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"Marionetten"

Xavier Naidoo: "Ich gebe keinem meine Stimme"

Xavier Naidoo
Xavier Naidoo covermg.com

Xavier Naidoo (45) beteuert, dass er gegen die politische Instrumentalisierung seiner Musik ist. Warum seine Liedtexte dennoch gefährlich sind.

Foto: covermg.com, Xavier Naidoo

Die Söhne Mannheims ('Und wenn ein Lied') veröffentlichten vor Kurzem die neue Single "Marionetten", die mit ihrem populistischem Text für viel Empörung in den Medien sorgte. Gesungen wird von "Puppenspielern", "Volksverrätern" und "Volk-in-die-Fresse-Tretern", was durchaus als giftige Anspielung auf deutsche Politiker gesehen werden kann. Besonders heftiger Zündstoff ist der Song, weil Xavier Naidoo schon in der Vergangenheit mit politischen Aussagen polarisierte - so meinte er zum Beispiel einst, dass Deutschland noch immer von den USA besetzt sei, was sich verdächtig nach der Rhetorik der Reichsbürger anhört.

TV-Sender wie VOX oder der Bezahlriese Sky, die mit ihm durch "Sing meinen Song" oder "Xaviers Wunschkonzert Live" verbunden sind, haben sich bislang nicht von ihm abgewendet. 
Auf Facebook hat der Sänger nun selbst auf die Kritik reagiert und betont, dass er eigentlich keine Politik mit seinen Liedern machen will. "Ich widerspreche daher auch jeglicher Instrumentalisierung meiner Musik und Texte durch entsprechende politische Gruppierungen", erklärte Xavier online. "Ich gebe keinem meine Stimme, sondern erhebe meine eigene mit den Mitteln meiner Kunst. Und die ist oft hinterfragend, teils kindlich, im besten Fall zum eigenständigen Denken anregend, manchmal tiefsinnig, vielleicht auch für manche belanglos oder an ihrer Sache vorbei, gerne auch mal provozierend - aber im gleichen Atemzug stets voller Liebe und Überzeugung für die erwähnten Grundwerte."


Weiter meinte der Musiker, dass Fragmente und Satzteile von "Marionetten" "teilweise aus dem Kontext gerissen" worden seien. Das störe ihn zwar nicht, trotzdem fände er es schade, "dass in der Diskussion über diesen Song teilweise Unterstellungen wiederholt werden, zu denen es meinerseits zahlreiche Klarstellungen und unmissverständliche Dementis gab", so Xavier, dem neben Homophobie auch Rassismus unterstellt wird. "Marionetten" sei eine "zugespitzte Zustandsbeschreibung gesellschaftlicher Strömungen", aber "weder rassistisch noch rechtspopulistisch" gemeint. "Die Söhne Mannheims und ich stehen für eine offene, freiheitliche, liberale und demokratische Gesellschaft, in der viele Kulturen gemeinsam zusammenleben und in der es allen Menschen möglichst gut geht. Das ist mir wichtig und dafür lohnt es sich einzustehen", schrieb Xavier Naidoo weiter, auch wenn er nachhakte, dass Deutschland momentan "leider eine Phase" durchmache, in der viele Menschen das Gefühl hätten, von der Politik im Stich gelassen worden zu sein. "Das ist gefährlich und kann zu Extremismus führen. Und der ist nie gut."


Warum die Söhne Mannheims also mit so einem provokanten Song aufwarten? "Eine Demokratie und eine offene Gesellschaft leben davon, dass sie von der Mehrzahl der Menschen getragen wird, dass sie streitbar ist und auch, dass ihr Zustand kritisch hinterfragt werden darf", findet Xavier Naidoo. Was er unerwähnt lässt: Sein Song schürt sehr wohl Ressentiments, auch und vor allem, wenn der Liedtext im gesamten Kontext gelesen wird. Und klar, Kritik ist in einer Demokratie gewünscht, diese Plattitüde kann man ihm eingestehen. Doch Kritik auf den Säulen von Verschwörungstheorien ist keine sachliche Auseinandersetzung, sondern schlichtweg Humbug. Wenn Xavier Naidoo als ernsthafter Künstler wahrgenommen werden will, muss er sich eine ernsthafte Frage gefallen lassen. Und diese lautet: Nutzt du die Ängste "besorgter Bürger" für deine kommerziellen Interessen, Xavier? Wir warten auf dein (selbst)kritisches Statement.

Autor: Steven Sowa /Cover Media