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Rundfunkbeitrag

Weil Georg Thiel nicht zahlt, sitzt er im Knast

Rundfunkgebühr
Der Rundfunkbeitrag soll im nächsten Jahr steigen. Imago Images

Weil er sich weigert, Rundfunkbeiträge zu zahlen, sitzt Georg Thiel (53) seit gut drei Monaten im Knast. Es geht um 651 Euro und 35 Cent, die er dem WDR schuldet. Während ihn die einen für seine Courage feiern, werfen ihm andere vor, den Rechtsstaat zu verachten.

Rundfunkbeitrag zahlen? Nein, danke!

Rundfunkbeitrag zahlen? Nein, danke! Diese Haltung hat Georg Thiel (53) aus Borken in Nordrhein-Westfalen ins Gefängnis gebracht. Seit mehr als 80 Tagen sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Münster. "Meine Haft", so erklärte er kürzlich gegenüber der "Bild"-Zeitung, "ist ein Protest gegen die schändliche GEZ-Gebühr".

Angelegt hat sich Thiel mit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR). Dem schuldet der technische Zeichner genau 651 Euro und 35 Cent. Der WDR gehört zur ARD und ist gemessen an der Mitarbeiterzahl, nach der britischen BBC, der zweitgrößte Sender Europas. Im Jahr 2019 betrug der Gesamtertrag des Rundfunkbeitrags rund acht Milliarden Euro, wobei der WDR daran den zweitgrößten Teil erhält.

Rundfunkbeitrag verweigert: Thiel sitzt seit Februar in Haft

Am 25. Februar 2021 steckte eine Gerichtsvollzieherin Thiel in Erzwingungshaft, weil er über Jahre keine Gebühren zahlte. Der 53-Jährige sieht jedoch nicht ein, warum er den Rundfunkbeitrag von inzwischen 17,50 Euro monatlich überweisen soll, wenn er auf das Angebot der Öffentlich-Rechtlichen nicht zugreift. "Meine Zeit verbringe ich gerne mit schönen Dingen, denn ich habe Besseres im Leben zu tun als Rundfunk-Medien zu nutzen", gibt Thiel zu Protokoll.

Wer allerdings in Deutschland wie der 53-Jährige keinen Rundfunkbeitrag zahlt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Rundfunkanstalten können dann zusätzlich noch ein Bußgeld erheben – und wenn das nicht bezahlt wird, ist sogar eine Haftstrafe von sechs Monaten möglich. Diese Maßnahme dürfen die Gerichte allerdings nur anordnen, wenn Schuldner keine Auskunft über ihr Vermögen erteilten und somit Abklärungen über mögliche Rückzahlungen verhindern.

Gab bereits weitere bekannte Fälle

Auch in der Vergangenheit hat es bereits Fälle gegeben, in denen Rundfunkbeitrags-Nichtzahler die Vermögensauskunft verweigert haben und in eine sogenannte Erzwingungshaft gesteckt worden sind. Bekanntestes Beispiel ist Sieglinde Baumert: Weil die Thüringerin seit 2013 keine Beiträge zahlte, wurde die damals 46-jährige am 4. Februar 2016 von zwei Polizisten im Beisein des Gerichtsvollziehers an ihrem Arbeitsplatz verhaftet.

Nach 61 Tage hinter Gittern kam Baumert jedoch wieder frei, weil der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) als zuständige Landesrundfunkanstalt beim Eintreiben der ausstehenden Rundfunkgebühren einknickte.

WDR bleibt standhaft: Thiel war im Hungerstreik

Der WDR hingegen bleibt im aktuellen Fall um den 53-jährigen Thiel weiter standhaft. "Auch der WDR findet es bedauerlich, wenn es zu einer Erzwingungshaft im Zusammenhang mit dem Rundfunkbeitrag kommen muss", schrieb ein WDR-Sprecher der "Neuen Züricher Zeitung". Allerdings hätten auch die Gerichte festgehalten, dass das Verhalten des 53-Jährigen illoyal sei: "Sich der gesetzlichen Beitragspflicht zu entziehen und Zahlungen zu verweigern, ist insbesondere all jenen gegenüber nicht gerecht, die den Rundfunkbeitrag ordnungsgemäß entrichten." Am Ende stehe es jedem Schuldner und somit auch Thiel frei, die Inhaftierung zu beenden, indem er sein pfändbares Vermögen offenlege.

Dieser Forderung möchte Thiel jedoch schon aus Prinzip nicht nachkommen. Daher hockt er weiter in seiner acht Quadratmeter großen Zelle – ohne Fernseher und zuweilen sogar ohne Essen. "Ich ging zwölf Tage in den Hungerstreik – bis ich endlich telefonieren durfte", erzählte Thiel der "Bild". Inzwischen kenne er nach eigener Aussage Hunderte Gegner des Rundfunkbeitrags, denen er täglich schreibe. Um seine Freilassung betteln, möchte er nicht mehr. "Ich sitze meine Zeit hier ab", ist er entschlossen.

Thiel: Das neue Gesicht der Rundfunkbeitrags-Verweigerer

In den Sozialen Medien ist Thiel unterdessen längst zu einem Vorbild für Menschen geworden, die sich wie er hartnäckig weigern, den Rundfunkbeitrag zu zahlen. Dort solidarisieren sich inzwischen zahlreiche Beitragsgegner mit dem "GEZ-Rebellen".

Kritiker werfen Thiel hingegen vor, ein "extremer Aktivist" zu sein, der seine "Verachtung des Rechtsstaates" demonstrieren will. Ein Vorwurf, den Thiel abstreitet. "Ich bin politisch links, wählte früher die Piraten, hab mit Reichsbürgern nix am Hut", sagte er der Bild".

Der kinderlose EDV-Zeichner sieht allerdings nicht ein, weshalb er mit seinem Jahreseinkommen von 14.000 Euro genau so viel Rundfunkbeitrag zahlen soll wie der WDR-Chef Tom Buhrow mit seinem Jahresgehalt von 400.000 Euro. Seine Forderung: "ARD und ZDF sollen endlich sparen, sich auf Nachrichten konzentrieren – teure Events den Privaten überlassen."

Der Artikel Weil Georg Thiel nicht zahlt, sitzt er im Knast wird veröffentlicht von FOCUS online.