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TV-Kritik

Liebe Coaches, es geht nicht um euch: Die Bilanz von Voice of Germany

Liebe Coaches, es geht nicht um euch: Die Bilanz von Voice of Germany
Die Coaches: Yvonne Catterfeld, Michi Beck, Samu Haber, Smudo und Andreas Bourani (v.l. Bild: Getty Images)

Schade um die tollen Talente: Auf die ermüdende Selbstdarstellung der Coaches und das emotionalisierte Herunterbeten von Superlativen können wir verzichten.

"Das sind sie, die Superhelden von ,The Voice of Germany'", so Moderator Thore Schölermann in den Anfangsminuten der gestrigen Finalshow. Und wen meinte er damit? Etwa die vier Finalisten, die vom Typ und vom Stil her die ganze Bandbreite der Staffel exzellent abbildeten?

Leider nein. Dann wenigstens die Riege an Topstars von Alicia Keys bis OneRepublic, die mit den Kandidaten performten? Nein. Er meinte tatsächlich die Coaches.

Als "The Voice" 2011 startete, war die Begeisterung groß. Ein Art Anti-"Deutschland sucht den Superstar" - ohne Freaks, ohne Demütigungen, nur mit echten Talenten. Eben Musik statt Mätzchen. Und heute? Macht die Show immer noch Spaß, aber der Nervfaktor steigt.

Dass fängt schon in den Blind Auditions an, in denen man den Coaches am liebsten zurufen würde: Hey, das ist nicht eure Show! Wie die fünf Juroren um die Kandidaten kämpfen, hat oft etwas Lächerliches. Wie sie betteln, wie sie um die Stühle pirschen, wie sie sich gegenseitig hochpushen, wie sie ankündigen "Jetzt wird der Kampf der Coaches noch 'ne Nummer krasser", wirkt mittlerweile null authentisch. Und dass sie Kandidaten, die es nicht in eines der Teams schaffen, nicht eines Blickes würdigen, ist respektlos.

Dass sämtliche Teilnehmer hervorragende Musiker sind, wird spätestens in den anschließenden Battles zum Manko, wenn nicht mehr die Coaches gegeneinander, sondern die Kandidaten innerhalb der Teams untereinander konkurrieren. Denn dann beginnt die ganz große Lobhudelei. "Grandios", "unglaublich", "Hammer" und immer wieder "unfassbar" - so die austauschbaren Verbalausbrüche der Coaches.

Natürlich sind alle Kandidaten top, aber etwas Differenzierung darf man von Profimusikern dann doch erwarten. Das eigentliche Problem bringt Juror Michi Beck auf den Punkt: "Man hat ja alle seine Kinder gleich lieb." Und was wäre man für ein Rabenvater, wenn man all ihnen nicht die gleiche Liebe zukommen lassen würde?

Mittlerweile ertrage ich "The Voice" nur noch als Aufzeichnung: Die Performances sehe ich mir an, und wenn die Coaches ihren Senf dazu geben, spule ich vor. Dass die Kandidaten erstklassig abliefern, höre ich selber. Und wie sie in den Wochen bei "The Voice" gereift sind, ist wirklich - nun ja - unfassbar. Ich genieße einfach die Musik. Auf die ermüdende Selbstdarstellung der Coaches und das emotionalisierte Herunterbeten von Superlativen in allen Variationen kann ich verzichten.
Autor: Peter Roether