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Netflix: Wie eiskalt der Streamingdienst seine Mitarbeiter entlässt

Netflix Angebot
Das Netflix-Angebot wächst rasant: Auf Kosten der Mitarbeiter? Getty

Der Streaming-Riese Netflix wächst und wächst. Allerdings bietet der Konzern als Arbeitgeber nicht gerade eine Wohlfühloase. Mitarbeiter sprechen von einem "Klima der Angst".

Für die Mitarbeiter von Netflix muss es eine unfassbar motivierende Geschichte sein: 1997 als DVD-Verleih gestartet, ist Netflix heute ein Multimilliarden-Unternehmen mit rund 5.000 Mitarbeitern weltweit und einer Firmenbewertung von 180 Milliarden Dollar. Damit ist Netflix aktuell mehr wert als der Disney-Konzern.

Jedenfalls ist das die Erfolgsstory nach Außen: Netflix wächst und gedeiht, bietet 130,4 Millionen zahlenden Kunden weltweit ein exklusives Entertainment-Angebot und gilt als Vorzeigebeispiel unserer Zeit. Doch für die Mitarbeiter bedeutet das Wachstum immensen Druck. Wie das Wall Street Journal nach der Befragung von mehr als 70 Ex-Mitarbeitern herausgefunden hat, wird bei Netflix mit knallharten Methoden gearbeitet, um über die Zukunft der Mitarbeiter zu urteilen.

Auch langjährige Mitarbeiter fliegen raus

Die Methode nennt sich Keeper-Test. Sie entscheidet darüber, ob Netflix sich von Führungskräften trennen soll oder nicht. Laut dem Wall Street Journal sei der Test ganz simpel: Die Netflix-Manager sollen sich regelmäßig fragen, ob sie um ihre Angestellten kämpfen würden, sollten diese die Firma verlassen wollen. Wer bei diesem "Keeper-Test" durchfällt, müsse seine Sachen packen - so geht es aus dem Bericht des Wall Street Journals hervor.

Am Beispiel des langjährigen Mitarbeiters Neil Hunt skizziert das US-Blatt diese Methode. Der Produktionsleiter musste nach 18 Jahren die Firma verlassen - Netflix selbst besteht erst seit knapp 20 Jahren. Selbst die gute Freundschaft zu dem Gründer Reed Hastings half Neil Hunt nicht weiter. Wer den Test nicht besteht, fliegt. Ganz einfach. Kollegen mit weniger Verdiensten und weniger guten Beziehungen mussten reihenweise gehen, berichtet das Wall Street Journal. Die jeweiligen Vorgesetzten bei Netflix scheinen mit viel Macht ausgestattet zu sein, um stets einen Besseren für die Positionen zu besetzen.

Wobei "besser" mal dahingestellt ist, schließlich stützt der Keeper-Test sich nicht auf nachweisbare inhaltliche Qualifikationen des Mitarbeiters. Vielmehr erscheint die Methode wie ein "Bauchgefühl-Test".

Netflix-Boss: "Kultur der Höchstleistungen"

Foto: Imago, Netflix-Boss Reed Hastings will sein Unternehmen wachsen sehen
Im Team würde ein Klima der Angst herrschen, trotz großzügiger Abfindungspakete. Wie es in dem Bericht heißt, seien "weinende Mitarbeiter, die ihren Schreibtisch räumen", an der Tagesordnung. Netflix bezog zu den Vorwürfen Stellung und meint:

"Wir glauben fest daran, eine Kultur der Höchstleistungen zu pflegen und den Menschen die Freiheit zu bieten, ihre besten Ergebnisse zu bringen. Weniger Kontrollen und mehr Verantwortlichkeit ermöglichen es unseren Mitarbeitern, erfolgreich zu sein und intelligentere, kreativere Entscheidungen zu treffen", heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Man glaube, dass die meisten Mitarbeiter Netflix anders erleben würden, als der Artikel es beschreibt.

Das Unternehmen rühmte sich in der Vergangenheit mehrfach damit, seine Mitarbeiter nur wenig zu kontrollieren und ihnen viel Eigenverantwortlichkeit zu bieten. Eigenverantwortlichkeit, die schnell nach hinten los gehen kann, wie der Bericht des Wall Street Journal nun nahe legt.