Ich liebe "Gilmore Girls". Die 2000er-Serie ist für mich einfach ein absoluter Wohlfühl-Ort und obwohl die Neuauflage bei Netflix mir persönlich nicht so gut gefiel, schau ich die sieben Staffeln fast jedes Jahr einmal. Umso überraschter war ich von der Netflix-Serie "Ginny & Georgia", die 2021 startete und mich schon im Trailer an Lorelai und Rory Gilmore erinnerte: Mutter und Tochter, die dank eines nicht ganz so großen Altersunterschieds eher wie Freundinnen oder Schwestern sind. Dazu ein paar lustige Geschichten, schnelle Dialoge mit ordentlich Witz, die alleinerziehende Mutter, die sich gegen Männer durchsetzen muss, und schon ist die Hommage perfekt. Dabei gibt es eine Sache in Staffel 1, die "Ginny & Georgia" sogar noch besser vollbracht hat als das Vorbild.

Was "Gilmore Girls" immer gefehlt hat

Die beiden Serien haben eine sehr unterschiedliche Herangehensweise, was auch der Zeit geschuldet ist, in der sie entstanden. "Gilmore Girls" erzählt viele kleine Geschichten in einzelnen Episoden, die von den persönlichen Erlebnisse der Hauptfiguren zusammengehalten werden. "Ginny & Georgia" dreht sich um einen größeren Zusammenhang, der über die ersten 10 Folgen läuft.

Dabei dreht sich "Ginny & Georgia" um einen Mord, "Gilmore Girls" ist einfach eine entspannte Serie, die ab und an schwierigere Themen kurzzeitig streift, aber nie ernsthaft thematisiert. Der Mord als dunkler Aspekt ist aber gar nicht das Entscheidende an "Ginny & Georgia", sondern die Ernsthaftigkeit, mit der Ginnys psychische Probleme behandelt werden. Klar: Rory und Lorelai streiten sich auch und haben für kurze Zeit mal Probleme, aber diese werden stets gelöst oder mit einem sehr guten Wortwitz beiseitegeschoben. "Ginny & Georgia" schafft es aber, Ginnys mentale Probleme und Selbstverletzung darzustellen, ohne dass die Serie in Trauer abdriftet. Sie sind einfach Teil des Lebens eines Teenagers und diesen Aspekt ignoriert "Gilmore Girls" leider komplett.

Das Leben der beiden Frauen in Stars Hollow ist zwar nicht immer leicht, die Leichtigkeit verliert die Serie aber nie. Das macht einerseits den Kultfaktor und Wiederholungswert aus, andererseits waren Serien am Anfang der 2000er durchaus an einem Punkt, wo ernsthafte Themen und komödiantische Qualität zusammenkommen können (siehe: "Die Sopranos"). Darum lohnt es sich auch definitiv "Ginny & Georgia" anzusehen. "Gilmore Girls" ist insgesamt besser, allerdings hatte das Netflix-Projekt auch bisher nur eine Staffel um zu zeigen, was es kann.

Staffel 2 von "Ginny & Georgia" läuft ab dem 5. Januar bei Netflix