buslinie zu lesen, die von Palma dorthin rausfährt und man sich dort nahezu alles an Drogen kaufen kann, was es so gibt. Als ich nun das erste Mal auf Mallorca war, dachte ich ganz naiv, dass dieser Drogen-Bus garantiert schon lange nicht mehr fährt. Aber was ist seitdem passiert: nichts! Es ist alles beim Alten. Der Drogenhandel und das Dorf florieren. teleschau: Weil dort wenig gegen Drogenhandel getan wird? Hutt: Sagen wir es so - die Sogwirkung von Mallorca für Drogengeschäfte ist sehr groß. Dort kommen viele Jachten aus Südamerika an, bevor sie nach Barcelona oder weiter nach Europa fahren. Mallorca ist ein geostrategisch wichtiger Ort für Drogengeschäfte. Es gibt dort viel Publikum aus aller Welt. Es herrscht eine große Lust zu feiern, und was noch dazu kommt: Als der Import von Drogen aus Marokko während der Pandemie nur noch sehr schleppend lief, hat man begonnen, auf der Insel selbst anzubauen. Diese Früchte werden nun ebenfalls geerntet.

Zwangsprostituierte am Ballermann

teleschau: Sie haben auch die Strukturen am Ballermann untersucht. Was haben Sie herausgefunden? Hutt: Da hat uns interessiert, wie der Abend oder die Nacht nach dem Bierchen am Strand und den abendlichen Party-Tempeln weitergeht. Da gibt es ja zum Beispiel die Option Strip-Bar und Table Dance. Ich wollte wissen, wie es den Frauen geht, die diese Touristen nach deren langen Tagen am Ballermann noch umgarnen sollen. Herauskam, dass viele dieser Bars klassische Bordelle sind, in denen auch Zwangsprostituierte arbeiten. Ich will niemandem seinen Urlaub verderben, aber ich finde: Man darf das durchaus wissen, bevor man als Tourist dort tut, was man eben tut. teleschau: Sie sprachen auch mit dem Bürgermeister von Palma. Was hat der Mann über die vielen Deutschen, die in seine Stadt kommen, gesagt? Hutt: Er sagte, dass alle Deutschen herzlich willkommen sind, aber es mit der Bitte verbunden, man solle sich doch so benehmen, wie man sich auch zu Hause benehmen würde. Das finde ich, ist es auch, was mich an unserem Mallorca-Bild ein bisschen stört. Ich saß zuletzt oft im Flugzeug von Deutschland nach Mallorca, und fast immer war es so, dass etwa die Hälfte der Deutschen darin gesittete Leute waren, die ruhig waren und Wanderkarten studierten, während die andere Hälfte eben bereits betrunkene Menschen in Fußball-Trikots waren, die sich sehr auffällig verhielten.

"Wenn man den falschen Leuten auf die Füße tritt, ist es nicht ganz ohne"

teleschau: Können Sie nach der Sendung nicht mehr nach Mallorca reisen, weil Sie sich dort zu viele Feinde gemacht haben? Hutt: Ich kann darüber nicht detailliert sprechen, aber es gibt dort sicher ein paar Leute, die nicht mehr gut auf mich zu sprechen sind. Einer bestimmten Gruppierung von Rockern sollte ich jetzt nicht unbedingt über den Weg laufen. Ich habe keine Angst, aber klar ist auch: Immer, wenn man investigativ recherchiert, deckt man Dinge auf, die vonseiten der Macher dort nicht ans Tageslicht kommen sollten. Das Nachtleben ist oft nicht wirklich klar organisiert oder geregelt. Es gibt Streitereien und Kämpfe dort - das kennt man auch vom Hamburger Kiez St. Pauli. Es ist eine Parallelwelt, in der eigene Gesetze gelten und viel Verschwiegenheit herrscht. Wenn man den falschen Leuten auf die Füße tritt, ist es nicht ganz ohne. teleschau: Ihr Sender RTL hat auch die Serie "Der König von Palma" mit Henning Baum über die Geschichte des Ballermanns gedreht. Hatten Sie mit dem Fiction-Projekt - direkt oder indirekt - zu tun? Hutt: Nein, überhaupt nichts. Es ist reiner Zufall. Wir haben uns weder abgesprochen noch zusammengearbeitet. Die Serie orientiert sich, so weit ich weiß, an historischen Geschichten - während unsere Doku voll in der Gegenwart verankert ist. Wir fangen in den Ausläufern der Pandemie an und schauen, was jetzt gerade auf Mallorca passiert.

teleschau: Wie wird es mit "Felix Hutt Investigativ" weitergehen? Hutt: Es gibt vom Sender keine Vorgabe, wie viele Filme pro Jahr oder in einer gewissen Zeit zu drehen sind. Ich habe parallel zur Mallorca-Produktion auch schon an einer zweiten spannenden Recherche gearbeitet, die wahrscheinlich im Herbst zu sehen sein wird. Aber: Der Film kommt dann, wenn das Thema fertig recherchiert und gedreht ist. Wir wollen wissen, was man herausbekommen kann, wenn man sich wirklich Zeit nimmt und in die Tiefe geht.