Eine junge Frau liegt nackt am Strand. Die Leiche wurde in einem Rollkoffer angespült. "Niemand hat so einen Tod verdient", sagt der Sylter Hauptkommissar Carl Sievers (Peter Heinrich Brix) an diesem Morgen mürrisch. Kein Hinweis, wer sie ist, nur eine falsche Wimper und grüne Fingernägel. "Die Nadel im Heuhaufen", sagt Ina Berendsen (Julia Brendler) zu Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk), der im neuen "Nord Nord Mord"-Krimi schon nach einer Minute ins erste Fettnäpfchen tritt. "Sievers sieht Gespenster" ist die neunte Folge der ZDF-Reihe mit dem aktuellen Trio, die Episode ist an diesem Montag um 20.15 Uhr zu sehen.
Die Todesumstände erinnern an eine in der Badewanne ertränkte Escort-Dame, der Verdächtige Philipp Vandamm (Henning Baum) kam damals mangels Beweisen ungestraft davon. Nach Verbüßung einer Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung ist er zurück auf Sylt. Der als "Männercoach" von Geschlechtsgenossen bejubelte Motivationstrainer bereitet sein Comeback vor - und kommt genau richtig für Feldmann, den dessen neue Show ebenso in den Bann zieht wie das ausnehmend männliche Publikum.
Sievers geht der Fall sogar persönlich ganz nahe. "Ich habe ihre Stimme gehört, ihre Schritte, dann lag ihr Buch auf dem Bett, sie hat mir daraus vorgelesen, und dann hab ich sie gesehen", erzählt er seiner Therapeutin (Victoria Trauttmansdorff). "Ich glaube, ich sehe Gespenster." Dass die Tote nicht greifbar wird, beunruhigt ihn - und verleitet ihn später zu einer Straftat im Namen der Nächstenliebe.
Neuer "Nord Nord Mord" – mehr Krimi als Komödie
Feldmann hat in einem Escort-Katalog im Internet die grünen Fingernägel entdeckt. Sie gehören einer Madeleine Elster. Die Agenturchefin verhält sich komisch, mehr noch aber Vandamm. Als Ina sich auf sein Boot schleicht, erzählt er vom schönen Abend mit Madeleine. Und hinter dem Macho, der auf der Bühne den starken Mann markiert, zeigt sich ein gefühlvoller Romantiker - bis der eifersüchtige Feldmann Ina "rausholen" will.
Dabei ist er das ideale Opfer für Vandamms Philosophie, "Nein zu sagen", den "nackten Mann" in sich zu finden, sich von "falschen Fesseln zu befreien und falschen Erwartungen". Zeit dafür bleibt ihm nicht, denn Schritt für Schritt kommen die Ermittler der Wahrheit näher. Dabei ist vieles anders als es scheint: der Name der Toten falsch, der Tatort fingiert, die Escort-Chefin keine Lehrmeisterin. Am Ende ist es eine Kleinigkeit, die zur Erkenntnis führt.
Brix ermittelt seit 2018 als wortkarger Kommissar auf der Nordseeinsel und braucht auch diesmal viel Nerven, mit sich selbst und mit Feldmann. Der Film ist mehr Krimi als Komödie, durchzogen mit faszinierenden Aufnahmen von Dünen, schmucken Reetdachhäusern und modernen Strandvillen, Sand und Meer. Für Belustigung sorgt lediglich der zwischen Weichei und Macho irrlichternde Feldmann. Das amüsiert vor allem Ina, die viel Verständnis für ihren WG-Partner hat und auf Tuchfühlung mit ihm geht - nicht nur beim Tango.