"Ich bin ein großer Fan von Konflikten", erklärte die Schauspielerin und Grimme-Preisträgerin Mariele Millowitsch einst im Interview. Wenn das stimmt, ist ihr die Rolle der Bewährungshelferin Klara Sonntag geradezu auf den Leib geschneidert. Das beweist nun einmal mehr der dritte Teil der ARD-Filmreihe, in dem es um eine Jugendliebe, Intrigen und ein Netz aus Lügen geht. Viele kennen Mariele Millowitsch als Kommissarin Marie Brand aus der gleichnamigen ZDF-Serie. Hier im Ersten überzeugt sie als Sozialarbeiterin, die sich ebenso selbstlos wie mutig in den Dienst der Gesellschaft stellt.

Und das trotz eines Interessenkonflikts: So lässt sich Klara Sonntag entgegen anfänglicher Zweifel auf einen - wie sich noch herausstellen sollte - sehr kniffligen Fall ein. Ihre Jugendliebe Henning Stehmann (Tim Bergmann) taucht aus der Versenkung auf und klopft urplötzlich an ihre Bürotür. Er besteht darauf, dass sie ihm hilft - um der alten Zeiten willen. Ein Dilemma, wie es im Buche steht. Ab wann ist es legitim, moralische Grenzen zu überschreiten, um ein Ziel zu erreichen? Heiligt der Zweck überhaupt jemals die Mittel?

Doch "Struppi", wie Sonntag ihn liebevoll nennt, spielt mit gezinkten Karten. Er verführt die sonst so pfiffige Frau, alle Zweifel über Bord zu werfen und sich ganz seinem Fall zu verschreiben: "Vom Junkie zum Versicherungskaufmann" mit Dreck am Stecken? Aus Mangel an Beweisen beginnt Klara Sonntag, auf eigene Faust zu ermitteln - ein Hauch von Krimi weht durch den Freitagabend im Ersten. "Ich könnte die Enttäuschungen, die Bewährungshelfer mitunter aushalten müssen, nicht wegstecken", betonte Millowitsch im Interview. "Aber genau das müssen Bewährungshelfer! Die müssen immer wieder ran und dürfen das Vertrauen nicht verlieren."

Mit Herz und Helfersyndrom

Der Regisseur der quotenstarken Reihe (zuletzt rund 15 Prozent Marktanteil), Josh Broecker, schickt seine Protagonisten geradewegs in das Auge eines Gefühlssturmes. Diesem stellen sich die Hauptdarsteller mit großer Spielfreude. Dank Drehbuchautor Sebastian Orlac gipfelt der Film im letzten Drittel in einer ebenso dramatischen wie überraschenden Wendung, mit der niemand gerechnet hatte - nicht einmal Klara Sonntag. "Weil sich Klara Sonntag mit ihrem alten Leben konfrontiert sieht, verliert sie das emotionale Gleichgewicht. Es fällt ihr schwer, ihre Objektivität zu wahren", sagt Millowitsch. Die Bewährungshelferin, die Hände immer lässig in den Hosentaschen versteckt, wirkt auf den ersten Blick zwar leicht zynisch und distanziert, entpuppt sich jedoch als Charakter mit Tiefe, Herz und Helfersyndrom.

Parallel wird anhand der Rolle der "Biggy" (Thelma Buabeng) das Thema Rassismus in der Gesellschaft aufgearbeitet. Buabeng verkörpert die starke, mutige und tolerante Frau mit Feuer, die Sonntags Kollegin Biggy eben ist, authentisch. Sie legt sich mit einem sogenannten "WAM" an, einem weißen heterosexuellen Mann, der nicht begreifen will, dass sich die Welt weiterdreht. Die sonst so oft versteckte Gesellschaftskritik derartiger Freitagabend-Filme springt einem hier förmlich ins Gesicht. Mariele Millowitsch scheut die Offensive jedoch keineswegs: "Wenn ein Konflikt nicht wirklich erzählt wird, dann sage ich schon mal: Nee, da kann man mehr daraus machen". Immerhin arbeite sie immer fleißig an den Drehbüchern mit.

"Klara Sonntag" läuft am Freitag, den 31. März, um 20:15 Uhr in der ARD.