Zur rasanten Entwicklung der modernden digitalen Welt gehört, dass man sich als Nicht-Mathematiker oder Nicht-Algorithmusexperte rasch überfordert fühlt. So jagen sich die Debatten um Big Data, Bitcoin, Blockchain oder nun enorm verstärkt KI so sehr, dass sich Schwindelgefühl einstellen kann. Ein wenig Ordnung und Überblick will der neue ARTE-Dokumentarfilm "Cyberwelt - Die Zukunft ist jetzt" liefern. Er stammt von zwei US-Oscar-Preisträgern.
Doch wer sich neugierig auf die Themen der Filmemacher Charles Ferguson und Shimon Dotan, deren US-Beitrag der Sender nun in deutschsprachiger Erstausstrahlung zeigt, wird schnell unruhig. Vom einst utopischen Aufbruchsgeist der modernen Internet-Welt ist wenig geblieben. Die Zustände wirken immer dystopischer.
"Wir sind in einem ziemlichen Schlamassel"
Schon allein der Filmtitel spiegelt diesen Wandel: Von "Cyberwelten" war zunächst in den 90er-Jahren die Rede, als das World Wide Web seinen Siegeszug antrat und die Menschen mit Ideen wie der vom "globalen Dorf" begeisterte. Tatsächlich leitet sich der Name von der altgriechischen Vorsilbe "cyber" ab, die so viel bedeutet wie "kontrollieren". In Zeiten von Fake News, ziemlich unsozial gewordenen Social Networks, von Daten-Klau und Hacker-Attacken auf Kraftwerke, Eisenbahnnetze und sogar auf den Bundestag drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass der Mensch die Kontrolle über die Technik immer mehr verliert. Worauf steuert das alles zu?
Die US-Regisseure und -Drehbuchautoren Dotan und Ferguson, die 2008 den Oscar für ihren Dokumentarfilm "The Inside Job" erhielten, zeichnen ein düsteres Bild. Symptomatisch steht dafür die Aussage eines führenden Computer-Experten: "Wir sind als Gesellschaft auf diesem Planeten in einem ziemlichen Schlamassel."
Privatsphäre gibt es nicht mehr
Die postmodernen, liberal geprägten westlichen Gesellschaften steuern gegen eine Wand. Und aus dem Russland unter Putin wendet sich eine Desinformations- und Destabilisierungsstrategie, die stark auf IT-Angriffe setzt und Geheimdienstmethoden in eine digitale Welt geholt hat, gegen den Kern der Demokratie. Doch auch im entfesselten Kapitalismus wird der Zusammenhalt westlicher Gesellschaften immer stärker ausgehebelt - aus Profitgier: Privatsphäre, so eine der bitteren Erkenntnisse des Films, gibt es nicht mehr.
"Cyberwelt - Die Zukunft beginnt" am Dienstag (22.8) um 20.15 Uhr ist der Auftakt für einen ARTE-Themenabend, der sich um 21.55 Uhr mit der ebenfalls in Erstausstrahlung gezeigten Dokumentation "Hacker - Das gestohlene Ich" fortsetzt. Danach geht es um 22.50 Uhr - erneut als TV-Premiere - mit der Doku "Gefangen im Netz - Die Methoden der Pädokriminellen" weiter.
Das Original zu diesem Beitrag "Keine Privatsphäre mehr: Doku zeigt die Gefahren von entfesselter Künstlicher Intelligenz" stammt von "Teleschau".