Ein Sturm der Entrüstung hat in Frankreich dazu geführt, dass die Festival-Statuten von Cannes ab 2018 geändert werden. Schuld waren einmal mehr die neuen Streamingriesen, allen voran Netflix. Mit "Okja" von Bong Joon-ho und "The Meyerowitz Stories (New and Selected)" von Noah Baumbach wurden zwei Filme von Netflix in den Cannes-Wettbewerb eingeladen. Im Gegensatz zum Konkurrenten Amazon überspringt Netflix jedoch oft den regulären Kinostart und das brachte den Kulturbetrieb in Frankreich auf die Palme. Mit Erfolg: Ab 2018 wird jeder Film, der im Wettbewerb läuft, einen Kinostart in Frankreich aufweisen müssen.
Damit tritt das Kinoland Frankreich entschieden für die traditionelle Verwertungskette von Filmen ein und erwehrt sich der Vorwürfe, Netflix nutze das Filmfestival von Cannes nur als gefällige Werbeplattform. Auch wenn die Änderung erst für den Wettbewerb im nächsten Jahr greift, dürfte die Kontroverse auch dieses Jahr Einfluss auf die Goldene Palme haben. Festivalchef Thierry Frémaux scheint nämlich mit aller Macht zu verhindern, dass einer der beiden Netflix-Filme einen Preis abräumt.
Damit tritt das Kinoland Frankreich entschieden für die traditionelle Verwertungskette von Filmen ein und erwehrt sich der Vorwürfe, Netflix nutze das Filmfestival von Cannes nur als gefällige Werbeplattform. Auch wenn die Änderung erst für den Wettbewerb im nächsten Jahr greift, dürfte die Kontroverse auch dieses Jahr Einfluss auf die Goldene Palme haben. Festivalchef Thierry Frémaux scheint nämlich mit aller Macht zu verhindern, dass einer der beiden Netflix-Filme einen Preis abräumt.
Der Kulturkampf der Jury
Die Gründe für diese Festvialpolitik sind tief mit der Kulturtradition in Frankreich verwurzelt: So gibt es im Nachbarland ein Gesetz, dass einen bestimmten Prozentsatz der Einnahmen an den Kinokassen und den Erlösen aus dem DVD- und Fernsehgeschäft für französische Eigenproduktionen und die Subvention von ausländischen Ko-Produktionen garantiert. Kein Wunder also, dass Christophe Tardieu, der Direktor der staatlichen französischen Filmförderungsbehörde in einem Interview wettert: "Netflix ist die perfekte Repräsentation von amerikanischem Kultur-Imperialismus!"
Während sich Netflix in der Sache erstaunlich zurückhaltend zeigt und den medialen Rummel auch als wirkungsvolles PR-Getrommel wahrnehmen dürfte, spaltet der Kulturkampf indes die Jury in Cannes. So äußerte sich jüngst der diesjährige Jury-Vorsitzende Pedro Almodovar kritisch gegenüber den Netflix-Beiträgen: "Ich persönlich möchte nicht, dass die Goldene Palme an einen Film geht, der nicht auf der großen Leinwand zu sehen ist." Jury-Mitglied Will Smith, der für den Fantasy-Cop-Thriller "Bright" aktuell mit Netflix zusammenarbeitet, widerspricht in der Sache: "Ich habe einen 16-Jährigen, einen 18-Jährigen und einen 24-Jährigen zu Hause, sie gehen zweimal pro Woche ins Kino und sie sehen Netflix. Es gibt sehr wenig inhaltiche Überschneidungen zwischen diesen beiden Sehgewohnheiten. Im Gegenteil: In meinem Haus ist Netflix Nichts als ein absoluter Nutzen - meine Kinder sehen Filme, die sie sonst nicht gesehen hätten. Insofern hat es das globale filmische Verständnis meiner Kinder erweitert."
Ein nicht von der Hand zu weisendes Argument, da sich Cannes streng genommen bereits vor längerer Zeit neuen Sehgewohnheiten geöffnet hat. Mit "Carlos - Der Schakal" von Olivier Assayas lief schon 2010 eine Miniserie im Wettbewerb. Dieses Jahr kommt Cannes dem seriellen Trend der großen internationalen Festivals gleich: Mit den ersten zwei Folgen von "Twin Peaks" sowie der gesamten zweiten Staffel von "Top of the Lake" kehren David Lynch und Jane Campion an die Croisette zurück. Diesbezüglich hält sich die Empörung des französischen Kulturbetriebs in Grenzen. Ob es daran liegt, dass es sich bei den beiden auch um Palmen-Gewinner handelt? Vielleicht, auf jeden Fall dürften die Serien regulär auch nur im Pay-TV oder auf einem Streamingdienst zu sehen sein.
Autor: Steven Sowa
Während sich Netflix in der Sache erstaunlich zurückhaltend zeigt und den medialen Rummel auch als wirkungsvolles PR-Getrommel wahrnehmen dürfte, spaltet der Kulturkampf indes die Jury in Cannes. So äußerte sich jüngst der diesjährige Jury-Vorsitzende Pedro Almodovar kritisch gegenüber den Netflix-Beiträgen: "Ich persönlich möchte nicht, dass die Goldene Palme an einen Film geht, der nicht auf der großen Leinwand zu sehen ist." Jury-Mitglied Will Smith, der für den Fantasy-Cop-Thriller "Bright" aktuell mit Netflix zusammenarbeitet, widerspricht in der Sache: "Ich habe einen 16-Jährigen, einen 18-Jährigen und einen 24-Jährigen zu Hause, sie gehen zweimal pro Woche ins Kino und sie sehen Netflix. Es gibt sehr wenig inhaltiche Überschneidungen zwischen diesen beiden Sehgewohnheiten. Im Gegenteil: In meinem Haus ist Netflix Nichts als ein absoluter Nutzen - meine Kinder sehen Filme, die sie sonst nicht gesehen hätten. Insofern hat es das globale filmische Verständnis meiner Kinder erweitert."
Ein nicht von der Hand zu weisendes Argument, da sich Cannes streng genommen bereits vor längerer Zeit neuen Sehgewohnheiten geöffnet hat. Mit "Carlos - Der Schakal" von Olivier Assayas lief schon 2010 eine Miniserie im Wettbewerb. Dieses Jahr kommt Cannes dem seriellen Trend der großen internationalen Festivals gleich: Mit den ersten zwei Folgen von "Twin Peaks" sowie der gesamten zweiten Staffel von "Top of the Lake" kehren David Lynch und Jane Campion an die Croisette zurück. Diesbezüglich hält sich die Empörung des französischen Kulturbetriebs in Grenzen. Ob es daran liegt, dass es sich bei den beiden auch um Palmen-Gewinner handelt? Vielleicht, auf jeden Fall dürften die Serien regulär auch nur im Pay-TV oder auf einem Streamingdienst zu sehen sein.
Autor: Steven Sowa