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So wirkt sich Binge-Watching auf unser Gehirn aus

Gilmore Girls Binge Watching
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Binge-Watching stellt laut Psychologen so einiges mit unserem Gehirn an. So lange wir es nicht übertreiben, können wir es aber auch positiv nutzen.

Eigentlich wollte man ja nur eine Folge schauen. Wenn da nicht dieser Cliffhanger gewesen wäre, und der nächste und der übernächste. Da kann es schonmal richtig spät werden, bis wir uns von einer Serie loseisen können. Laut Netflix soll es in den USA fünf Mitglieder gegeben haben, die alle fünf Staffeln von "House of Cards" direkt am Erscheinungstag durchgebinged haben. Auch in Deutschland sind sogenannte "Binge Racer" keine Seltenheit, also Leute, die eine neue Serie oder Staffel komplett innerhalb von 24 Stunden nach Veröffentlichung durchstreamen. Deutschland landet auf Platz sechs der Top 20 Binge-Racing-Länder bei Netflix. Besonders häufig wurde hierzulande "Gilmore Girls: Ein neues Jahr" durchgebinged, gefolgt von "The Seven Deadly Sins", "Marvel's The Defenders", "Sherlock" und "Santa Clarita Diet".
Wir können uns schlecht erinnern
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Eine aktuelle Studie der University of Melbourne hat herausgebracht, dass Binge-Watcher sich langfristig deutlich schlechter an eine Serie erinnern können. Die Forscher unterteilten ihre Teilnehmer in Binge-Watcher und wöchentliche Schauer und testen jeweils, wie gut sie sich nach 24 Stunden und nach viereinhalb Monaten noch an die Handlung erinnern konnten. Nach einem Tag lagen die Binge-Watcher vorne, doch bei der Messung nach 140 Tagen konnten sich die wöchentlichen Schauer deutlich besser erinnern. So wie wir uns auch Vokalben deutlich besser merken können, wenn wir sie nach und nach lernen, anstatt sie uns alle auf einmal einzutrichtern, wie Martin Brandt vom Lehrstuhl für kognitive Psychologie der Universität Mannheim gegenüber der "Welt" erklärt. Beim Binge-Watching muss man zwar keine schlechten Noten fürchten. Doch wenn man einige Wochen oder Monate später mit jemandem über die Serie diskutieren will, kann man sich an viele Details, manchmal sogar an komplette Folgen nicht mehr richtig erinnern. Das ist schade. Andererseits kann man so seine Lieblingsserie viel öfter schauen und ist jedes Mal wieder ein bisschen von Neuem gespannt.
Alles in Maßen
Übertreibt man es mit dem Binge-Watching, kann das aber tatsächlich schlechte Folgen für unser Gehirn haben. "Binge-Watching hält uns davon ab, andere relevante Informationen zu verarbeiten und wird daher auch langfristig Nachteile in Bezug auf die kognitive Leistungsfähigkeit nach sich ziehen", erklärt Edgar Erdfelder, Leiter des Lehrstuhls für kognitive Psychologie der Universität Mannheim im "Welt"-Interview. Dieses Problem tritt hauptsächlich auf, wenn man bis spät in die Nacht Folge um Folge schaut und so langfristig zu wenig Schlaf bekommt. Nur mit ausreichend Schlaf, kann unser Gedächtnis richtig funktionieren. Dass das Gehirn beim Bingewatchen nicht so aktiv ist, bedeutet aber auch, dass man dabei gut abschalten kann und das muss auch manchmal sein. Mit Binge-Watching ist es letztendlich wie mit Schokolade. So lange man es nicht übertreibt, ist es ein Genuss.