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Tatort: Schluss mit Experimenten!

Tatort: Schluss mit Experimenten!
Wolfram Koch im Frankfurter Horror-"Tatort" "Fürchte dich" HR

Ab sofort soll es nur noch zwei "experimentelle" Tatorte pro Jahr geben. Das ist schade.

Keine Experimente! Diesem alten Adenauer-Motto verschreibt sich jetzt die "Koordination Fernsehfilm" des Ersten. In Zukunft will man laut Oberkoordinator Jörg Schönenborn nur noch zwei "experimentelle Tatorte" pro Jahr bringen. Wer den dritten "ungewöhnlichen" Film (wer entscheidet das eigentlich nach welchen Kriterien?) einreicht, habe laut einem ARD-Redakteur "Pech gehabt"

Einer dieser zwei erlaubten Experimentalfilme wäre sicher der jüngste Frankfurter Fall: "Fürchte dich" am Sonntag. Zu Halloween gönnte sich der Hessische Rundfunk einen lupenreinen Gruselfilm, eine stilistisch gelungene, prächtig-campige Hommage an "American Horror Story", der man höchstens vorwerfen kann, sich allzu übergriffig dem aktuellen Horror-Boom ("Es"! "Stranger Things!") an den Hals zu werfen. Für "Tatort"-Verhältnisse schwache 6 Millionen Menschen schalteten ein, von den wenigen Zuschauer beklagten sich via Twitter und Co einige, dass von "ihren Gebüren" der gewohnte Sonntagskrimi geschändet wurde.

Die Meldung, dass die ARD künftig wieder mehr auf klassische Ermittlerkrimis setzen will, kam aber schon vor der Ausstrahlung des Horror-"Tatorts", der Flop dürfte aber jetzt weiter Wasser auf die Mühlen der Konservativen unter den Koordinatoren sein.

Für Zuschauerproteste sorgen dabei weniger, wie der Branchendienst "Meedia" unter Berufung auf "Tatort"-Redakteure vermeldete, mutige Milieukrimis wie der kürzlich gesendete Münchner Porno-"Tatort" "Hardcore", sondern eher stilistisch und formal ungewöhnliche Episoden, zum Beispiel der ebenfalls gefloppte Impro-Tatort "Babbeldasch" oder Fälle, in der der Mörder nicht gefasst wird.
Der Deutsche will seinen wöchentlichen Mord
Foto: SWR/SRF, Ulrike Folkerts (r.) im Impro-Tatort "Babbeldasch"
Der Deutsche will eben seinen wöchentlichen Mord serviert bekommen und gemütlich im Sessel rätseln wer der Killer ist. Wenn am Schluss feststeht, wer der Mörder ist und der hinter Gittern sitzt kann sich der brave Gebührenzahler beruhigt in den Schlaf wiegen.

Wenn die gewohnte Lieferung ausbleibt läuft er Sturm, schließlich ist er wegen seiner Rundfunkgebühr Programmchef und kann alles verbannen, was ihm die Sonntagsruhe stört. Auf der Facebook-Seite von TV Spielfilm schrieb etwa ein User, es gebe über den Grusel-"Tatort" "auf jeden Fall noch Gesprächs Bedarf. Wird ja schließlich von dem Geld der Bürger produziert."

Aber wo soll es denn "Experimente" geben wenn nicht im öffentlich-rechtlichem, dem Markt- und Quotendiktat nicht unterworfenen Fernsehen? In Zukunft drohen uns also allsontäglich redakteursgetriebene Betroffenheitsfälle zu "gesellschaftlich relevanten" mit anschließender Diskussionsrunde. Oder mutlose Krimiroutine, von der es im deutschen Fernsehen schon mehr als genug gibt.