"Sie machen mich verlegen", ruft Carmen Nebel (64) von der Bühne. Die Zuschauer toben, katapultieren sich zu stehenden Ovationen von den Sitzen. Der Beifall will einfach nicht enden. Tosender Applaus. Carmen Nebels Augen leuchten, rollt da gar eine Träne vor Rührung. Die 1956 in Grimma geborene Moderatorin wurde vor vielen Jahren bei einem Talentwettbewerb auf dem Berliner Alexanderplatz entdeckt. Diese TV-Szenen sind das Ziel aller Sehnsüchte. Blöd nur, dass die Bilder lediglich dem Trailer zur letzten Ausgabe von "Willkommen bei Carmen Nebel" entstammen. Denn bei Nebels Live-Goodbye aus Berlin gibt es natürlich wegen Corona gar kein Publikum im Saal.
"Ich habe noch mal richtig groß eingeladen", verspricht Nebel im schwarzen Traueranzug. Mit dabei sind ihre Dauergäste aus den 82 Shows der vergangenen 18 Jahre. Im Sicherheitsabstand klatschen sie der Gastgeberin Beifall: Howard Carpendale, Marianne Rosenberg, Nik P.,Andreas Gabalier und Beatrice Egli. Natürlich auch der ewige Andy Borg, Angelika Milster,Maite Kelly, Rolando Villazón und der unvermeidliche Sascha Grammel mit Schildkröte Josie. Nebel meint: "Ich habe das erste Mal tatsächlich echte Taschen im Anzug. Vielleicht brauche ich ein Taschentuch." Bei der letzten "Willkommens"-Show schwingt Wehmut mit. Vor allem bei der Gastgeberin.
Andy Borg war in 18 Jahren 17-mal bei Carmen Nebel. Er singt von roter Sonne, Meer und Strand. Ein Lied wie aus einer anderen Epoche. "Es war wie früher", jubelt Nebel und gesteht kurz danach Beatrice Egli, die erstmals 2013 in der Sendung war: "Ich habe deine Mutter mal gefragt, ob ich dich ab und zu haben kann. Ich mag dich wirklich." Die Schweizerin ist angesichts des Geständnisses gerührt und hat eine Schokolade in Herzform dabei, auf der ein Foto mit einer Umarmung von Sängerin und Moderatorin klebt. Dann kommt noch ein viel größeres Geständnis. Nebel erklärt: "Mich hat mein Name im Titel ´Willkommen bei Carmen Nebel‘ immer gestört. Ich wollte das gar nicht!"
Carmen Nebel hat Sängerin Angelika Milster auch mal die Schönheit ruiniert. Die beiden Damen saßen auf der Bühne. Die Moderatorin interviewte die Sängerin. Da entdeckte Nebel einen Fussel an der Wimper des Gegenübers. Sie steht auf, zieht an der Fluse und reißt Angelika Milster die komplette Wimper ab. "Wir haben beide sehr gelacht", erklärt Nebel. Die beiden Damen gestehen auch, über Männer in weißen Socken zu lästern und gemeinsam an der Bar zu versumpfen. Das größte Kompliment des Abends kommt von Eisprinzessin und Olympiasiegerin Katarina Witt: "Du hast als charmante, witzige und bodenständige Frau deinen Mann in einer rauen Branche gestanden. Du kannst so, so stolz sein!"
Roland Kaiser kommt. Vor über zehn Jahren und nach schwerer Krankheit hatte er sein Comeback bei Carmen Nebel gegeben. "Du hast dem Samstag 18 Jahre lang Würde und Respekt gegeben. Dafür mein großer Dank." Schöner als der Kaiser kann man es nicht sagen. 2005 wurde die Show sogar mal kurz vor 22 Uhr vom Sender genommen. Aber nur für den Abend. Papst Johannes Paul II. war gestorben. "Wir hatten dem Publikum nicht gesagt, dass es nicht mehr live ist", gesteht Nebel. Der Rest der Sendung wurde nie gesendet. Das Duo mit Paul Anka blieb deshalb unter Verschluss. Nebel erklärt: "Ich war damals unter Schock und hatte vergessen, dass ich gar nicht singen kann."
Andrea Berg kann singen und dabei laufen ihr ganze Bäche von Tränen die Wangen herunter. Carmen Nebel weint gleich mit. "Ich habe mir gedacht, wenn du heulst, kann ich das schon lange", sagt Berg. Anschließend teilen sich die Damen die Taschentücher. "Wir müssen nicht traurig sein, weil ein bisschen bleibe ich ja auch", meint Nebel. So ganz geht sie tatsächlich nicht. Das ZDF hat Nebels Vertrag vorzeitig bis Ende 2023 verlängert, damit diese weiterhin ihre Spendengala in der Vorweihnachtszeit und ihre Heiligabend-Show moderieren kann. "Das war die schönste Show meines Lebens", sagt Carmen Nebel noch. Bis bald, Carmen!
Der "Willkommen bei Carmen Nebel": Tränenreicher Abschied nach 18 Jahren wird veröffentlicht von BUNTE.de.