Die Anfangsjahre des Awards waren von den rasanten technischen Veränderungen des damals noch jungen Mediums geprägt. Heute sind publizistische Formate im Netz deutlich klarer definiert. Doch zu oft orientieren sich Online-Medien an Page Impressions anstatt an journalistischen Grundsätzen. Boulevardeske Inhalte werden statt tiefer Analyse prominent platziert, jedes Thema mit einer Klickstrecke garniert - das ist weder inhaltsreich noch benutzerfreundlich."
Das Online-Angebot der Wochenzeitung "DIE ZEIT", in der Kategorie SPEZIAL nominiert, sticht seit dem Relaunch im September 2009 aus der Masse der Nachrichtenangebote im Netz heraus. Auf der klar und unaufgeregt strukturierten Site steht der Nachrichten-Hintergrund im Vordergrund; die Debattenkultur der Wochenzeitung wird vorbildlich und erfolgreich im Netz umgesetzt, der Leser aktiv eingebunden.
Vorbildlich in der Nutzung der Möglichkeiten des Netzes ist auch das Projekt "Little Berlin - Ein Dorf deutscher Geschichte" von Absolventen der Axel Springer Akademie. Der Journalistennachwuchs - weitaus besser als sein Ruf - wagt das journalistische Experiment mit dem interaktiven und multimedialen Medium, setzt unterschiedlichste Netzformate solide um und stellt die deutsche Wiedervereinigung im Mikrokosmos des Dorfes Mödlareuth beispielhaft dar.
Der Boom des Social Web war in diesem Jahr auch in den eingereichten Vorschlägen sichtbar: Webangebote sind heute fast durchgehend bemüht, über soziale Netzwerke neue Nutzergruppen zu erschließen, Inhalte zu verbreiten und die Kommunikation der Nutzer zu bündeln. Ein weiterer Trend der vergangenen Jahre hält nun Einzug in den Wettbewerb: mit "TINY TALES - Micro Fiction auf Twitter" wird zum ersten Mal ein Twitter-Stream für den Grimme Online Award nominiert. Inspiriert von Tagesgeschehen, Film und Fernsehen erzählt Florian Meimberg in weniger als 140 Zeichen Thriller, Tragödien und Komödien, erweitert das Potential dieser kommunikativen Kleinstform und schöpft die literarischen Möglichkeiten der Zeichenbeschränkung in neuer Weise kreativ aus.
Im globalen Medium Internet ist nicht zuletzt das Angebot an lokalen Blogs und regionalisierten Angeboten mittlerweile groß. Lokalblogs haben ihren Platz in der Medienlandschaft gefunden: Oft schließen sie die Lücken in der Berichterstattung der vorhandenen (Monopol-)Medien. Nicht immer gelingt ihnen dabei allerdings der journalistische Schritt vom Leitartikel zur gleichfalls notwendigen Übermittlung von relevanten Nachrichten. Eine solide Berichterstattung hingegen gelingt den Machern von "FuPa", einem Fußballportal für Passau. Sie stellen die Ereignisse und Ergebnisse in allen Fußballligen in Passau und Umgebung umfassend dar - ein Angebot, das andere Medien vor Ort so nicht bieten.
Wie erlebt ein Lokaljournalist seine Stadt? Thomas Trappe schreibt in seinem Blog über Leben und Arbeit im sächsischen Riesa und beschreibt - auch für Nicht-Riesaner mit Erkenntnisgewinn - ein immer wieder fremd wirkendes Deutschland. Den subjektiven Blick auf die Fremde ermöglicht uns auch André Marty: Der Korrespondent des Schweizer Fernsehens bereichert seine Berichterstattung über Israel und den Nahen Osten mit überraschenden, genau beobachteten Alltagsmomenten und liefert Hintergründe zum Spannungsfeld von Politik, Kultur und einer merkwürdig fremd-nahen Lebenswelt. Ebenfalls neu ist der Blick von Alexander Görsdorf auf die Welt: Der Autor von "Not quite like Beethoven" schreibt - keinesfalls nur für einen engen Kreis von Betroffenen - über das Leben als Hörgeschädigter und Träger einer Hörprothese.
