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Star-Koch Tim Raue bringt Kölner Chaos-Wirt zum Weinen und bleibt hart: "Der Finger bleibt in der Wunde"

Mit seiner chaotisch verpeilten Art treibt Jörg (links), der Inhaber im Hollwigger Bistrorant in Köln, Sternekoch Tim Raue fast in den Wahnsinn.
Mit seiner chaotisch verpeilten Art treibt Jörg (links), der Inhaber im ""Hollwigger Bistrorant" in Köln, Sternekoch Tim Raue fast in den Wahnsinn. RTL

Sternekoch Tim Raue hat eine Mission: aus heruntergewirtschafteten Läden wieder attraktive Gaststätten zu machen. Beim Auftakt trifft der RTL-"Restaurantretter" im "Hollwigger Bistrorant" einen Wirt, der am Wasser gebaut hat.

Er ist eine robuste Natur. In seinem Kreuzberger Heimat-Kiez hat sich der heute so erfolgreiche Zwei-Sterne-Koch und Multi-Gastronom Tim Raue einst in einer Straßen-Gang durchgeboxt. Doch was ihn zum Auftakt der neuen "Raue - Der Restaurantretter"-Staffel bei RTL am Dienstagabend in Köln erwartete, haute ihn dann doch fast aus den Turnschuhen.

Das "Hollwigger Bistrorant", nach dem Verständnis des etwas eigenwilligen Inhabers Jörg eine mehr oder weniger charmante Mischung aus Bistro und Restaurant, ist in Wirklichkeit eine abgewrackte Bude, in der die Stammgäste offensichtlich sicherheitshalber lieber beim Kölsch bleiben, als sich auf allzu mutige kulinarische Abenteuer einzulassen. Um es mit Tim Raue zu sagen: "Dieser Laden ist 'ne Strafe."

Foto: RTL, ca_451

Testessen ist eine Zumutung

Es ist ein hartes Anfangsurteil, aber eine dann doch überraschend sachliche Einschätzung der Lage vor Ort. Was Raue im "Bistrorant" zu sehen und später dann auch zum Testessen vorgesetzt bekommt, ist wirklich eine Zumutung. Das fängt schon bei der außen vor dem Lokal aufgehängten Speisekarte an, die auf den ersten Blick viel verspricht, sich allerdings auch zu verzetteln scheint. So mischt sich Hausmannskost mit Exotischem wie Curry, was ein wenig verwirrend wirkt.

Übler ist allerdings schon einmal der erste Eindruck im Gastraum, der wirklich dringend mal einen beherzten Putz-Trupp verdient hätte. In den Ecken hängen Spinnweben von der Decke, Oberflächen kleben und wirken verkrustet, überall häuft sich der Staub, und hinter der Theke hat sich reichlich Unrat angesammelt.

Den selbsternannten Ordnungsfanatiker Raue trifft fast der Schlag, als er einen Blick in Jörgs komplett vermülltes kleines "Büro" wirft. Dort stapeln sich achtlos allerlei Papiere, darunter offensichtlich auch Rechnungen und andere wichtige Dokumente. Alles gammelt vor sich hin - keine Chance, wirtschaftlich den Durchblick zu behalten. "Das Büro ist ein einziges Chaos", stöhnt Tim Raue.

Foto: RTL, ca_680

"Das Dressing mäht einfach alles nieder"

Und die Küche? Auch dort sieht's nicht wirklich sauber aus. Außerdem rümpft der Profi sofort die Nase, als er klebrige Tunken entdeckt, die offenbar zum Garnieren gedacht sind. "Ich habe ein bisschen Angst vor der Soße", klagt der Genießer, als ihm wenig später ein Schnitzel mit Champignon-Rahm aufgetischt wird. Besonders schlimm: der Beilagensalat. "Das Dressing mäht einfach alles nieder."

Allerdings: In der Küche steht Inhaber Jörg selbst, was offenbar ein Ausnahmefall sein soll. Der eigentliche Koch Ade befindet sich aktuell auf Familienurlaub in seiner nigerianischen Heimat. Er hat offenbar Probleme bei der Rückreise und ist ausgerechnet am Tag des ersten Besuchs von Tim Raue auch telefonisch nicht zu erreichen. Also muss der Wirt selbst ran: Jörg ist gelernter Koch.

Doch auch in der engen Küche wirkt er - wie in weiten Teilen des "Hollwigger Bistrorants" auch - heillos überfordert. Es ist ein zutiefst menschliches Problem. Raue erkennt schnell, dass neben Fachwissen in Köln auch psychologisches Fingerspitzengefühl gefragt ist.

