Mit dem Tode Dieter Pfaffs am 5. März 2013 verschwand auch desses famose Psychotherapeuten-Figur Bloch aus dem deutschen Fernsehen. Wirklich tiefgründig geschriebene und gespielte Psychotherapeuten als Helden sind seither Mangelware in der hiesigen Fiction. Lieber installiert man einen weiteren Kommissar, Detektiv oder Anwalt, ehe man ein wenig "anders" hinter menschliche Handlungsmotive zu blicken versucht. 2016 hatte der SWR dazu eine an sich gute Idee: Katja Riemann - unbestritten eine der besten ihres Fachs - sollte in der angedachten ARD Reihe "Emma nach Mitternacht" eine Radiopsychologin verkörpern, bei der nächtliche Anrufer Rat suchen.
Mit "Emma nach Mitternacht: Der Wolf und die sieben Geiseln" (Mittwoch, 29.5., ARD, 20:15 Uhr) ging das Drehbuch (Wolfgang Stauch) gleich in die Vollen: Ein Unbekannter, gespielt von Ben Becker, hält Geiseln in einer Tankstelle gefangen. Er verlangt, "live" in Emmas Show zu reden. Aus der Reihe wurde dann doch nichts, denn bereits nach zwei Folgen war Schluss. Immerhin: Das Erste wiederholt acht Jahre später Katja Riemanns sehenswerten Einstieg ins Krimi-Psychofach zur besten Sendezeit.
Von Marrakesch nach Mannheim führt die Reise der ersten Minuten dieses Films. In Nordafrika lebt "Aussteigerin" Emma Mayer (Riemann), die dort einen Laden betreibt. Als sie sich mit einer deutschen Touristin anfreundet, sieht man eben jene Emma wenig später in einem Mannheimer Radiostudio vorstellig werden. Eine Stelle als Domian-artige Radioseelsorgerin sei dort ausgeschrieben, dachte sie, doch Redaktionsleiter Benno (der 2017 verstorbene Andreas Schmidt) macht der nach Deutschland Zurückgekehrten klar, dass es sich dabei um ein Missverständnis handele. Eigentlich suchte man nur jemanden zum Vorfiltern der Anrufer. Dennoch wirft Emma die Flinte nicht ins Korn und beerbt wenig später die angestammte Seelenklempnerin, weil diese nach eben überstandenem Saufgelage und noch viel länger währendem Burnout nach Lebenskrise ausschaut und leider auch so klingt.
Gebt uns mehr Schauspiel
Gleich der erste Job Emmas hat es in sich. Ein Mann, der sich Wolf nennt (Becker), hält Geiseln in einer Nachttanke gefangen. Er verlangt, auf dem Sender gehört zu werden. Benno und Emma fahren sofort zum von der Polizei umstellten Tatort. Dort lässt sich die Neu-Psychologin auf ein perfides Spiel ein. Sie legt ihr Leben in des Geiselnehmers Hände und macht mit ihm folgenden Deal: Beantwortet sie Fragen nach dessen Leben korrekt, wird pro richtiger Antwort ein Gefangener freigelassen. Sollte Emma jedoch falsch liegen, darf Wolf eine Geisel auswählen, die erschossen wird.
Katja Riemann, Andreas Schmidt, Ben Becker - die erste "Emma"-Folge bietet gewaltige Power in Sachen Schauspielkunst, verlässt sich in Sachen Plot aber auf eine etwas unglaubwürdige Thriller-Versuchsanordnung. So vielschichtig wie ein guter "Bloch" war Riemanns Debüt als ARD-Psychologin nicht, dennoch konnte sich der Film sehen lassen. Regisseur Torsten C. Fischer ("Tatort: Abbruchkante") inszenierte einen TV-Thriller, der sich nicht ganz traut, auf übliches Krimi- und Thrillergetöse zu verzichten. Dennoch freut man sich auf schauspielerisch starke Momente des intensiven Becker-Riemann-Clinchs, der das leicht Überstrapazierte der Story mitunter vergessen lässt.
Das Original zu diesem Beitrag "Psychokrimi mit Katja Riemann: Gewaltige Power in Sachen Schauspielkunst" stammt von "Teleschau".