.
Erschienen durch Kooperation mit

Tolga Seker

"Auf Streife"-Darsteller arbeitet wieder als Sanitäter

Tolga Seker/Joshua Navarra

Tolga Seker kennt man aus den RTL-Erfolgssoaps "Auf Streife" und "Blaulichtreport". Wegen der Corona-Pandemie bleiben bei dem Darsteller nun allerdings die Buchungen aus, Unterstützung erhält er keine. Seker arbeitet wieder als Rettungssanitäter.

Herr Seker, man kennt Sie aus den  RTL-Erfolgssoaps "Auf Streife" und "Blaulichtreport". Wie ist Ihre derzeitige Situation, wie geht es Ihnen privat und beruflich?

Tolga Seker: Den Umständen entsprechend geht es ganz gut. Die Pandemie macht einem natürlich auch mental zu schaffen. Die Menschen brauchen ein bisschen Nähe, Gesellschaft, wenn das alles eingeschränkt wird, ist das auch nicht unbedingt förderlich für die Psyche. Aber das steckt allen in den Knochen. Gerade musste ich meinen Geburtstag allein feiern. Man muss sich natürlich an die Regeln halten und die Gesundheit geht vor - dennoch macht es traurig.

Beruflich ist es eine schwierige Situation. Die Buchungen bleiben aus, es wird weniger gedreht, ich habe vor Kurzem eine Anfrage bekommen, doch die wurde dann doch wieder zurückgezogen. Es geht einem viel Geld flöten in einer Situation, in der man jeden Cent brauchen kann. 

Von 2013 bis 2015 haben Sie als Sanitäter gearbeitet, danach folgten zwei Jahre als Darsteller bei "RTL-Blaulichtreport", von 2017 bis 2020 waren Sie in "Auf Streife" auf RTL zu sehen.  Seit der Corona-Pandemie arbeiten Sie wieder ausschließlich als Sanitäter. Wie kam es dazu?   

Seker: Wegen der geringeren Buchungen habe ich selbst entschieden auszusteigen. Die Produktionsfirma trifft keine Schuld, sie muss wegen der Corona-Pandemie und der Hygienemaßnahmen in kleineren Teams drehen, was ich durchaus nachvollziehen kann. Das Problem ist, dass die Einnahmen fehlen. Ich bin kein gelernter Schauspieler, sondern als Quereinsteiger reingekommen, da ist es schwer vom Amt Geld zu beantragen, um über die Runden zu kommen. Ein Format wie "Auf Streife" wird nicht anerkannt, obwohl es Millionen Zuschauer hat.

Viele Bereiche wurden mit finanzieller Unterstützung bedacht, aber Berufszweige wie Darsteller, die immer wieder gebucht werden, werden nicht berücksichtigt. Dazu kommt, dass ich Rettungssanitäter bin und weiß, dass mit einer Pandemie nicht zu spaßen ist. Zwischen den Lockdowns habe ich dann entschieden, in meinen alten Beruf zurückzukehren. Zum Glück habe ich ein Unternehmen gefunden, das mich als Rettungssanitäter genommen hat, ich weiß nicht, was ich sonst getan hätte, es war kurz vor der Privatinsolvenz.

"Auf Streife"-Darsteller Tolga Seker: "Am Anfang war der Beifall sehr groß ..."

Wie nehmen Sie Ihre Arbeit als Rettungssanitäter in der Corona-Pandemie wahr?  

Seker: Wir sind natürlich extremen Belastungen ausgesetzt, die nicht ohne sind. Allein schon den ganzen Tag Schutzkleidung zu tragen, ist sehr anstrengend. Am Anfang war der Beifall sehr groß, man hat sich gefreut, dass es Menschen gibt, die in der vorderen Reihe stehen. Aber das ist alles abgeflaut, es gab auch keine Anerkennung etwa in Form einer Corona-Prämie, das demotiviert einen natürlich auch. Klar, es ist meine Aufgabe anderen Menschen zu helfen, aber man würde sich auch über Anerkennung freuen. Ich habe bis heute von der Regierung keinen einzigen Cent bekommen. Ich erlebe mit meinen 31 Jahren zum ersten Mal eine Pandemie. Dementsprechend ist diese Situation völlig neu und besonders. Die Unterstützung fehlt aber in vielerlei Hinsicht. Wenn ich die Politik jedesmal höre, wie wichtig doch Krankenschwestern und Sanitäter sind, dann könnte ich kotzen. Wie sagt man so schön in Köln: alles Schwadlappen.

Was erleben Sie während Ihrer Arbeit, wie begegnen Ihnen die Menschen?

Seker: Man stößt öfter auf Missverständnis oder Gleichgültigkeit. Manchen Menschen geht diese  Pandemie so was von am A... vorbei, ich weiß nicht, woher die ihre Bildung haben, wir sind seit einem Jahr in einem Ausnahmezustand, man muss dann auch ein bisschen den Menschenverstand einschalten. Wenn jemand in diesen Zeiten Partys veranstaltet, da fehlt mir jedes Verständnis. Ich glaube, diese Menschen denken einfach nur an sich, völlig unverantwortlich. 

Tolga Seker: "Nach der Pandemie eine eigene Serie"

Wie sehen Sie Ihre Zukunftsaussichten?

Seker: Ich denke, wir befinden uns noch auf einer langen Strecke. Solange die Impfungen nicht schneller vorwärtsgehen, ist es schwierig. Aktuell drehe ich nichts beziehungsweise deutlich weniger als in den Jahren zuvor. In erster Linie weil die Buchungen weniger geworden sind, aber auch um mich selbst zu schützen. Vor einem Jahr hätte ich noch unter bestimmten Voraussetzungen gedreht. Nun ist die Pandemie deutlich fortgeschritten und dementsprechend ist es wichtig vernünftig und umsichtig mit diesem Thema umzugehen. Aber ich bin gerade dabei, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen und möchte nach der Pandemie loslegen und eine eigene Serie auf die Beine stellen. Letztes Jahr habe ich bei größeren Projekten wie Soko Köln oder Tatort Köln mitgespielt. Da freue ich mich schon darauf, wenn es veröffentlicht wird.

Was würden Sie sich von der Politik wünschen?

Seker: Dass die Politiker ehrlicher mit uns umzugehen, dass sie den Standpunkt klar und deutlich aussprechen, und dass sie eine klare Linie fahren. Diese wöchentlichen Änderungen verwirren inzwischen die Menschen und niemand weiß mehr, was erlaubt und was verboten ist. Hinzu kommen die widersprüchlichen Regelungen im Bezug auf Kontakte. Das alles erleichtert unsere Situation nicht. Ganz im Gegenteil.

Der Artikel "Auf Streife"-Darsteller arbeitet wieder als Sanitäter wird veröffentlicht von FOCUS online.