Berlin (dpa) - Wir kennen das jetzt schon. Familientreffen und Arbeitsgespräche werden von zuhause über Videoschalten abgehalten - so ähnlich wird nun auch der Deutsche Filmpreis verliehen.
Die geplante Gala mit Hunderten Gästen in Berlin fällt aus. Stattdessen werden die Lolas am Freitag (24. April um 22.15 Uhr) in einer TV-Sendung vergeben. Erstmals überträgt das Erste live.
Ganz absagen wollten die Veranstalter den Abend trotz Krise nicht. "Wir wollten ein Zeichen setzen der Zuversicht, der Solidarität. Und auch ein Zeichen dafür, dass das vergangene Kinojahr großartige Leistungen hervorgebracht hat", sagte der Schauspieler Ulrich Matthes, der seit einem Jahr Präsident der Filmakademie ist.
Viele Ängste in der Filmbranche
Es gebe natürlich auch in der Filmbranche viele Ängste, viele ökonomische Verwerfungen. "Es besteht die Gefahr, dass kleinere Produktionsfirmen die Krise nicht überstehen, dass Kinos eingehen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Um die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen, mussten Kinos bundesweit schließen, und viele Dreharbeiten ruhen derzeit.
Dass die Preise nun "nicht so glamourös mit Tschingderassabum und rotem Teppich" verliehen würden, liege auf der Hand, sagte Matthes. Stattdessen sollen nur wenige Leute im Fernsehstudio sein. Laudatoren wie Anke Engelke, Charly Hübner und Iris Berben sollen für kurze Besuche vorbeikommen oder von zuhause sprechen, kündigte die Akademie an. Auch andere würden "aus ihren Wohnzimmern" zugeschaltet.
Die Lolas gelten als wichtigste nationale Auszeichnung für die Filmbranche. Ähnlich wie bei den Oscars in den USA stimmen die rund 2000 Mitglieder der Deutschen Filmakademie über die Gewinner ab. Der Filmpreis wird zum 70. Mal verliehen. Die Preise sind insgesamt mit fast drei Millionen Euro für neue Projekte dotiert, das Geld kommt aus dem Haus von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU).
Im vergangenen Jahr hatte das Drama "Gundermann" die Goldene Lola als bester Spielfilm gewonnen. Regisseur Andreas Dresen erzählt darin vom DDR-Liedermacher und Baggerfahrer Gerhard Gundermann. Welche Filme gehen diesmal ins Rennen?
Deutscher Filmpreis: Nominierungen
Elf Nominierungen hat die Literaturverfilmung "Berlin Alexanderplatz" bekommen. Regisseur Burhan Qurbani verlegt den Roman von Alfred Döblin in die heutige Zeit, macht den Flüchtling Francis zum Protagonisten. Der Film mit Welket Bungué, Albrecht Schuch ("Bad Banks") und Jella Haase ("Fack ju Göhte") lief auf der diesjährigen Berlinale, nach der Corona-Krise soll er ins Kino kommen.
Das Drama "Systemsprenger" kommt auf zehn Nominierungen in neun Kategorien. Regisseurin Nora Fingscheidt erzählt darin von einem Mädchen, das zu Gewaltausbrüchen neigt und immer wieder durch das Raster der Jugendhilfe fällt. Schauspielerin Helena Zengel ist mit gerade mal elf Jahren als beste Hauptdarstellerin nominiert.
Die Filme "Berlin Alexanderplatz" und "Systemsprenger" sind als bester Spielfilm vorgeschlagen - ebenso wie das Drama "Es gilt das gesprochene Wort" von Ilker Çatak über eine Scheinehe, der Musikfilm "Lindenberg! Mach dein Ding" von Hermine Huntgeburth, das Großstadtmärchen "Undine" von Christian Petzold und das Drama "Lara" von Jan-Ole Gerster mit Corinna Harfouch in der Hauptrolle.
Regisseur Edgar Reitz ("Heimat") soll in diesem Jahr den Ehrenpreis der Filmakademie bekommen. Die Komödie "Das perfekte Geheimnis" mit Elyas M'Barek wird als besucherstärkster Film ausgezeichnet.