Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet RTL einen Streaming-Dienst ins Leben ruft, der Netflix, Amazon Prime Video und Disney Plus ernsthaft Konkurrenz machen kann? War der Sender lange für trashiges Unterhaltungsfernsehen à la "Der Bachelor" oder "Mitten im Leben" bekannt, scheint sich inzwischen einiges geändert zu haben.

Denn RTL stockt das inhaltliche Portfolio seines Streaming-Dienstes auf. Wie das Medienmagazin "DWDL" berichtet, haben RTL Deutschland und Warner Bros. Germany eine mehrjährige Kooperation geschlossen. RTL+ wird damit ein Stück weit zum deutschen "Home of HBO".

Konkret bedeutet das: Kinofilme wie "Harry Potter", "Phantastische Tierwesen", "Aquaman", "Batman" oder "Wonder Woman" werden bald auf der Plattform zu sehen sein. Genauso Serien wie "Pretty Little Liars" oder "The Big Bang Theory".

RTL+ könnte sich jetzt einen wichtigen Vorteil verschaffen

Das ist ein bemerkenswerter Ausbau der Plattform, die eigentlich eher für Produktionen wie "Sommerhaus der Stars" oder "Are You The One" bekannt ist. Zwar gab es auch bisher einige Filme und Serien, die Nutzer bei RTL+ streamen konnten. Die HBO-Offensive verpasst dem Dienst allerdings ein internationaleres Profil.

Gerade in Zeiten, in denen viele Streaming-Portale ihre Preise erhöhen, könnte das zum Wettbewerbsvorteil werden. Schließlich haben die Sport-Plattformen Sky und DAZN im Februar die Abo-Kosten für einige Kunden angehoben. Mancher zahlt bei DAZN jetzt doppelt so viel wie vorher. Und auch bei Netflix und Amazon Prime Video sind Preissteigerungen absehbar.

Mit gerade einmal 4,99 Euro im Monat ist RTL+ da ein vergleichsweise günstiger Service (Netflix kostet zwischen 7,99 Euro und 17,99 Euro monatlich). User können Live-TV, aber auch Eigenproduktionen sowie Filme und Serien wie etwa "Desperate Housewives" abrufen. Daneben zeigt RTL Plus die Europa League. Und künftig eben auch: HBO-Inhalte.

Streaming-Markt zerfasert immer mehr

Der Dienst ist zwar auch trotz Portfolio-Erweiterung nicht so breit aufgestellt wie Netflix oder Amazon Prime Video. Wer aufwendig produzierte Netflix-Originals oder Champions-League-Übertragungen sehen möchte, ist im Streaming-Universum des Kölner Privatsenders falsch.

Die Zeichen stehen für RTL+ dennoch nicht schlecht. Preiserhöhungen wie jene, die DAZN erst vor kurzem durchdrückte, haben eine Welle an Empörung ausgelöst. Noch immer finden sich unter fast jedem DAZN-Facebook-Post Kommentare verärgerter User, die mit der Kündigung ihrer Abos drohen.

Höhere Streaming-Kosten können zur Abwanderung der Nutzerschaft führen. Auch, weil der Streaming-Markt zusehends zerfasert. Wer Netflix nutzt, hat häufig auch ein Disney Plus-, Sky- und DAZN-Abo. Wird alles teurer, kommen viele User nicht ums Aussortieren herum.

RTL+: Schiebt sich der Dienst nach vorn?

Ein Streaming-Dienst, der gerade einmal 4,99 Euro im Monat kostet und künftig auch HBO-Inhalte führt, läuft wahrscheinlich weniger Gefahr, eliminiert zu werden. Im Gegenteil: Das könnte für viele Nutzer auch ein Anreiz sein, andere Dienste zu kündigen und auf RTL+ umzusatteln.

Noch ist zwar Netflix der beliebteste Streaming-Dienst der Deutschen, wie eine Erhebung der Plattform "Statista" zeigt. RTL+ taucht allerdings auch in der Liste auf. Gut möglich, dass sich der Service bald weiter nach vorn schiebt.

Dieser Artikel erschien zuerst bei chip.de: Spottbillig und besser als Netflix? Ein deutscher Streaming-Dienst trumpft jetzt auf