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Schmähkritik im Netz aufgetaucht

Wer hätte das gedacht?

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich nun zum Schmähgedicht von Jan Böhmermann gemeldet. Es sei "bewusst verletztend". Wir wissen, was es noch ist: online!

Jan Böhmermann und sein Grimme-Preis prämiertes Team streamten der Welt mit BE DEUTSCH! [Achtung! Germans on the rise!] einen Song auf die Screens, der vor allem eines ist: verdammt gut.

Doch das zum Medienskandal hochstilisierte Ereignis fand in der Show letzten Donnerstag (31.03.) VOR diesem Video-Einspieler statt: Böhmermann stellt seinem Sidekick Ralf Kabelka offen die Frage, was der Unterschied zwischen Schmähkritik und Satire sei. Daraufhin erklärt Kabelka den Begriff der Schmähkritik: "Wenn du Leute diffamierst, wenn du einfach nur so untenrum argumentierst, wenn du sie beschimpfst, wenn du sie herabsetzt" - dann sei das nicht mehr von Artikel 5 des Grundgesetzes, der Meinungs- und Pressefreheit, gedeckt. Es handle sich dann um einen juristisch relevanten Strafbestand.

Damit der Unterschied deutlich wird, entscheidet sich Böhmermann dafür, in der Sendung ein Beispiel für eine Schmähkritik zu performen.

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Screenshot tagesschau

Jan Böhmermann hat provoziert - Angela Merkel reagiert. Sie distanziert sich deutlich von dem ‪#‎Erdogan‬-Gedicht des Moderators!

Dieses Video ist inhaltlich natürlich maximal plump und soll in seiner infantilen Machart dem türkischen Präsidenten Erdogan und seiner Regierung vor Augen führen, warum der extra 3 Beitrag "Erdowie, Erdowo, Erdogan" ein völlig lupenreiner und von der Kunstfreiheit gedeckter Satire-Beitrag ist. Dem Neo Magazin Royale und seinem Moderator war klar, dass ihre Gedicht-Variante Konsequenzen haben würde.

Böhmermann: "Das kann bestraft werden?
Kabelka: "Ja, aber erst hinterher."
Böhmermann: "Wenn das öffentlich aufgeführt wird, wäre das in Deutschland verboten?"
Kabelka: "Unter Umständen nimmt man das aus der Mediathek - ja!"
Böhmermann: "Wichtig ist, sie müssen dafür sorgen, dass es nicht im Internet landet!"
Kabelka: "Aber das macht ja keiner. Man hat es in der Mediathek normalerweise. Also warum?"

Eine Diskussion, die die komplette mediale Nachbetrachtung vorwegnimmt. Denn natürlich nahm das ZDF den Beitrag aus der Mediathek und selbstverständlich gab es Leute, die die Originalsendung in kompletter Länge (inklusive des Schmähkritik-Ausschnittes) hochgeladen haben: Bei der Video-Plattform Vimeo ist der Ausschnitt noch verfügbar

Einzig die Tatsache, dass sogar Bundeskanzlerin Merkel sich jetzt zu seinem Gedicht äußert, hat Böhmermann nicht geahnt. Wie auch? Dass die Regierungschefin in einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu am Sonntagabend deutlich macht, der Text vom Satire-Moderator sei "bewusst verletztend" wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin mitteilt, sorgt für zusätzlich Zündstoff. Dass jetzt sogar die Staatsanwaltschaft gegen den Late-Night-Moderator ermittelt, ist blanker Hohn, denn somit wird dem bewusst taktlos gehaltenen Inhalt des Gedichts mehr Bedeutung beigemessen, als der ambitionierten Intention: Die Grenzen der Satire zu veranschaulichen.

Der zensierte Beitrag aus der Mediathek war Reaktion genug. Alle weiteren Kritiken nur noch mächtig Social Buzz für eine "kleine Losersendung" aus der Sparte, wie Böhmermann einst (lang, lang ist her) gerne betonte. Und eines ist sicher: Solange die türkische Regierung keinen Strafantrag stellt, droht dem Moderator keine Haftstrafe. Da dies aller Voraussicht nie passieren wird, müssen die geifernden Schnellschuss-Pöbler der Anti-Böhmermann-Partei eben auf ihre nächste Chance lauern.

Gast ist Anne Will