Es war im August, vor den Wahlen in Ostdeutschland. Da hatte ein Satiriker eine Vision: Nach den Wahlen wird Sahra Wagenknecht Ministerpräsidentin von Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Dass das Bündnis Sahra Wagenknecht nach den Wahlen in allen drei ostdeutschen Ländern an der Regierung beteiligt werden könnte, hätte sich der Satiriker vermutlich nicht vorstellen können. Sevim Dağdelen kann sich zumindest beiderseitige Gespräche vorstellen, wenn ihr Partner Thorsten Frei ist. Die außenpolitische Sprecherin des BSW trifft sich am Dienstagabend in der ARD-Talkshow "Maischberger" mit ihrem Wunschpartner, dem parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion.
Dass sie mit Frei einmal über gemeinsames Regieren reden würde, habe sie zumindest nie ausgeschlossen, so Dağdelen. "Wir hatten immer einen guten Umgang miteinander", sagt sie über den CDU-Politiker. Sie habe keine Berührungsängste. Frei auch nicht. Jedenfalls keine persönlichen. "Aber als wir gemeinsam im auswärtigen Ausschuss waren, Frau Dağdelenn für die Linke, war natürlich klar, dass wir völlig unterschiedliche Positionen vertreten", sagt Frei. In der Außen- und Sicherheitspolitik lägen Ozeane zwischen den beiden. "Wenn wir auf der Ebene miteinander diskutieren, dürfte es schwer bis unmöglich werden." Nun sitzen die beiden Politiker zusammen. Die Unterschiede werden schnell klar, auch wenn das BSW noch keine Koalitionsgespräche auf Bundesebene führt.
Zusammenarbeit zwischen CDU und BSW?
In der CDU werden die Stimmen lauter, die fordern, nicht mit dem BSW zu verhandeln. In der Außen- und Sicherheitspolitik sei es "anti-europäisch, anti-Nato, anti-amerikanisch", kritisiert zum Beispiel Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Die Union müsse begreifen, dass das BSW ein "Retortenbaby von Putin" und eine "Weiterentwicklung der AfD" sei. Fragt sich, was schlimmer ist. "Beides ist schlimm", sagt Frei. Allerdings sieht er bei bestimmten landespolitischen Themen Anknüpfungspunkte: in der Bildungs-, Sicherheits- und Migrationspolitik zum Beispiel. "Aber wenn es um Grundsätze geht, wenn es um Werte geht, um die außenpolitische Verankerung und Orientierung, dann ist das nicht ein Thema wie das Gendern in der Verwaltung. Das ist eine sehr grundsätzliche Frage", sagt er.
Während des Gesprächs wird klar: in innenpolitischen Fragen herrscht bei Dağdelen und Frei weitgehend Übereinstimmung. In der Außenpolitik sieht das jedoch anders aus. Das BSW will Friedensverhandlungen für die Ukraine, "weil jedwede diplomatische Bemühung seitens des Auswärtigen Amts ein Totalausfall war. Es gibt keine Bemühungen. Wir sind der Auffassung, dass die Strategie, der Ukraine immer mehr und immer schwerere Waffen zu geben, um diesen Krieg zu gewinnen, nachweislich gescheitert ist." Jetzt sei "die Stunde der Diplomatie".
"Wir wollen Verhandlungen anstoßen"
Weiter führt die Politikerin aus: "Wir wollen Verhandlungen anstoßen. Wir wollen auch den Friedenswillen der Bevölkerung niedergeschrieben sehen in den Koalitionsverträgen. Wir werden ja auch gewählt, weil wir für Frieden und Diplomatie stehen statt für Waffenlieferungen." Die Landesregierungen sollten sich für Friedensverhandlungen und gegen die Stationierung von US-Waffen in Deutschland positionieren. Sevim Dağdelen unterstützt den Vorschlag von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer für eine Volksbefragung zu diesem Thema in seinem Bundesland. Das Volk müsse in die Frage von Krieg und Frieden einbezogen werden, fordert Dardelen.
Frei sieht das völlig anders: "Es wird auf Bundesebene über sicherheits- und außenpolitische Fragen entschieden", sagt er. Mit den US-Waffen, die in Rheinland-Pfalz stationiert werden sollen, werde eine wichtige Verteidigungslücke geschlossen. Das stimme nicht, die Nato sei Russland in der Luft überlegen, kontert Dardelen.
Friedensverhandlungen mit Russland oder Waffen für die Ukraine?
Friedensverhandlungen mit Russland, so wie das BSW sie fordere, könne es nicht geben, sagt Frei. "Dafür brauchen Sie jemanden, der zu Verhandlungen bereit ist. Und es ist doch klar, dass es überhaupt kein Interesse geben kann, dass es am Ende einen Diktatfrieden für die Ukraine gibt", so der CDU-Politiker. "Was Wladimir Putin macht, ist, dass er die regelbasierte Ordnung in Europa angreift. Was wäre die Folge davon, wenn er damit durchkäme? Das würde bedeuten, dass die Stärke des Rechts das Recht des Stärkeren ersetzen würde."
Bei diesem Thema scheint es keine Einigung zu geben, Doch nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr könnte das überhaupt nicht mehr nötig sein. In dieser Woche will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen "Friedensplan" vorlegen. Noch ist über dessen Inhalt nichts bekannt.
Das Original zu diesem Beitrag ""Maischberger": CDU und BSW mit Gemeinsamkeiten und großen Unterschieden" stammt von "Teleschau".