Das Internet hat auch 2010 noch nicht zur Abschaffung von Buch, Film und Fernsehen geführt. Es ist aber ein wichtiger Resonanzraum der klassischen Medien, in dem sie unabhängig, kompetent und ausführlich kommentiert werden. So beschäftigen sich die Autoren des "TITEL Kulturmagazin" kenntnisreich mit Literatur und Poesie. Klassische Printformate werden hier überzeugend im Netz neu erschlossen, die Form ist nicht flüchtig oder aufgeregt, sondern strukturiert. "Der Umblätterer - In der Halbwelt des Feuilletons" eröffnet einen anderen Blick auf das deutsche Feuilleton: resümierend, eigenwillig und mit großer Freude an der Spielerei. "Der Umblätterer" beweist: Das Internet dringt nicht nur als Thema ins ehrwürdige Zeitungsfeuilleton vor, sondern dieses ist auch selbst internetfähig. "retro-tv" liefert sympathisch gestaltete Rückblicke auf das Fernsehprogramm im Wandel der Zeit; "Fernsehkritik-TV" setzt sich investigativ, frech, kritisch und mit großem Aufwand mit aktuellen Fernsehinhalten auseinander.
Auch die Blogtrends Mode und Kochen sind in diesem Jahr im Wettbewerb präsent: Erfrischend anders als der gemeinhin global glattdesignte Streetstyle-Look der Modeblogs sind die Menschen, die Kostümbildnerin Sandra Smilla Dankert aus Köln in schönen Fotos und mit wenigen Worten auf "anders-anziehen" porträtiert. Hier entsteht über Generationen hinweg ein neuer Raum des Modedialogs. Einen neuen Zugang zu vermeintlich Bekanntem ermöglicht auch "NutriCulinary", das Blog des Kochs und Autors Stevan Paul. Das Angebot ist mehr als nur eine Rezeptsammlung: Jedes Rezept hat bei ihm eine eigene Geschichte; außerdem setzt er sich mit dem Thema Essen und Esskultur in allen Facetten auseinander, er kritisiert Kochbücher und Foodmagazine ebenso wie Restaurants.
Schließlich sind mit "Das Rätsel Frau. Geheimnisse in den Bildern Botticellis", "Zeit der Entscheidung - Die Soap deiner Wahl", "Das Wunder von Leipzig", der "WDR Klangkiste" und "Ein Jahr auf dem Bauernhof" gleich fünf flashbasierte Webspecials unter den Nominierten, die für Wissensvermittlung in überzeugend frischer Weise stehen. Hier zeigt sich, dass diese Technik nach wie vor für in sich geschlossene Angebote, die komplexe Inhalte schrittweise und spielerisch vermitteln wollen, gut geeignet ist. Drei dieser Angebote sind an Kinder und Jugendliche gerichtet: "Ein Jahr auf dem Bauernhof" und die "WDR Klangkiste" eröffnen Schulkindern Spiel- und Informationswelten, während die Wahl-Video-Soap "Zeit der Entscheidung" Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf amüsante Weise zeigt, wie sich Politik auf den Alltag auswirkt.
In ihrer Gesamtheit demonstrieren die Nominierten im Jubiläumsjahr des Grimme Online Award die Vielseitigkeit des Internet: Es ist Wissensarchiv, Kulturmedium, ein Ort, an dem Einzelpersonen ohne großes Budget zu Publizisten werden können. Die Technik ist heute zweitrangig geworden. Wie schon in den Vorjahren, so war auch 2010 keine sprunghafte Entwicklung zu beobachten. An die Stelle der großen Durchbrüche ist die Feinarbeit mit den vorhandenen Instrumenten getreten: In vielen Bereichen haben die Angebote weiter an publizistischer Reife gewonnen. Immer deutlicher kristallisiert sich heraus, was das Internet für ein breites Publikum und die Gesellschaft leisten kann.
