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Tatort-Kritik: An diesem Stuttgarter Fall werden sich die Geister scheiden

Felix Klare in Tatort: Hüter der Schwelle
Für Bootz (Felix Klare) geht der Fall an die Substanz Sender

Durchgeknallt, kunstvoll und intensiv körperlich: Der Psychokrimi "Tatort: Hüter der Schwelle" mit dem Stuttgarter Ermittlerteam um Hexerei, Rituale und Besessenheit ist ein ziemlich kühner, auch empfindsamer Film-Trip.

Vor drei Tagen wurde Marcel Richter von seiner Mutter Heide (Victoria Trauttmansdorff) als vermisst gemeldet. Nun wird seine Leiche obduziert. Vieles deutet für Bootz (Felix Klare) und Lannert (Richy Müller) auf einen Ritualmord hin.

Am Tatort, einem Hochplateau vor den Toren Stuttgarts, lag der Student nackt mit durchtrennter Halsschlagader auf der Erde – umringt von einem magischen Kreis! Marcels Kommilitonin Diana Jäger (Saskia Rosendahl), von der Bootz fasziniert ist, will ihn mal mit einem "komischen Typen" gesehen haben. Könnte es sich dabei um den Privatgelehrten und Magier Emil Luxinger (André M. Hennicke) handeln, dessen Adresse die Kommissare bei Marcel gefunden haben?

"Hüter der Schwelle" ist sicher kein "Tatort" für das ganz große Publikum, eher einer, an dem sich die Geister scheiden! Vielen wird der Hokuspokus eine Nummer zu abgedreht sein, doch Regisseur Piotr J. Lewandowski denkt seinen Fernsehkrimi ganz konsequent aus einem ambitionierten Kino-Gestus heraus. Vom überlappenden Tonschnitt, kunstvollen Lichtsetzungen bis zu einer komplex montierten, rauschhaften Szene, die Bootz zwischen Sex, Fight-Club-Nahkampf und Transzendenz taumeln lässt, überzeugt hier großes gestalterisches Können.

Regisseur Piotr J. Lewandowski: Der sensible Blick eines Malers

Foto: Sender, Der mysteriöse Luxinger

Die starke, impressionistische Bildsprache, die Regisseur Piotr J. Lewandowski für diesen "Tatort" wählt, kommt nicht von ungefähr: Der in Warschau geborene Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg denkt Bilder aus der Sensibilität eines Malers und sucht nach inhaltlich ausbalancierten Einstellungen.

Wie z. B. auch in seinem vielfach ausgezeichnetem Kino-Langfilmdebüt "Jonathan" von 2016, ein Coming-of- Age- und Sterbedrama mit Jannis Niewöhner und André M. Hennicke. Oft sind es nur kurze Augenblicke, die den Unterschied machen: In beiden Arbeiten gibt es Nahaufnahmen von Insekten. Ein Mikrokosmos quasi, der auch für den Kreislauf den Lebens steht. Der nächste Film ist schon abgedreht: "König der Raben" ist ein Liebesdrama für Arte/SWR.