Seit der Tatort als Experimentierfeld freigegeben ist, können Kreative ihrem Spieltrieb freien Lauf lassen. So wie jetzt Dani Levy. Seinen Schweizer Beitrag "Die Musik stirbt zuletzt" hat der namhafte Regisseur ("Alles auf Zucker!") ohne Unterbrechung in einem einzigen Take gedreht. Statt der üblichen 20 bis 23 Drehtage brauchte er ganze vier. An ­jedem der Tage entstand ein kompletter Film, vier insgesamt. Zwei Versionen sind auf Hochdeutsch, zwei auf Schweizerdeutsch. Die beiden jeweils besseren werden in Deutschland und der Schweiz gesendet. Es gibt nichts, was es nicht gibt, am Sonntagabend.

Allerdings bedeutet die In-einem-Rutsch-Methode keine wirkliche Zeitersparnis, eher eine Zeitverschiebung. Denn bis Regie, Kamera, Beleuchter, Komparsen, Schauspieler so weit waren, dass an einem Stück gedreht werden konnte, ging ähnlich viel Zeit drauf wie für einen normalen Tatort-Dreh. Produzent Christof Neracher deutet denn auch an, er glaube nicht, dass One-Takes zum Standard beim Tatort würden. Nicht nur inhaltlich müsse es passen, sondern auch von der Location her. Und natürlich sei diese Form der Erzählweise auch stark einschränkend.

Vorbilder: Hitchcock und Schippers "Victoria"

Von Alfred Hitchcocks "Cocktail für eine Leiche" bis zu ­Sebastian Schippers fiebrigem Nachts-durch-Berlin-Drama "Victoria" reichen die One-Take-Vorbilder. Ein starkes Gefühl von Cinema verité habe er nach der Berlinale-Vorführung von "Victoria" verspürt, so Levy, der Zuschauer sei dabei "auf einer lückenlosen Reise durch eine Geschichte".

Der in Basel geborene Regisseur hatte Anfang 2013 seinen ersten Tatort-Fall "Schmut­ziger Donnerstag" inszeniert, ebenfalls für die Schweizer.

Im neuen Krimi ist das ­Kultur- und Kongresszentrum ­Luzern (KKL) ein zentraler Schauplatz des Geschehens. Ursprünglich hatte man geplant, den ganzen Fall hier während eines klassischen Konzerts spielen zu lassen.

Die Hiobsbotschaft, dass das KKL nur knapp zehn Tage zur Verfügung stehen würde, verstand Levy sofort als Herausforderung, "noch radikaler" zu werden: "Man konnte nicht ­abbrechen oder aufgeben, es galt die Unerbittlichkeit des ­ Moments". Und er habe gelernt: "Man kann Probleme auch mit laufender Kamera lösen."