Das Online-Angebot der Wochenzeitung "DIE ZEIT", in der Kategorie SPEZIAL nominiert, sticht seit dem Relaunch im September 2009 aus der Masse der Nachrichtenangebote im Netz heraus. Auf der klar und unaufgeregt strukturierten Site steht der Nachrichten-Hintergrund im Vordergrund; die Debattenkultur der Wochenzeitung wird vorbildlich und erfolgreich im Netz umgesetzt, der Leser aktiv eingebunden.
Vorbildlich in der Nutzung der Möglichkeiten des Netzes ist auch das Projekt "Little Berlin - Ein Dorf deutscher Geschichte" von Absolventen der Axel Springer Akademie. Der Journalistennachwuchs - weitaus besser als sein Ruf - wagt das journalistische Experiment mit dem interaktiven und multimedialen Medium, setzt unterschiedlichste Netzformate solide um und stellt die deutsche Wiedervereinigung im Mikrokosmos des Dorfes Mödlareuth beispielhaft dar.
Der Boom des Social Web war in diesem Jahr auch in den eingereichten Vorschlägen sichtbar: Webangebote sind heute fast durchgehend bemüht, über soziale Netzwerke neue Nutzergruppen zu erschließen, Inhalte zu verbreiten und die Kommunikation der Nutzer zu bündeln. Ein weiterer Trend der vergangenen Jahre hält nun Einzug in den Wettbewerb: mit "TINY TALES - Micro Fiction auf Twitter" wird zum ersten Mal ein Twitter-Stream für den Grimme Online Award nominiert. Inspiriert von Tagesgeschehen, Film und Fernsehen erzählt Florian Meimberg in weniger als 140 Zeichen Thriller, Tragödien und Komödien, erweitert das Potential dieser kommunikativen Kleinstform und schöpft die literarischen Möglichkeiten der Zeichenbeschränkung in neuer Weise kreativ aus.
Im globalen Medium Internet ist nicht zuletzt das Angebot an lokalen Blogs und regionalisierten Angeboten mittlerweile groß. Lokalblogs haben ihren Platz in der Medienlandschaft gefunden: Oft schließen sie die Lücken in der Berichterstattung der vorhandenen (Monopol-)Medien. Nicht immer gelingt ihnen dabei allerdings der journalistische Schritt vom Leitartikel zur gleichfalls notwendigen Übermittlung von relevanten Nachrichten. Eine solide Berichterstattung hingegen gelingt den Machern von "FuPa", einem Fußballportal für Passau. Sie stellen die Ereignisse und Ergebnisse in allen Fußballligen in Passau und Umgebung umfassend dar - ein Angebot, das andere Medien vor Ort so nicht bieten.
Wie erlebt ein Lokaljournalist seine Stadt? Thomas Trappe schreibt in seinem Blog über Leben und Arbeit im sächsischen Riesa und beschreibt - auch für Nicht-Riesaner mit Erkenntnisgewinn - ein immer wieder fremd wirkendes Deutschland. Den subjektiven Blick auf die Fremde ermöglicht uns auch André Marty: Der Korrespondent des Schweizer Fernsehens bereichert seine Berichterstattung über Israel und den Nahen Osten mit überraschenden, genau beobachteten Alltagsmomenten und liefert Hintergründe zum Spannungsfeld von Politik, Kultur und einer merkwürdig fremd-nahen Lebenswelt. Ebenfalls neu ist der Blick von Alexander Görsdorf auf die Welt: Der Autor von "Not quite like Beethoven" schreibt - keinesfalls nur für einen engen Kreis von Betroffenen - über das Leben als Hörgeschädigter und Träger einer Hörprothese.
