Wer in den vergangenen Jahren im TV herumzappte, dürfte sich so manches Mal die Augen gerieben haben: Zahlreiche totgeglaubte Sendungen wurden wiederbelebt und laufen mehr oder weniger erfolgreich im Fernsehen. Darunter zählen Comedy-Formate wie "TV Total", Samstagabendshows wie "Wetten, dass..?" und Ratesendungen wie "Geh auf''s Ganze".
Unsere Autoren von TVSPIELFILM.de haben einmal im Archiv gekramt und fünf Sendungen gefunden, die wir uns noch eher zurückwünschen würden als die nächste "Wok-WM" oder "100.000 Mark"-Show.
"Die Stunde der Wahrheit"
Freitagabend im Oktober 1999: Nach einer anstrengenden Woche Schule gab es Schnittchen für die Kids vorm TV und dabei 60 Minuten (später 90) "Die Stunde der Wahrheit". In der von Christian Clerici moderierten Sendung wurden Familien "zufällig" in irgendwelchen Straßen Deutschlands gefunden, die dann eine Woche Zeit hatten, um eine besondere Aufgabe zu lösen. Dabei waren die Eltern gefragt, die beispielsweise ein XXL-Kartenhaus bauen mussten oder prominente Personen auswendig lernen sollten. Vor dem Studiopublikum fieberten dann die Kinder der Eltern mit und schielten dabei natürlich die ganze Zeit auf die Preise, die es bei erfolgreicher Absolvierung während "Der Stunde der Wahrheit" zu gewinnen gab.
Als kleines Kind fieberte ich mit den anderen Kindern mit, für meine Eltern war die Sendung wohl eher eine Qual. Nicht nur einmal wollte ich sie dazu überreden, uns auch mitmachen zu lassen. Komischerweise klingelte nie jemand der Produktionsfirma an unserer Haustür. Vielleicht ja bei einer Neuauflage? Ich habe auch direkt zwei Kandidaten, die die Sendung ähnlich charmant wie Christian Clerici moderieren könnten: Chris Tall, der dann seine "Murmelmania" vielleicht mal stecken lassen kann, oder Daniel Hartwich, der ja durch den Abschied beim Dschungelcamp wieder Zeit hätte und ein großes Herz für Familien hat. Liebe TV-Sender, worauf wartet ihr?
Kerstin Ammermann
"Herzblatt"
In einer Zeit vor dem Online-Dating gab es schon andere verrückte Wege, sich neu zu verlieben. Wer dabei nicht auf den Mund gefallen war und schlagkräftige Antworten auf teilweise skurrile Fragen liefern konnte, war bei "Herzblatt" genau richtig. Wer sich die Antworten nicht alle merken konnte, bekam sie von Susi Müller noch einmal als Stimme aus dem Off zusammengefasst.
Durch eine Wand getrennt musste sich die Zuneigung ihren Weg bahnen und erst wenn die endgültige Wahl getroffen wurde, kam der große Moment: Die Wand schob sich zur Seite und die Auserwählten sahen sich zum ersten Mal. Um den Paaren einen Ruck zu geben, gab es erst mal eine gemeinsame Reise, die immer mit einem Hubschrauberflug begann.
Vor allem die bewegliche Wand und der Hubschrauberflug waren aus kindlicher Sicht starke Argumente, selbst an der Show teilnehmen zu wollen. Die Flirt-Show lief ab 1987 im Ersten und hatte von Rudi Carell, über Hera Lind bis hin zu Alexander Mazza unterschiedliche Moderatoren. 2005 war dann Schluss mit der Liebelei, auch wenn es einen Wiederbelebungsversuch 2016 gab. Das blinde Speeddating darf gerne wieder zurück auf die Bildschirme!
Johannes Heinsohn
"Spiel ohne Grenzen"
Ein so europäisches TV-Event gibt es heute nur noch beim "Eurovision Song Contest", aber in den 60er und 70er Jahren war "Spiel ohne Grenzen" ein internationaler Fernseherfolg. Jedes Jahr kämpfen acht nationale Städtemannschaften aus Deutschland (je 25 Teilnehmer) in vier Samstagnachmittagshows bei sportlich anspruchsvollen Geschicklichkeitsspielen gegeneinander an. Das Gewinnerteam qualifizierte sich für den internationalen Wettbewerb. Beispielsweise mussten Wasserbehälter über eine von Schmierseife beschmierte Rampe transportiert werden – auf Zeit! An einem Mittwochabend wurde dann das Finale live übertragen: Aus verschiedenen Ländern kamen die einzelnen Siegerteams zusammen und kämpften in denselben Spielen für ihr Land um den Sieg. Regelmäßig dabei waren Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, die Schweiz, Großbritannien, Niederlande und später Portugal und die Niederlande.
Jedes Land war hierbei mal Gastgeber, Deutschland gewann sogar sechsmal den Wettbewerb: 1966, 1967, 1968, 1969, 1976 und 1977. Lange Zeit moderierten das im Duo Camillo Felgen und Frank Elstner. Als jährliches Ereignis war "Spiel ohne Grenzen" enorm aufwendig, aber es ist genau dieser Spektakelfaktor, der dem heutigen TV häufig abgeht. Der internationale Wettbewerb wäre zudem ein symbolisch wundervolles Revival: Die Seifenlaugen-Olympiade ist eine Show, die ganz Europa vereinen könnte – und sei es nur vor der Flimmerkiste.
Michael Hille
"Autoball"
Stefan Raab hatte viele Ideen für skurrile Samstagabendshows. Eine der weniger erfolgreichen war leider "TV Total Autoball". Anders als die "Wok-WM" oder die "TV total Stock Car Crash Challenge" kam die motorisierte Fußballvariante auf nur vier Ausgaben - parallel zur Fußball-EM bzw. -WM. Dabei war das Format pure Unterhaltung. Die Frage war nicht nur, welches Land die Partien gewinnt, sondern auch wie schnell die Ingenieure verbeulte Autos wieder richten konnten. Die Dauerrivalität zwischen Raab und Dreifach-Sieger Giovanni Zarella sorgte außerdem für reichlich Witz.
Sollte sich Stefan Raab dazu entschließen, noch einmal vor die Kamera zu treten, dann gerne mit diesem Format. Die nächste WM kommt ja bestimmt.
Nicky Wong
"Rich List – Jede Antwort zählt"
Mit deutschen Quizshows ist es wie mit vielen TV-Sendungen: Die Spannweite reicht von hervorragend bis langweilig. 2007 hatten Sat.1 und Kai Pflaume aber die sehr gute Idee, ein US-amerikanisches Format zu adaptieren: "Rich List".
Das Konzept: Ein Herausforderer und ein Champion sitzen in schalldichten Kabinen und treten gegeneinander an. Sie bekommen ein Themengebiet wie "Die beliebtesten deutschen Namen für Mädchen" und bieten dann, wie viele korrekte Antworten sie für die Liste liefern können. Wer am meisten bietet, fängt an. Schafft es die Person gibt es einen Punkt, falls nicht, bekommen die Gegner einen. Nach zwei gewonnen Runden, darf eine Liste um Geld gespielt werden.
Eine Quizshow zum Mitraten, die dank des Bietens einen spannenden Skat-Moment liefert. Bitte zurückbringen!
Jan Thinius-Heemann