Das Comicbuch "Watchmen" von Alan Moore aus den Jahren 1986/87 galt lange als unverfilmbar. Das "Time"-Magazin führt den düsteren Abgesang auf den Superheldenmythos sogar auf der Liste der 100 besten englischsprachigen Romane. Als einzige Graphic Novel! Erst 2009 wagte sich Zack Snyder ("300") durchaus erfolgreich an eine Kinoadaption. Nun greift erstmals eine TV-Serie den hyperkomplexen Stoff auf. "Watchmen", das neue Prestigeprojekt des "Game of Thrones"-Senders HBO, startet heute (4. November 2019) in Deutschland bei Sky-Ticket.

Damon Lindelof, als ehemaliger Showrunner von "Lost" und "The Leftover" an komplexe Serien gewohnt, versucht aber erst gar nicht, sich mit der Graphic Novel zu messen. Seine Serie ist eine freie Weitererzählung der Geschichte. So spielt sein "Watchmen" in derselben alternativen Realität, aber 30 Jahre später. War damals der 1974 über die Watergate-Affäre gestolperte Richard Nixon noch in den 80er-Jahren Präsident, sitzt nun der liberale Hollywood-Star Robert Redford im Weißen Haus! Eine seiner Amtshandlungen war, das Internet einzudämmen. Smartphones gibt es jedenfalls nicht.

Kritik: Zeitgemäße, neue Geschichte

Damon Lindelof gelingt das gewagte Experiment. Mit der Finesse eines Malergenies lässt er die Comicvorgeschichte im Hintergrund ablaufen, während er eine faszinierende, packende und zeitgemäße neue Handlung erzählt.

Die Originalfiguren bleiben in der Serie bis auf Ozymandias (Jeremy Irons) zunächst links liegen. Lindelof thematisiert dafür aktuelle Probleme wie Rassismus und Polizeigewalt. Die Terrorgruppe "Siebte Kavallerie" mit Masken des soziopathischen Antihelden Rorschach verübt in Oklahoma Anschläge auf Polizisten. Seitdem vermummen sich die Beamten zum Schutz ihrer Familien selbst. Unterstützung im Kampf gegen die Rassisten erhält Polizeichef Crawford (Don Johnson) von Police Detective Angela Abar (Oscar-Preisträgerin Regina King), eine maskierte Rächerin mit coolem Kostüm und noch coolerem Auto, die der ersten Folge einen kurzen, großen Superheldenmoment beschert. Für echte Fans des Comics ist das eventuell zu wenig, für alle anderen eine der Serien des Jahres.