Es gibt Dutzende von Filmen über das Alltagsleben in der DDR, gern als Komödie. Es gibt zig Dramen über die Machenschaften der Stasi. Über die Treuhand (siehe Spalte rechts) und den Ausverkauf eines ganzen Landes gibt es keinen einzigen (der Zweiteiler "Das Attentat" kommt erst im Herbst im ZDF). Warum? Wohl nicht, weil das Thema niemanden betrifft.
"Die Geschehnisse um die Treuhand sind entscheidend für das, was bis heute an Frust da ist, an unterdrückter Wut, an dem Gefühl, abgehängt worden zu sein", sagt Friedemann Fromm. Der Regisseur und mittlerweile alleinige Autor von "Weissensee" erzählt in der vierten Staffel (drei Doppelfolgen) seiner Ost-West-Chronik die Situation ab 1990.
Martin Kupfer (Florian Lukas) kämpft in seinem Tischlereibetrieb gegen die feindliche Übernahme westlicher Investoren. Stasimann Falk Kupfer (Jörg Hartmann) wird unterdessen von einer großen Versicherung angeheuert. Nach dem Einstellungsgespräch plauscht sein neuer Chef mit ihm über "Das Kapital". "Ich weiß aus der Recherche, dass die westdeutschen Großkonzerne aktiv die hohen Funktionäre der Stasi angeworben haben", sagt Fromm. "Weil die uns als Gegner immer im Blick hatten und wussten, wie der Kapitalismus funktioniert. Außerdem hatten die einen viel besseren Überblick über die wirtschaftliche Situation im Land." Die Verhandlungen zur Währungs- und Sozialunion seien nur mit den hohen Kadern geführt worden. Die Bürgerrechtler hätten praktisch keine Rolle gespielt.
Stasi hilft beim Ausverkauf
Über die Stasi kamen westdeutsche Wirtschaftsunternehmen auch an Kundendaten - auch damals schon begehrt. Etwa die von der staatlichen Versicherung der DDR. Diesen Menschen wurden nun neue Policen verkauft. Oft mehrfach. "Das westliche Selbstbewusstsein, diese Chuzpe, sich hinzustellen und zu sagen, ich weiß, wo es langgeht - das hat die Leute komplett ausgehebelt", sagt Fromm. Einem Freund habe man in dieser Zeit gleich drei Lebensversicherungen aufgeschwatzt. "Der zahlt bis heute noch. Weil er aus den Verträgen nicht rauskommt."
Thema der vierten Staffel sind auch Neonazis, die im Osten mit seiner zerfetzten Identität nach dem Mauerfall rasend Zulauf fanden. "Die haben schnell die Straßen kontrolliert", erinnert sich Hauptdarsteller Florian Lukas, der in Ostberlin aufwuchs. "Ende der 80er war ich beim BFC, dem größten Fußballclub der DDR, geführt von der Staatssicherheit. Wenn ich da reinkam, hatte ich schon damals das Gefühl, auf einem kleinen Reichsparteitag zu sein. Springerstiefel, Bomberjacken, da passte alles."
Zeit zum Improvisieren
Eine verkappte Doku ist "Weissensee" bei aller historischen Genauigkeit zum Glück auch in der vierten Staffel nicht geworden. Es gibt reichlich dramatische Wendungen und sogar Soapanteile. Etwa wenn Martin seine Tochter mit zorniger Wucht aus den Fängen eines schmierigen Modelagenten rettet. Das ist zwar unrealistisch, aber wohltuend. Zwischen den Figuren entstehen immer wieder wunderbar leichte Momente, die fast improvisiert wirken. Kein Zufall.
"Wir Schauspieler bekommen die Zeit, eine Szene allein in der Kulisse zu entwickeln", erklärt Florian Lukas. "Nur aus unserem Gefühl heraus. Das kostet natürlich viel Zeit - die eigentlich nicht da ist. Aber dann stürmt dieses extrem eingespielte Kamera-SEK herein und holt die Zeit, die wir gebraucht haben, wieder rein." Eine ungewöhnliche Serie, nicht nur in den Themen.
"Die Geschehnisse um die Treuhand sind entscheidend für das, was bis heute an Frust da ist, an unterdrückter Wut, an dem Gefühl, abgehängt worden zu sein", sagt Friedemann Fromm. Der Regisseur und mittlerweile alleinige Autor von "Weissensee" erzählt in der vierten Staffel (drei Doppelfolgen) seiner Ost-West-Chronik die Situation ab 1990.
Martin Kupfer (Florian Lukas) kämpft in seinem Tischlereibetrieb gegen die feindliche Übernahme westlicher Investoren. Stasimann Falk Kupfer (Jörg Hartmann) wird unterdessen von einer großen Versicherung angeheuert. Nach dem Einstellungsgespräch plauscht sein neuer Chef mit ihm über "Das Kapital". "Ich weiß aus der Recherche, dass die westdeutschen Großkonzerne aktiv die hohen Funktionäre der Stasi angeworben haben", sagt Fromm. "Weil die uns als Gegner immer im Blick hatten und wussten, wie der Kapitalismus funktioniert. Außerdem hatten die einen viel besseren Überblick über die wirtschaftliche Situation im Land." Die Verhandlungen zur Währungs- und Sozialunion seien nur mit den hohen Kadern geführt worden. Die Bürgerrechtler hätten praktisch keine Rolle gespielt.
Stasi hilft beim Ausverkauf
Über die Stasi kamen westdeutsche Wirtschaftsunternehmen auch an Kundendaten - auch damals schon begehrt. Etwa die von der staatlichen Versicherung der DDR. Diesen Menschen wurden nun neue Policen verkauft. Oft mehrfach. "Das westliche Selbstbewusstsein, diese Chuzpe, sich hinzustellen und zu sagen, ich weiß, wo es langgeht - das hat die Leute komplett ausgehebelt", sagt Fromm. Einem Freund habe man in dieser Zeit gleich drei Lebensversicherungen aufgeschwatzt. "Der zahlt bis heute noch. Weil er aus den Verträgen nicht rauskommt."
Thema der vierten Staffel sind auch Neonazis, die im Osten mit seiner zerfetzten Identität nach dem Mauerfall rasend Zulauf fanden. "Die haben schnell die Straßen kontrolliert", erinnert sich Hauptdarsteller Florian Lukas, der in Ostberlin aufwuchs. "Ende der 80er war ich beim BFC, dem größten Fußballclub der DDR, geführt von der Staatssicherheit. Wenn ich da reinkam, hatte ich schon damals das Gefühl, auf einem kleinen Reichsparteitag zu sein. Springerstiefel, Bomberjacken, da passte alles."
Zeit zum Improvisieren
Eine verkappte Doku ist "Weissensee" bei aller historischen Genauigkeit zum Glück auch in der vierten Staffel nicht geworden. Es gibt reichlich dramatische Wendungen und sogar Soapanteile. Etwa wenn Martin seine Tochter mit zorniger Wucht aus den Fängen eines schmierigen Modelagenten rettet. Das ist zwar unrealistisch, aber wohltuend. Zwischen den Figuren entstehen immer wieder wunderbar leichte Momente, die fast improvisiert wirken. Kein Zufall.
"Wir Schauspieler bekommen die Zeit, eine Szene allein in der Kulisse zu entwickeln", erklärt Florian Lukas. "Nur aus unserem Gefühl heraus. Das kostet natürlich viel Zeit - die eigentlich nicht da ist. Aber dann stürmt dieses extrem eingespielte Kamera-SEK herein und holt die Zeit, die wir gebraucht haben, wieder rein." Eine ungewöhnliche Serie, nicht nur in den Themen.