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Interview

In 10 Jahren nie gefehlt

Günther Jauch im Interview zum Jubiläum seiner erfolgreichen Fragestunde "Wer wird Millionär?"

Das Spielen mit Zahlen ist bei "Wer wird Millionär" Programm. Hier die wichtigsten: Start am 3. September 1999, bis heute 816 Folgen mit rund 1700 Kandidaten, die über 22 000 Fragen beantworten und 60 Millionen Euro Gewinn dabei machen, bezeugt von zusammen 175 000 Studiobesuchern und jeweils sechs Millionen bis zehn Millionen TV-Zuschauern. Addiert heißt das: Fernsehen der Superlative. Und zwar im globalen
Maßstab.

Das Quiz, konzipiert in England und verkauft in mehr als 100 Länder, gilt als die erfolgreichste Fernsehshow der Welt. Ihre Popularität in Deutschland verdankt WWM vor allem einem: Günther Jauch. Anlässlich des Jubiläums sprach der Moderator mit TV SPIELFILM über seine Rateshow - von der er sich übrigens nicht eine einzige Ausgabe nachträglich angeschaut hat, wie er sagt.

TV SPIELFILM: Herr Jauch, Sie sind wahrscheinlich der einzige Deutsche, der keine Folge "Wer wird Millionär" verpasst hat. Komische Vorstellung?

Günther Jauch: Komischer finde ich, dass ich einer der ganz wenigen Deutschen bin, die sich mit der Sendung noch nie im TV gesehen haben. Wenn eine Folge fertig ist, schaue ich sie mir nie auf dem Bildschirm an. Mir bleibt immer nur der subjektive Studioeindruck.

Wann haben Sie aufgehört, von der Sendung zu träumen?

Ob Sie es glauben oder nicht: Ich habe noch nie von der Sendung geträumt.

Stimmt es, dass keine Sendung wegen Krankheit ausfiel?

Ja, ich habe tatsächlich bei keiner Sendung gefehlt. Einmal habe ich aber vergessen, dass ich eine Sendung habe. Ich saß in Berlin, und dann meldete sich der Fahrer, der mich in Köln aus dem Büro abholen sollte. Ich bin dann sofort ins Auto gestiegen und zum Flughafen gerast. Zum Glück ging zufällig eine Maschine nach Köln, sodass die Sendung mit einer Verspätung von ungefähr einer halben Stunde tatsächlich losgehen konnte.

Was war Ihr schönstes, welches Ihr unangenehmstes Erlebnis bei "Wer wird Millionär"?

Das schönste war vielleicht der Millionengewinn einer arbeitslosen Hausfrau. Unangenehm war, dass wir einmal nicht gemerkt haben, dass sich ein Kandidat unter falschem Namen ein zweites Mal bei uns eingeschlichen hatte. Aber wir haben es zum Glück bemerkt, bevor er seinen Gewinn kassieren wollte.

Haben Sie noch Kontakt zu den Hauptgewinnern?

Es gib keine regelmäßigen Treffen, aber den einen oder anderen treffe ich schon noch. Besonders Professor Eckhard Freise, den ersten Millionengewinner.

Gab es Gewinner, die mit dem plötzlichen Reichtum nicht gut zurechtkamen?

Ich kenne keinen. Manche haben ihren Gewinn aber nie bekommen, weil das Finanzamt oder Gläubiger schneller waren.

Gibt es etwas, das Sie den frischgebackenen Millionären unbedingt raten würden?

Freuen Sie sich an Ihrer Leistung. Das Geld kann irgendwann mal weg sein. Das Renommee, es bis zur Million gebracht zu haben, bleibt.

Wie hat sich Ihr eigenes Leben verändert, als Sie die erste Million zusammenhatten?

Gar nicht, weil ich eigentlich immer unter meinen finanziellen Möglichkeiten gelebt habe. Als Student genauso wie als Jungredakteur. Und auch heute richte ich mich noch immer eher nach meinen Bedürfnissen als nach meinen Möglichkeiten.

In Umfragen werden Sie oft als Wunschbundeskanzler der Deutschen genannt. Würde Deutschland von einem Kanzler Jauch profitieren?

Puh, das weiß ich nicht. Es gibt nur wenige, meist gescheiterte Quereinsteiger in die Politik. Nennen Sie mir die Partei, mit der ich mich vorbehaltlos identifizieren kann, dann wären wir ein gutes Stück weiter.

Aber geehrt fühlen Sie sich schon, oder?

Ich glaube meine Grenzen zu kennen, und deshalb scheint es mir sinnvoll, dass ich Journalist und nicht Staatssekretär geworden bin.

Was haben Sie als Juror bei "Ich kann Kanzler" gelernt?

Dass es Tausende von politisch interessierten und engagierten jungen Leuten gibt. Die definieren Politik jedoch nicht automatisch als Parteipolitik. Damit haben die etablierten Parteien aber ein Problem.

Wird man durch Quizsendungen schlauer?

Ich glaube schon. Regelmäßiges Zuschauen und Sich-die-richtigen-Antworten-Merken ersetzt kein Universitätsstudium. Aber mitreden können Sie damit auf alle Fälle.

Demnächst drehen Sie den Spieß um und stellen sich in "Fünf gegen Jauch" selbst Quizfragen. Sind Sie überhaupt noch zu schlagen?

Tja, das ist ja die spannende Frage!

Das Konzept der Show erinnert ein wenig an "Schlag den Raab". Keine Angst vor Plagiatsvorwürfen?

Nein, warum? Ich habe noch nie irgendwo abgekupfert. Eher kopieren andere "Wer wird Millionär?" Es lag nahe, einfach einmal auszuprobieren, ob ich als Kandidat "gegen den Rest der Welt" bestehen kann.

Der Rest der Welt?

... sind fünf Kandidaten. Ich werde da von allen quasi unter Dauerfeuer genommen.

Wie hat Ihnen der Film "Slumdog Millionaire" gefallen?

Ein faszinierender, aber in Teilen auch ziemlich grausamer Film, bei dem ein sympathischer Kandidat am Ende zwar den Hauptgewinn abräumt, aber erst mit der Liebe seines Lebens richtig glücklich wird. Das sollte alle trösten, die es nicht bis auf den Stuhl schaffen.

Hat der Film Ihren Blick auf die eigene Tätigkeit verändert?

Ich hoffe, dass ich nie ein so schmieriger und hinterfotziger Typ werde, wie der Moderator in diesem Film.

Was möchten Sie in zukünftigen Sendungen noch erleben?

Den einen oder anderen Millionär, dem man den Geldsegen von Herzen gönnt.

F. Aures, C. Holst
Jubiläum: Wer wird Millionär?
RTL, Fr., 11.9.2009, 20.15 Uhr