Das Internet hat auch 2010 noch nicht zur Abschaffung von Buch, Film und Fernsehen geführt. Es ist aber ein wichtiger Resonanzraum der klassischen Medien, in dem sie unabhängig, kompetent und ausführlich kommentiert werden. So beschäftigen sich die Autoren des "TITEL Kulturmagazin" kenntnisreich mit Literatur und Poesie. Klassische Printformate werden hier überzeugend im Netz neu erschlossen, die Form ist nicht flüchtig oder aufgeregt, sondern strukturiert. "Der Umblätterer - In der Halbwelt des Feuilletons" eröffnet einen anderen Blick auf das deutsche Feuilleton: resümierend, eigenwillig und mit großer Freude an der Spielerei. "Der Umblätterer" beweist: Das Internet dringt nicht nur als Thema ins ehrwürdige Zeitungsfeuilleton vor, sondern dieses ist auch selbst internetfähig. "retro-tv" liefert sympathisch gestaltete Rückblicke auf das Fernsehprogramm im Wandel der Zeit; "Fernsehkritik-TV" setzt sich investigativ, frech, kritisch und mit großem Aufwand mit aktuellen Fernsehinhalten auseinander.
Auch die Blogtrends Mode und Kochen sind in diesem Jahr im Wettbewerb präsent: Erfrischend anders als der gemeinhin global glattdesignte Streetstyle-Look der Modeblogs sind die Menschen, die Kostümbildnerin Sandra Smilla Dankert aus Köln in schönen Fotos und mit wenigen Worten auf "anders-anziehen" porträtiert. Hier entsteht über Generationen hinweg ein neuer Raum des Modedialogs. Einen neuen Zugang zu vermeintlich Bekanntem ermöglicht auch "NutriCulinary", das Blog des Kochs und Autors Stevan Paul. Das Angebot ist mehr als nur eine Rezeptsammlung: Jedes Rezept hat bei ihm eine eigene Geschichte; außerdem setzt er sich mit dem Thema Essen und Esskultur in allen Facetten auseinander, er kritisiert Kochbücher und Foodmagazine ebenso wie Restaurants.
Schließlich sind mit "Das Rätsel Frau. Geheimnisse in den Bildern Botticellis", "Zeit der Entscheidung - Die Soap deiner Wahl", "Das Wunder von Leipzig", der "WDR Klangkiste" und "Ein Jahr auf dem Bauernhof" gleich fünf flashbasierte Webspecials unter den Nominierten, die für Wissensvermittlung in überzeugend frischer Weise stehen. Hier zeigt sich, dass diese Technik nach wie vor für in sich geschlossene Angebote, die komplexe Inhalte schrittweise und spielerisch vermitteln wollen, gut geeignet ist. Drei dieser Angebote sind an Kinder und Jugendliche gerichtet: "Ein Jahr auf dem Bauernhof" und die "WDR Klangkiste" eröffnen Schulkindern Spiel- und Informationswelten, während die Wahl-Video-Soap "Zeit der Entscheidung" Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf amüsante Weise zeigt, wie sich Politik auf den Alltag auswirkt.
In ihrer Gesamtheit demonstrieren die Nominierten im Jubiläumsjahr des Grimme Online Award die Vielseitigkeit des Internet: Es ist Wissensarchiv, Kulturmedium, ein Ort, an dem Einzelpersonen ohne großes Budget zu Publizisten werden können. Die Technik ist heute zweitrangig geworden. Wie schon in den Vorjahren, so war auch 2010 keine sprunghafte Entwicklung zu beobachten. An die Stelle der großen Durchbrüche ist die Feinarbeit mit den vorhandenen Instrumenten getreten: In vielen Bereichen haben die Angebote weiter an publizistischer Reife gewonnen. Immer deutlicher kristallisiert sich heraus, was das Internet für ein breites Publikum und die Gesellschaft leisten kann.