Zwischen zwei und drei Millionen Deutsche schauen regelmäßig nachmittags zu, wenn Menschen bei Horst Lichter ihre Dachbodenfunde schätzen lassen und Antiquitäten-Händler sich gegenseitig überbieten um einen alten Teddybär zu ersteigern.

Mit der spektakulär-unspektakulären Trödelshow "Bares für Rares" ist dem ZDF ein überraschender Quotenhit gelungen, der auch in Primetime-Specials funktioniert und eine der erfolgreichsten Sendungen der ZDF-Mediathek ist.

Vor Bewerbern kann sich die Show auch nicht retten. Jedenfalls stehen in jeder Sendung die Menschen in den Balloni-Hallen in Köln oder im Walzwerk in Pulheim Schlange um die Ohrringe der Großmutter, alte Schaukelpferde und olle Ölschinken prüfen lassen, ob sie vielleicht was wert sind.

Oder stimmt das vielelicht alles gar nicht, und die angeblichen Menschen wie du und ich sind nur Statisten? Ist die ganze Show etwa nur ein Fake? Das behauptete in Teilen zumindest der Goldhändler Ahmed Abou-Chaker, der viermal als Experte bei "Bares für Rares" auftrat. Die Schlangen im Verkaufsraum seien gestellt, steckte Abou-Chakar im Januar 2018 der BILD. Das ZDF dementierte umgehend. Alle Teilnehmer seien echt, die meisten schaffen es aber nicht in die Sendung.

Jetzt scheinen Recherchen der BILD den Schwindel aber zu bestätigen. Die Zeitung hatte einen Castingaufruf der Sendung aufgetrieben, bei der die Macher 30 Komparsen für 4,5 Stunden suchen. Als Aufwandsentschädigung winken 50 Euro. Das ZDF musste jetzt doch zugeben, dass nicht alle Beteiligten wirklich eine Antiquität vorbeibringen. Die Kandidaten, die es in den Verkaufsraum schaffen, seien aber keine Komparsen oder Schauspieler, sondern echt.

Ganz so spontan, wie es in der fertigen Sendung wirkt, ist der Ablauf aber natürlich nicht. Die Kandidaten müssen einen Bewerbungsbogen ausfüllen, die mit den interessantesten Artefakten oder der spannendsten Hintergrundgeschichte werden erst zu Horst Lichter vorgelassen. Auch die Experten haben sich im Vorfeld mit den Antiquitäten vertraut gemacht, wie der zuständige ZDF-Mitarbeiter Stefan Unglaube schon vor dem Statisten-Skandal der tz verriet.

Ohne Tricks geht es nicht

Das ZDF hat sich mit der verdrucksten Kommunikation sicher keinen Gefallen getan. Der kraftmeierische Aufwand, den die Sendung mit Statisten treibt, ist darüber hinaus für den Ablauf Show völlig unnötig und dient nur der Folklore.

Der "Skandal" um "Bares für Rares" ist dennoch etwas übertrieben. Er erinnert an die alljährlich neu aufpoppenden Vorwürfe, dass im Dschungelcamp doch sowieso nicht alles echt sei. Als ob RTL wirklich Prominente ohne Vorsichtsmaßnahmen zu giftigen Schlangen in den Busch schickt und sie Holt fällen lässt. Auch bei Sendungen wie "Frauentausch" gibt es Eingriffe der Redaktion, ohne dass gleich alles komplett gefälscht und gespielt würde. Wie schon das nur auf den ersten Blick paradoxe Stichwort "Scripted Reality" sagt. Bei keiner Show schlendern die Kandidaten einfach so ins Studio.

Aber bei Formaten wie "Bares für Rares", die stark von der Authentizität leben, erwartet der Zuschauer zu Recht keine Tricks. Andererseits, wenn einfach nur irgendwelche Normalos mit uninteressanten Erbstücken ungefiltert auf routiniert-gelangweilte Händler treffen würden, würden dann jeden Nachmittag Millionen Menschen zuschauen?