Alle, die "Breaking Bad" gesehen haben, kennen das Ende vom Lied: Saul Goodman (Bob Odenkirk) ergreift panisch die Flucht aus seiner Kanzlei, gibt seine Identität mithilfe des "Staubsaugerexperten" Ed (Robert Forster) auf und beginnt ein neues Leben als "Cinnabon Gene" im beschaulichen Omaha.

Doch das hielt die Showrunner Vince Gilligan und Peter Gould nicht davon ab, die Vorgeschichte dieses gerissenen Winkeladvokaten zu erzählen. "Better Call Saul" setzt die Erzählung vom Juristen Jimmy McGill im Jahr 2002 an, die Handlung der Originalserie "Breaking Bad" verlief zwischen den Jahren 2008 und 2010. Bis es also zu der panischen Flucht von Goodman kommt, hat McGill locker acht Jahre Zeit, sich zu entfalten oder besser gesagt: zu verwandeln. In der neuesten Episode "Eine wilde Fahrt" - Netflix zeigt die "Better Call Saul" Folgen wöchentlich - ist dieser Wandel bislang am deutlichsten herausgestellt worden. Die Eröffnungssequenz trägt dazu einiges bei.

Breaking Bad is back

Papierschnipsel fallen ins Bild. Ein monoton mechanisches Summen ist zu hören. Schnitt. Wir sehen Saul Goodmans Assistentin Francesca Liddy (Tina Parker) über einem Schredder sitzen. Routiniert zerstört sie dort haufenweise Unterlagen. In einem Raum, den wir in "Breaking Bad" als Ort geheimer Absprachen kennenlernten und der zum Ursprung zahlreicher Trickbetrügereien wurde. Es ist Saul Goodmans Büro. Erstmalig bekommen wir in "Better Call Saul" eine Szene zu sehen, die in der erzählten Zeit von "Breaking Bad" spielt. Eine Art epische Vorausdeutung der Ereignisse, die Gilligan und Gould hier in der opening-scene platziert haben.

Am Ende der gut vier minütigen Sequenz zerstört Goodman ein Prepaid-Handy, von dem er ein heikles Telefonat mit dem eingangs erwähnten Staubsaugerexperten geführt hat. Womit die Brücke zur Handlung von "Eine wilde Fahrt", der fünften Folge der vierten Staffel, geschlagen wird. Dort beobachten wir dann wieder Jimmy McGill. Der hat einen Job als Filialleiter in einem Handy-Shop namens "CC Mobile" angetreten, langeweilt sich in dem gänzlich unbesuchten Laden und kommt auf die Idee "Privatssphäre zu verkaufen". Er vertreibt von nun an Prepaid-Handys für Kleinkriminelle, die mit diesen Geräten Telefonate führen können, ohne von der Polizei abgehört zu werden.

Es ist die perfekte "Jimmy-to-Saul"-Episode. Denn schnell wird klar: Jimmy ist ein Showmaster, kein Anwalt. Er ist gewieft, aber viel zu sehr an Tricks interessiert, als an wahrhaftiger Verteidigung von Mandanten vor Gericht. In der neuesten Episode kann man der Figur von Bob Odenkirk ansehen, wie viel Spaß es ihr bereitet, einen leichtgläubigen Kunden um den Finger zu wickeln und sich daran eine goldene Nase zu verdienen.

Bob Odenkirk spricht

Später folgt eine denkwürdige, wunderbar dynamische Montage zu Randy Crawfords "Street Life", in der Jimmy im "Saul-Goodman-Element" ist und aufblüht, während er einen ganzen Haufen seiner Handys unter die Leute bringt. In einem Interview mit dem US-Magazin Variety spricht Odenkirk über die neueste Folge "Better Call Saul". "Ich war begeistert", berichtet Odenkirk über seine Rückkehr zum "Breaking Bad"-bekannten Saul Goodman. Viele Fans fragten sich, wann es endlich soweit sein würde. Nun könne er aufatmen und hätte nicht mehr diesen riesigen "Wann kommt endlich Saul"-Erwartungsdruck: "Saul und sein Büro zu sehen, war eine große Erleichterung", so Odenkirk gegenüber Variety.

Auf die Frage, wieviel mehr die Zuschauer nun von Saul Goodman zu sehen bekommen, antwortet der Schauspieler: "Es sind nur noch fünf Episoden übrig. Wir gehen nicht zurück in Sauls Büro. Aber wenn es um "Breaking Bad"-Referenzen geht, dann gibt es vielleicht noch mehr Sachen, die ziemlich gut sind."

Unter anderem werde eine Figur mit dem Namen Lalo auftreten, die in "Breaking Bad" Erwähnung fand. In der achten Episode der 2. Staffel "Breaking Bad" wird Lalos Name von Saul gegenüber Walter White (Bryan Cranston) und Jesse Pinkman (Aaron Paul) zur Sprache gebracht, nun werden wir ihn in "Better Call Saul" erstmals zu Gesicht bekommen. Odenkirk war übrigens selbst über das ganze Geld in Sauls Büro verwundert: "Ich frage mich, wo das Geld in dieser Tasche herkommt, aber irgendetwas sagt mir, dass das Geld von seinen "Better Call Saul"-Tagen ist und nicht aus seiner "Breaking Bad"-Zeit."

Wie er an all das Geld kam, werden wir abwarten müssen. Die Entscheidung pro Prequel von Gilligan und Gould scheint aufzugehen: Es bleibt spannend, auch wenn man das Ende längst kennt.