Foto: RTL, ca_120

Wirt Jörg ist komplett überfordert

Es stellt sich rasch heraus: Jörg ist ein netter Mensch, eine Seele von einem Mann - allerdings nicht nur ein Chaot, sondern auch mit Führungsfragen oder dem simplen Delegieren von Aufgaben komplett überfordert. Stattdessen steht er selbst sieben Tage die Woche in seinem Lokal, um zu retten, was zu retten ist. Angesichts mauer Nachfrage nach den Speisen sowie laufend hoher Kosten, die bedient werden wollen, bleiben am Monatsende gerade mal mickrige 500 Euro übrig. Ein Gehalt kann sich Jörg nicht auszahlen.

Sein Problem: Er möchte es allen Mitmenschen recht machen und hat dabei Scheuklappen auf, sodass er die wahren Probleme seiner Misswirtschaft nicht sieht. Sein Credo: "Ich bin versucht, jeden Gast abzuholen." Allerdings sagt Tim Raue klar: "Die Speisekarte ist monumental zu groß." Außerdem stimmen die Kalkulation und das Angebot hinten und vorne nicht. Was er gar nicht verstehen kann: Jörg sperrt sich vehement dagegen, Frikadellen auf die Karte zu nehmen - auch nicht im Bistro-Bereich des Lokals.

Angeblich brächten die zu wenig Umsatz. Tim Raue ist da ganz anderer Meinung. Und als Koch Ade, ein Profi mit Herz, Sachverstand und Geschmack (sowie einer Vorliebe für gute Gewürze), endlich zurückgekehrt ist, findet der Restaurantretter auch einen Hebel - und in Ade einen aufgeschlossenen Mitstreiter. Um dem Chef die Augen zu öffnen, nimmt Raue Jörg und Ade erst einmal mit in ein anständiges Restaurant - ein typisches Kölner Brauhaus. Man darf sich ja wohl noch inspirieren lassen!

Foto: RTL, ca_661

Gastronom Jörg ist mit seinen Nerven am Ende

So geht der Reform-Kurs des Ehepaars Raue - die aus Österreich stammende Gattin kümmert sich um das Aufhübschen des Gastraums - genau in diese Richtung: Das "Hollwigger Bistro" soll seinen sympathischen rustikalen Charme erhalten. Allerdings eben mit einer mutig reduzierten Speisekarte ohne Schnickschnack. Und selbstverständlich mit Frikadellen.

Allerdings geht das, was letztlich sogar Jörg einleuchtet, nicht ohne Zwischenfälle über die Bühne. Und völlig überraschend für Raue auch nicht ohne Tränen. Der völlig ausgelaugte Gastronom Jörg ist mit seinen Nerven am Ende.

Eine Eigenheit von Jörg verunsichert Tim Raue zunächst komplett: Wenn es besonders emotional wird - vor allem dann, wenn Jörg meint, dass sich alle um ihn Sorgen machen - verschwindet er plötzlich. Und wenig später ist von um die Ecke ein wildes Schluchzen zu hören. Jörg ist nah am Wasser gebaut. "Das ist Jörg", sagt der Koch Ade. "Er muss immer wieder weinen." Raue sieht das und schätzt die Anteilnahme. In der Sache bleibt der Berliner aber resolut: "Da helfen auch keine Tränen", sagt er. "Der Finger bleibt in der Wunde."

Foto: RTL, ca_528

"Ich bin wirklich zufrieden"

Zuletzt ist auch die zwischenzeitliche Verstimmung zwischen dem Koch und dem Mutter-Tochter-Serviceteam geschlichtet. Was alle eint: Die von Ade neu interpretierten typischen Kölner Gerichte schmecken wirklich gut. Auf zu einem Neuanfang also! Allein schon die mit einfachen Mitteln durchgeführt Hauruck-Renovierung überzeugt: "Mir fehlen ein bisschen die Worte", stammelt Jörg da nur noch. "Ich bin wirklich zufrieden."

Wichtiger noch: Es schmeckt am Tag der Entscheidung auch den Testessern wirklich gut. Und die Frikadellen auf der Karte kommen bestens an. Letztlich kann man sich einfach nur anschießen, was von einem schier überwältigen Stammgast zu hören ist: !Es ist einfach nur 'Wow', was aus dem Laden geworden ist." Mission geglückt. Auf zum nächsten Krisen-Einsatz!

 

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