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Tatort-Check: Zombies in Niedersachsen

Tatort: Böser Boden, Franziska Weisz, Wotan Wilke Möhring
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Im Tatort: Böser Boden lassen Rückstände aus der Erdgasförderung die Bewohner eines Dorfs krank und apathisch werden. Realistisch?

Mittels Fracking kann man tief in der Erde verborgene Gas- und Ölvorkommen bergen. Dazu wird ein Wasser-Chemikalien-Gemisch unter hohem Druck in den Boden gepresst. Im "Tatort: Böser Boden" mit Wotan Wilke Möhring und Franziska Weisz gerät diese Brühe in das Grundwasser, die Anwohner der Bohrstelle bekommen davon eklige Haut, verlieren den Verstand - und laufen als stumpf-aggressiver Zombiemob durch die Gegend. Quatsch, klar. Aber welche Folgen kann die umstrittene Fördermethode wirklich haben?

"Die Wahrnehmungen und Meinungen gehen extrem weit auseinander", sagt Drehbuch­autor Georg Lippert. "Im niedersächsischen Rotenburg schlagen die Ärzte Alarm, weil sich Krebserkrankungen häufen. Bürger­initiativen vor Ort machen die Entsorgung der Lagerstätten­gewässer dafür verantwortlich." Betroffen sind dort vor allem ­ältere Männer, die zu 30 Prozent häufiger an Blutkrebs erkranken als in einer Vergleichsregion. "Gleichzeitig zeichnen Industrie und Politik ein ganz anderes Bild der Lage. Aus ihrer Perspektive ist alles vollkommen risikofrei", sagt Lippert, räumt allerdings ein, dass seit Anfang 2017 strenge Auflagen für Fracking in Deutschland herrschen.
Foto: NDR
Ob die Bewohner des Dorfs tatsächlich aufgrund der Chemikalien verrückt werden oder ob sie der Gedanke, vergiftet worden zu sein, in den Wahnsinn treibt, lassen Lippert und sein Co-Autor Marvin Kren ­(Regisseur der hochgelobten Serie "4 Blocks") bewusst offen. Sie sind damit nah an der ursprünglichen Zombielegende. Die Verwandlung in einen Un­toten war auf Haiti eine Art Höchststrafe für Vergehen gegen die Gemeinschaft. In der ersten Stufe wurde der Delinquent öffentlich für tot erklärt. Niemand reagierte mehr auf ihn. Ein unbemerkt verabreichtes Gift (Tetrodotoxin vom Kugelfisch) versetzte den Verurteilten schließlich in einen todesähn­lichen Zustand. Nachdem er wieder aufgeweckt worden war, wurde ihm mit Drogen und Schlägen der Totenstatus eingebläut, und er musste als Zombie fortan Sklavenarbeit verrichten.

Mit genug Angst und sozialem Druck kann man sich in vieles hineinsteigern. Marvin Kren weiß das. Und ist ausgewiesener Zombieliebhaber. Sein Debütfilm "Rammbock" erzählte von einer Untoten-Epidemie in Berlin. "Was ich persönlich an Zombies liebe, ist die pure Triebsteuerung. Das Es übernimmt das Ich. In unserem Fall ist es die Angst der Menschen vor der Vergiftung, ihre Angst vor dem Tod, die sie in unkontrollierbare und abgestumpfte Lebewesen verwandelt."